18.10

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Innenminister! Werte Damen und Herren! Wir debattieren jetzt vier verschiedene Verhandlungsmaterien, ich möchte sie einfach der Reihe nach durchgehen. Ich glaube, das ergibt einen gewissen Sinn.

Der erste der zu behandelnden Tagesordnungspunkte betrifft eine Novelle des Islam­gesetzes 2015. Es regelt die Rechtsstellung der islamischen Religionsgesellschaften und Kultusgemeinden in Österreich. Das gab es auch schon davor, es wurde nicht 2015 das erste Mal solch ein Gesetz gemacht, diese Tradition gibt es schon sehr lange. Was aber ist 2015 passiert? – Es war ein Prestigeprojekt des ehemaligen Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz. Er war sehr darauf erpicht, dass er da eine Novelle macht und darin ganz klar seine Law-and-Order-Politik zum Ausdruck bringt, und das mit dem klaren Ziel, das damals erklärt wurde, dass Finanzierungen aus dem Ausland für Imame gestoppt werden sollen – das dürfe es in Zukunft nicht mehr geben. Das und noch viele andere Punkte sollten da in die neue Gesetzeskodifikation hineingepackt werden.

Die FPÖ hat sich damals schon konstruktiv eingebracht, und ich habe mir das ange­schaut. Unser Justizsprecher Harald Stefan hat damals, 2015, im Nationalrat in der De­batte zum damaligen Islamgesetz schon gesagt: „Das ist doch völlig unsinnig, das funk­tioniert im Vollzug nicht!“, und er hat auch einen Antrag gestellt, dass man das doch bitte zurück in den Verfassungsausschuss im Nationalrat verweisen möge, um dann dort gemeinsam ein sinnvolles Gesetz daraus zu machen, das man auch vollziehen kann.

Meine Damen und Herren von der ÖVP, das wollten Sie damals nicht und das wollen Sie auch heute wieder nicht! Jetzt lesen wir in der Begründung zu diesem Abänderungs­antrag – denn warum soll es diese Novelle überhaupt geben? – ganz verschämt: Na ja, in einigen Bereichen hat die Erfahrung aus den letzten Jahren gezeigt, dass im islami­schen Bereich die bisherigen Rechtsgrundlagen einen effektiven Vollzug der Bestim­mungen nicht immer ermöglicht haben.

Übersetzt bedeutet das: Das Gesetz ist Müll gewesen. Die Novelle wird diesen schlech­ten Vollzug aber nicht beseitigen können. Es wird auch weiterhin nicht verhindert, dass viele dieser Gesellschaften, Kultusgemeinden und islamischen Vereine aus dem Aus­land finanziert werden, dass Imame aus dem Ausland finanziert werden. Es wird nicht verhindert, dass Imame weiterhin fremde Sprachen wählen, wenn sie irgendwo unter­richten, lehren oder in Moscheen predigen, sodass man nicht einmal verstehen kann, was da überhaupt gepredigt wird. Wenn man sich zum Beispiel als Staatsschutzbeamter in die Moschee hineinstellt und das wissen möchte, dann ist es nicht einmal möglich, dem zu folgen, wenn man diese fremde Sprache nicht versteht.

Es ist also ein zahnloses Islamgesetz, und die Novelle ist ebenso zahnlos und wieder nicht vollziehungsfähig, wie wir das schon 2015 kritisiert haben. Dieser Kritik wird auch diesmal nicht der Boden entzogen. Daher werden wir das nicht auch noch mit unserer Zustimmung adeln. (Beifall bei der FPÖ.)

Der zweite Tagesordnungspunkt, zu dem diese Debatte geführt wird, ist das sogenannte Terror-Bekämpfungs-Gesetz. Das ist insbesondere eine Änderung des Strafgesetz­buchs  nicht alles, aber der Hauptteil. Ein Herzstück der vorliegenden Reform ist ein neuer Straftatbestand, nämlich das Verbot religiös motivierter extremistischer Verbin­dungen.

Da heißt es in einem neuen Paragrafen: „Wer eine religiös motivierte extremistische Verbindung gründet oder sich in einer solchen führend betätigt, ist, wenn er oder ein anderer Teilnehmer eine ernst zu nehmende gesetzwidrige Handlung ausgeführt oder zu ihr beigetragen hat, in der sich die religiös motivierte extremistische Ausrichtung ein­deutig manifestiert, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“

Wenn man sich als Jurist überlegt, was da alles an Tatbestandsvoraussetzungen sowohl auf objektiver Seite als auch, was die subjektive Tatseite betrifft, vorliegen muss, dann kann man sich schon denken, dass dieses Gesetz handwerklich einfach ein Pfusch ist. Die Strafdrohung von zwei Jahren wird natürlich sehr viele Terroristen abschrecken. Das ist eine ähnliche Strafrahmenobergrenze, eigentlich dieselbe Strafrahmenobergrenze, wie sie beispielsweise für Zuhälterei gilt. Zusätzlich dazu, dass ein Terrorist vielleicht wegen mehrfachen Mordes vor dem Geschworenengericht steht, was mit zwischen zehn und 20 Jahren oder mit lebenslänglicher Haft zu bestrafen ist, wird nun also noch diese Strafdrohung von zwei Jahren dazukommen. Na das schreckt ihn sicher ab, ein Terrordelikt zu begehen!

Wenn Sie schon mir nicht glauben, dass dieses Gesetz niemals zur Anwendung kom­men wird, dann schauen Sie doch einmal in die Stellungnahmen des Begutach­tungs­verfahrens. Die Präsidentin des Landesgerichts für Strafsachen Graz, der Präsident des Oberlandesgerichts Wien, die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lovrek, allesamt ganz hervorragende Strafrichter, äußern unisono dieselbe Kritik: Das ist nicht vollziehbar; Sie schaffen damit totes Recht.

Auch diese StGB-Novelle ist also vollkommen überflüssig, und das wird auch deutlich, wenn man sich überlegt, ob der Amokfahrer von Graz oder der Attentäter der Terrornacht von letztem November in Wien unter diese Bestimmung gefallen wären, ob sie nach dieser Bestimmung strafbar gewesen wären. – Nein, natürlich nicht. Das ist also wieder reine Scheinpolitik, die Sie betreiben. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber, meine Damen und Herren, auch ein blindes Huhn findet einmal ein Korn. Der nächste Tagesordnungspunkt, die Novelle des Führerscheingesetzes, enthält einige sinnvolle Ergänzungstatbestände. Dem können wir zustimmen, das tun wir auch. – Das ist der dritte Teil dieser Debatte.

Kommen wir nun zum letzten Teil des Pakets, Tagesordnungspunkt 16, eine Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes und des Symbole-Gesetzes. Auch da meine ich teilweise, mich in einer Realsatire zu befinden, denn Sie wollen das Symbole-Gesetz ändern und es bleibt dabei, dass auch dieser Teil Ihrer Politik wiederum nur symbolisch ist. Über eine Symbolpolitik geht das nicht hinaus.

Ich habe mir zum Beispiel die Frage gestellt, warum Sie die Zeichen der Identitären Bewegung verbieten wollen. Mir wäre noch nicht aufgefallen, dass diese Gruppierung sich durch irgendwelche Terroranschläge in Österreich ausgezeichnet hätte, auch wenn Ihnen vielleicht die Aktionen nicht gefallen haben – das muss einem ja auch nicht gefal­len, man kann ja politisch sehr klar dagegen auftreten. Was das aber mit einer terroris­tischen Vereinigung zu tun haben soll, ist nicht ersichtlich. Ich habe nicht verstanden, warum man das zum Beispiel auf eine Stufe mit dem Islamischen Staat stellt.

Sie verbieten damit jetzt dann das Symbol Lambda, das die IB offenbar verwendet. Da habe ich mich dann gefragt: Warum verbieten Sie eigentlich nicht gleich einmal, wenn man schon dabei ist, wenn man schon sagt, dass man gegen irgendwelche rechts­extre­men Gruppierungen vorgehen will, das Symbol 88? Das ist ja auch immer so, dass man sogar davon absieht, dass das irgendwo als Autokennzeichen steht. Warum nehmen Sie das nicht gleich ins Symbole-Gesetz auf? Dann muss man sich, bevor man irgendeine Zahl aufschreibt, nicht immer überlegen, ob das gefährlich ist, wenn es ohnehin im Symbole-Gesetz steht.

Ich weiß also nicht, was das bringen soll. Sie wissen es wahrscheinlich selber nicht, aber Sie können sich wieder einmal rühmen, irgendein Zeichen gesetzt zu haben, das Ihren Wählern vielleicht gefällt. Bringen tut es aber nichts. (Beifall bei der FPÖ.)

Zusammenfassend: Das gesamte Antiterrorpaket ist so gestaltet, dass dadurch keine einzige bestehende Gesetzeslücke geschlossen wird, die Sicherheit unserer Staats­bür­ger nicht verbessert wird und Terroranschläge in Österreich in Zukunft auch nicht ver­hindert werden können. Und ich verrate Ihnen jetzt einmal ein Geheimnis: Aus meiner Sicht ist die beste und effektivste Terrorprävention und einer der Schlüssel zwar nicht der einzige, aber einer der Schlüssel  zu einem sicheren Österreich ein restriktives Asyl- und Fremdenrecht, das diesen Namen auch verdient und das illegale Ein­wanderung unter dem Deckmantel Asyl ausschließt. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher bringen wir freiheitlichen Bundesräte auch einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen MMag. Dr. Michael Schilchegger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Reform des Asylrechts und effektive Außerlandesbringungen zum Schutz unserer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage über eine umfassende Neukodifikation des Asyl- und Fremdenrechts einschließlich allenfalls erforderlicher Verfassungsbestimmungen zuzuleiten, die sicherstellt, dass

- die Behandlung von Asylanträgen auf österreichischem Boden nach Vorbild des deut­schen Asylkompromisses von 1993 weitgehend ausgesetzt (Art 16a Abs. 2 dt. Grund­gesetz) und die Zuständigkeit anderer EU-Mitgliedstaaten gemäß dem Dublin-System tatsächlich fristwahrend in Anspruch genommen werden kann,

- der gesamte österreichische Asylprozess nach Vorbild Dänemarks in Asylzentren außerhalb der Republik Österreich ausgelagert wird,

- die Prüfungsmaßstäbe zu Asylanträgen nicht von einer mäandernden Entwicklung in der Judikatur, sondern durch den Gesetzgeber determiniert und auf die historischen Standards der GFK zurückgeführt werden,

- die Sicherheitslage und innerstaatliche Fluchtalternativen in Herkunftsländern allge­meinverbindlich durch Verordnung des BMI festzustellen sind und aufwändige Einzelfall­prüfungen zu unterbleiben haben,

- die Frist für die behördliche Entscheidung I. Instanz – nach Vorbild der Schweiz – im Regelfall nicht länger als 48 Stunden beträgt,

- gegen Entscheidungen der Fremdenrechtsbehörde nur ein einziger Rechtsbehelf im Sinne des Art 13 EMRK zur Verfügung steht, über den das Verwaltungsgericht binnen drei Monaten endgültig zu entscheiden hat,

- nach Eintritt der Rechtskraft zusätzliche Rechtsbehelfe, Anträge oder Eingaben des Antragstellers keine weiteren Prüfungs- oder Entscheidungspflichten der befassten Be­hörden und Gerichte auslösen, sondern derartige Schriftstücke nur zum Akt zu nehmen sind,

- mit Zustellung der endgültig abweisenden Entscheidung über einen fremdenrechtlichen Aufenthaltstitel“ – sprich Asyl oder subsidiären Schutz – „möglichst unter einem auch die Außerlandesbringung vollzogen werden kann,

- vollstreckbare Abschiebungen auch ohne Konsens mit dem Herkunftsland vollzogen werden, gegebenenfalls durch Einrichtung von Asylzentren an EU-Außengrenzen oder außerhalb des europäischen Kontinents,

- strafgerichtlich verurteilten Fremden und sonstigen Gefährdern in Übereinstimmung mit Art 33 Abs. 2 GFK kein weiterer Asyl- oder Abschiebeschutz zukommen kann, sondern der Aufenthaltstitel mit der Entscheidung aberkannt und die Außerlandesbringung binnen längstens 48 Stunden vollzogen wird; für den Fall einer zu verbüßenden Haft­strafe allenfalls verbunden mit einem Strafvollzug außerhalb des europäischen Konti­nents.“

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(Beifall bei der FPÖ.)

18.21

Präsident Dr. Peter Raggl: Der von den Bundesräten Michael Schilchegger, Kollegin­nen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Reform des Asyl­rechts und effektive Außerlandesbringungen zum Schutz unserer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger“ wurde wunschgemäß entsprechend § 43 Abs. 4 GO-BR vervielfältigt und verteilt, in seinen Kernpunkten erläutert, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Des Weiteren zu Wort gemeldet ist Bundesrat Silvester Gfrerer. Ich erteile ihm dieses.