10.16

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sie haben als Motto Ihrer Erklärung „Österreichs Zukunft sichern“ gewählt. Wie soll Österreich in der Zukunft aussehen? Wie soll die Zukunft aussehen, die wir für unsere Kinder und Enkelkinder gestalten? Welche Rolle übernehmen wir in Europa und in der Welt, welchen Raum räumen wir der Freiheit ein, einer Freiheit immer in Verbundenheit zueinander? Wie schaffen wir eine Trendwende im Kampf um den Klimaschutz? Wie werden Innovation und Ökologisierung befeuert, ohne Bevormundung und soziale Verwerfungen? Wie schaffen wir in Österreich wieder den digitalen An­schluss an die Spitze? Wie sorgen wir dafür, dass uns die großen Herausforderungen, die unsere so schnelllebige Welt mit sich bringt, nicht verzweifeln, sondern vielmehr wachsen und uns entwickeln lassen? Was müssen wir tun, damit eine politische Kultur Einzug hält, die dafür sorgt, dass die besten Köpfe an den richtigen Positionen sitzen, eine politische Kultur, in der nicht nur heute, sondern auch morgen und übermorgen immer wieder die Frage gestellt wird: Was können wir besser machen?

Diese Fragen und noch viel mehr müssen wir einmal formulieren. Wir müssen uns diesen Fragen stellen, denn nur so kann ein Bild von einem neuen Österreich, das zuversichtlich und mutig nach vorne blickt, entstehen: ein Österreich, in dem Frauen, Männer und Kinder gemeinsam an einem Strang ziehen. Ihr Ziel: Es muss besser werden, als es jemals war.

Ein echter Neustart blickt nicht nur auf einzelne Bereiche, ein echter Neustart wird breit und umfassend aufgesetzt. Wir NEOS werden dieses Jahr in allen Bereichen einen Schwerpunkt setzen, beginnend bei der besten Bildung über ein unternehmerisches Österreich und enkelfitte Sozialsysteme bis hin zu einem verlässlichen Staat und sau­berer Politik, und natürlich auf einen Neustart Österreichs in Europa und der ganzen Welt.

Das alles sind Bereiche, die nicht einzeln für sich betrachtet werden dürfen, sondern die letztlich alle ineinandergreifen müssen, die daher auch nicht halbherzig nacheinander, sondern gleichzeitig mit dem Ziel eines echten Neustarts für ein neues Österreich ange­packt werden müssen.

Zu Beginn steht das klare Bekenntnis zu einer Wertebasis und einer damit verbundenen neuen politischen Kultur. Wir haben jetzt die Gelegenheit, die Weichen für eine ökono­misch und ökologisch nachhaltige, innovative Gesellschaft zu stellen, die ihren Wohl­stand in Balance mit der Umwelt und nicht auf deren Kosten wieder aufbaut, für eine freie Gesellschaft, der Fairness, Weltoffenheit und Verantwortungsbewusstsein gegen­über einander zugrunde liegt, und vor allem für eine Gesellschaft, die ihr Vertrauen in die Stärken und die Tatkraft des Individuums legt und Chancen eröffnet.

Eine neue politische Kultur heißt nicht das konsensorientierte Abnicken von Maßnahmen oder das Ignorieren und Mundtotmachen anderer Meinungen, ganz im Gegenteil: Wir wünschen uns einen neuen politischen Diskurs, einen Wettstreit um die besten Ideen, einen Austausch auf Augenhöhe aller politischen Player in diesem Land. Ein Neustart unserer politischen Kultur verbessert das Vertrauen der Menschen in unser politisches System und ist Grundlage für echte Freiheit in Verbundenheit zueinander.

Nächster Schwerpunkt: Wir befinden uns in der größten Wirtschaftskrise dieser Republik mit einem höheren Schuldenstand als nach dem Zweiten Weltkrieg. Jetzt wäre der Zeit­punkt, um ein neues Österreich zu schaffen, ein unternehmerisches Österreich, in dem man für seine Initiative und Tatkraft belohnt wird.

Neue Jobs schafft nicht die Regierung. Neue Jobs schaffen nur die Unternehmerinnen und Unternehmer. Aufgabe der Regierung ist es aber, dabei die bestmöglichen Rah­menbedingungen zu schaffen, damit innovative Ideen entstehen und umgesetzt werden. Gerade da wäre ein reines Comeback in die Vorcoronazeit ein fatales Signal. Ein echter Neustart für innovative Ideen muss endlich angestoßen werden.

Wir arbeiten für ein unternehmerisches Österreich, ein Österreich, in dem innovative Ideen auch umgesetzt werden können, nicht ein Österreich, in dem es heißt: Das haben wir noch nie so gemacht!, sondern ein Österreich, das Türen öffnet und nicht vor der Nase zuschmeißt. Arbeiten wir für ein unternehmerisches Österreich, das zu Auf­schwung, Wachstum, Wohlstand ausholt und dabei auf die Kreativität und den Einsatz seiner Bürgerinnen und Bürger setzt und nicht mit bürokratischem Obrigkeitsdenken in Bürgern Untertanen sieht!

Damit alle in unserer Gesellschaft zuversichtlich ihre eigene Zukunft entwerfen können, müssen wir viel früher ansetzen: in unserem Bildungssystem. Arbeiten wir für eine Ge­sell­schaft, in der alle ihr volles Potenzial entfalten können und echte Chancengerech­tigkeit herrscht! Arbeiten wir für ein Bildungssystem, das die Herausforderungen der Zukunft erkennt und unseren Kindern vermittelt!

Was sind die Fähigkeiten, die wir in der Zukunft brauchen? – Kreativität, kritisches Den­ken, Zusammenarbeit, Selbstorganisation, Leadership und vor allem auch Empathie. Das ersetzt nicht Grundfertigkeiten und Wissen, muss sie aber ergänzen.

Wir wünschen uns Schülerinnen und Schüler, die sich und die Welt kritisch hinterfragen können und motiviert auch ihre Wünsche und Anliegen einbringen. Dazu braucht es Mut und Kraft für einen Neustart. Wer nach den Monaten der Krise nicht verstanden hat, dass wir so in der Bildung nicht mehr weitermachen können, dem ist nicht zu helfen, dem sind auch die Kinder egal, dem ist die Zukunft egal, dem ist unser Land egal. Das geht nicht so weiter mit dem Drehen an kleinen Schräubchen. Auch Digitalisierung in den Schulen erreicht man nicht, indem man allen Laptops in die Hand drückt.

Unser Anspruch muss sein: die beste Bildung für alle, echte Chancengerechtigkeit, damit nicht das Glück des richtigen Elternhauses darüber entscheidet, ob jemand beruflichen Erfolg erreicht oder studieren kann. Der Schlüssel zur Freiheit des und der Einzelnen ist die Bildung. Nur eine gebildete, mündige Bevölkerung besitzt das Rüstzeug, ihre eigene Zukunft in die Hand zu nehmen und zu gestalten. So wie eine gute Ausbildung zur ökonomischen Freiheit führt, so führt eine gute Bildung zur persönlichen Freiheit, zur Freiheit, selbst zu denken, den Status quo zu hinterfragen und mutig eigene Visionen zu entwickeln.

Chancengerechtigkeit für die Jungen, für die kommenden Generationen bedeutet aber auch, dass wir den Blick auf die Schulden, die wir hinterlassen, nicht verlieren. Gerade jetzt mit dem Motto von „Koste es, was es wolle“ in der Politik braucht es den Blick auf die Lasten, die wir den kommenden Generationen umhängen. Eine nachhaltige, zukunfts- und enkelfitte Gesellschaft muss den jungen Generationen verlässlich fünf Dinge sicher­stellen: die beste Bildung und Ausbildung, den Kampf gegen den Klimawandel und den schonenden Umgang mit unseren Ressourcen, die Chance, sich etwas aufzubauen, keine Schuldenberge, die sie abtragen müssen, und ein System der sozialen Sicherung, auf das sie sich morgen noch verlassen können.

Das Prinzip der Nachhaltigkeit muss ganzheitlich gedacht werden. Es muss einen sorg­samen Umgang mit der Umwelt und den Ressourcen geben, aber auch ein solides Budget, das nicht den Jungen die Chancen nimmt. Allen muss klar sein, dass diejenigen, die nicht bereit sind, für eine ausgewogene Pensionsreform zu sorgen, den Jungen Chancen und Absicherung nehmen.

Wir NEOS sind bereit für den Start einer Reformrakete, bereit, Verantwortung zu über­nehmen und echte Erneuerung umzusetzen. Es ist schon einige Zeit her, da gab es einen bisher letzten Versuch einer grundlegenden Reform, nämlich mit dem Verfas­sungs­konvent. Es ist hoch an der Zeit, wieder neu zu starten – ob Föderalismus oder Förderwesen, alles gehört nun angepackt, diesmal aber mit breiter Beteiligung der Men­schen.

Mit einem Zukunftskonvent wollen wir den Grundstein für einen Neustart in Österreich legen und dabei all jene politischen Kräfte an Bord holen, die Bereitschaft zeigen, echte Verantwortung auch für alle zukünftigen Generationen zu übernehmen.

Diese Krise wird ein Wendepunkt in der Geschichte unseres Landes sein. Wenn wir das als Chance begreifen, dann ist ein echter Neustart mit mutigen Reformen möglich, Refor­men, die den Menschen wieder in den Mittelpunkt stellen, nachdem ein Virus diesen Platz schon viel zu lange für sich beansprucht hat. Wir brauchen Erneuerung, die das Ver­trauen der Politik in die Menschen stärkt und auch den Menschen das Vertrauen in die Politik wiedergibt.

Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, diese Reformen gemeinsam anzugehen und es den Menschen dadurch auch wieder zu ermöglichen, selbst Verantwortung zu übernehmen. Um die Zukunft Österreichs zu sichern, ist es Zeit für einen Neustart, der diesen Namen verdient. – Danke. (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ.)

10.26

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Sebastian Kolland. Ich erteile dieses.