14.12

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Herr Gfrerer hat es ja schon richtig festgestellt, ich kann das Ganze nur noch verstärken: Im Grunde genommen sind wir uns ja einig, dass dieses Dreckszeug verboten gehört! (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Ich werde Ihnen einen Leserbrief vorlesen. Es ist ja meine Spezialität, Leserbriefe zu lesen, in diesem Fall aus der „Kronen Zeitung“ von einem Peter Grandits aus Stinatz. Er schreibt: „Wie gefährlich das Acker- und Umweltgift Glyphosat ist, wissen schon die meisten Volksschul- und Kindergartenkinder. Nur unsere ‚Volksvertreter‘“ – unter Anfüh­rungszeichen – „leiden anscheinend an einer Bildungslücke oder sind, anders formuliert, Ignoranten und Realitätsverweigerer. Zu diesem Schluss muss man kommen, wenn man den jüngsten Parlamentsbeschluss“ – also im Nationalrat – „bezüglich eines Teilverbots von Glyphosat ansieht.“

Na ja, gar so unrecht hat er nicht. Wenn wir uns anschauen, dass Glyphosat aus Amerika vom Monsanto-Konzern kommt – und, glaube ich, auch von Bayer in Deutschland ver­trieben wird – und seit 1970 in Massen als Unkrautvernichtungsmittel zum Einsatz kommt, kann man feststellen, dass es mengenmäßig das mit Abstand am meisten ver­triebene Produkt unter den Herbiziden ist. Das muss man ja bei jeder Gelegenheit immer wieder dazusagen – und auch dass es ein Milliardengeschäft ist.

Es wundert daher kaum, dass Glyphosat nach jahrzehntelangem Einsatz bei den ver­schiedensten Lebensmitteln, in Gemüse, in Obst, mittlerweile leider auch bereits – ich habe es in einer Abhandlung gelesen, das sauge ich mir ja auch nicht aus den Fingern – in Muttermilch ganz klar und eindeutig nachweisbar ist. Seit vielen Jahren steht Glypho­sat jedoch im massiven Verdacht, wirklich äußerst schädlich für die Natur und für den Menschen zu sein. Wenn auch die WHO Glyphosat als wahrscheinlich – das muss ich noch betonen – krebserregend einstuft, herrscht zu Recht große Aufregung. Wenn man sich die Befürworter und die, die dagegen sind, anschaut, sind diese ja sehr massiv unterwegs, und es wird auch oft mit wissenschaftlichen Studien untermauert, was deren Meinung ist.

Die Gefährlichkeit für die Umwelt, für die Amphibien, die Insekten, die Bienen – wir ha­ben gerade den Bienentag gehabt – ist relativ klar. Ich glaube – und da bin ich nicht alleine –, dass Glyphosat eine tickende Zeitbombe ist und dass diese schädlichen Aus­wirkungen im gesamten Umfang von uns allen noch nicht einschätzbar sind.

Wenn irgendwo etwas Negatives aufgekommen ist oder man gegen diese Firmen, gegen diese großen Chemiekonzerne irgendetwas vorgebracht hat, haben sie immer wieder versucht, es niederzuklagen. Man hat gesehen, dass die angestrebten Prozesse in den USA immer in einem Vergleich geendet sind und die Geschädigten eigentlich im Großen und Ganzen recht bekommen haben.

Wenn man heute zehn Leute zum Thema Glyphosat anspricht, werden sicher neun sa­gen, sie wollen mit diesem Zeug nichts zu tun haben, weil sie alle glauben, dass die Gesundheit dadurch gefährdet wird.

Wenn ich jetzt – Kollege Gfrerer hat es gerade erwähnt – daran denke, dass 2022 die Wiederzulassung ins Haus steht, dann kann ich mir vorstellen, dass die Lobbyisten schon fleißigst unterwegs sein werden und versuchen, Glyphosat wieder bewilligen zu lassen, weil es ein Milliardengeschäft ist. Die Frau Landwirtschaftsministerin ist heute nicht hier, deshalb frage ich die Frau Europaministerin – sie wird ja wahrscheinlich schon wissen, in welche Richtung es geht und wie es mit Glyphosat weiter ausschaut –, ob es eine Wiederzulassung geben wird.

Ja, es ist schon richtig, Herr Kollege Gfrerer: Wir Sozialdemokraten haben immer wieder versucht, hier – und ich glaube, auch als wir noch im Parlamentsgebäude drüben waren, sei es im Nationalrat, sei es im Bundesrat – Entschließungsanträge, was auch immer, einzubringen. Vielleicht ist es aber doch nicht so negativ zu sehen: Wenn wir heute nicht hier wären, um diese Kleinigkeit zu beschließen – dass wir Glyphosat bei uns in Öster­reich außer in der Landwirtschaft nicht mehr zulassen, das betrifft wahrscheinlich 10 Pro­zent –, wäre es wahrscheinlich gang und gäbe, dass es weiterverwendet wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schererbauer.)

Ich möchte aber auch – und ich werde ganz genau hinhören, wenn Herr Lackner heute hier redet – die Meinung der Grünen hören, weil die Grünen bei diesem Beschluss immer mit uns mitgezogen sind. Da wir das gemeinsam gemacht haben, möchte ich wissen, ob die Grünen in Zukunft auch bereit sind, zu beschließen, dass es in der Landwirtschaft nicht mehr eingesetzt wird. Herr Gross hat uns so getadelt, weil wir beim Investitionsprä­miengesetz nicht zugestimmt haben. Das schaue ich mir heute noch einmal ganz genau an! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schererbauer.)

Es wurde auch schon gesagt, dass wir diesen Antrag immer wieder eingebracht haben. Wir haben ja eine Zwischenregierung gehabt, und wir wissen, was dann passiert ist. Wir wissen, dass es mit dem geltenden Unionsrecht nicht vereinbar war, das ist keine Frage. Der Druck hat es aber wahrscheinlich ausgemacht, dass wir heute hier stehen und zu­mindest einmal den ersten Schritt beschließen.

Was wir heute hier beschließen – und das kann ich auch Herrn Gross noch einmal ins Tagebuch schreiben –, habt ihr in Vorarlberg nicht zusammengekriegt. Das haben nur wir in Kärnten mit unserem Landeshauptmann Peter Kaiser, mit allen Parteien zusam­mengekriegt, sonst würde wahrscheinlich auch dieser Beschluss heute hier nicht am Tisch liegen. Dort wurde ein einstimmiger Beschluss gefasst, sodass Glyphosat neben Hunderten zusätzlichen Pestiziden, die wir auch verboten haben – sodass nur mehr 13 übergeblieben sind –, im Grunde genommen aus der täglichen Anwendung weggekom­men ist. Das, glaube ich, kann man den Kärntnern verdanken, da in Kärnten jetzt nicht nur in den Einzelhaushalten, sondern auch von den Österreichischen Bundesbahnen und der Asfinag langsam kein Glyphosat mehr eingesetzt wird.

Es ist also ein langer Weg, und die EU hat dem ja auch zustimmen müssen. Wenn man sich die Zeitungen ein bisschen genauer anschaut, dann sieht man zum Beispiel, dass der Vorstandsdirektor der Spar, Herr Drexel, in diesem Bereich immer wieder einer war, der versucht hat, dass man das Glyphosat in weiterer Folge wegbekommt.

Jetzt ist es ganz klar an der Bundesregierung, auch im Bund Nägel mit Köpfen zu ma­chen und in Richtung EU zu agieren, um zu schauen, dass Glyphosat in weiterer Folge in Österreich nicht mehr eingesetzt wird.

Ich fasse zusammen: Der mit Abstand größte Anwender ist die Landwirtschaft: 90 Pro­zent. Von den restlichen 10 Prozent reden wir heute. Wie soll man der Bevölkerung er­klären, dass Glyphosat in privaten Gärten, auf Sportplätzen, bei Kindergärten, auf Spiel­plätzen und so weiter nicht mehr eingesetzt wird, in der Landwirtschaft aber in Zukunft sehr wohl?

Würde Frau Köstinger heute hier sitzen, dann würde ich sie fragen – und das geht viel­leicht auch an Sie, Frau Bundesministerin –: Wenn ich mir das so vorstelle, was ich gele­sen und im Fernsehen gesehen habe, dass die Wirtschaftskammer und die Landwirt­schaftskammer darüber nachgedacht haben, das Mercosur-Abkommen mit Südamerika in weiterer Folge um- oder durchzusetzen, dann meine ich, dass da zwei Welten aufein­anderprallen: auf der einen Seite die Wirtschaft, auf der anderen Seite die Landwirt­schaft. Wie dieses Spiel ausgehen wird, darauf bin ich wirklich gespannt. Wir wissen alle, dass in Südamerika – in Brasilien, Argentinien oder wo auch immer – massivst 5 000-mal mehr als bei uns – Glyphosat und Pestizide eingesetzt werden. Dann werden wir Mais bekommen, von dem wir ja zu wenig haben, Fleisch, Sojafrüchte und so weiter, das alles wird nach Europa kommen, damit man Autos von Deutschland Richtung Süd­amerika bringen kann. Ich bin gespannt, wie das ausgeht. Das hätte ich heute auch gerne gefragt.

Wie auch immer, diese Ahnung wird sich wohl irgendwann auf einem niedrigen Niveau erfüllen, dass man schlussendlich sagt: Ja, das Mercosur-Abkommen müssen wir doch unterzeichnen. Da wird man das eine oder andere, wovon wir heute hier reden, wieder vergessen haben.

Wenn wir es mit dem Schutz der Natur für unsere Bevölkerung wirklich ernst meinen, dann kann nur ein klares Verbot von Glyphosat unser Ziel sein, meine Damen und Her­ren. Das sind wir unseren Kindern und den uns nachfolgenden Generationen schuldig. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

14.22

Präsident Mag. Christian Buchmann: Nächster Redner ist Thomas Schererbauer. – Bitte, Herr Bundesrat.