20.08

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsi­dent! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die noch zuschauen! Bei den Tagesordnungspunkten 21, 22 und 23 geht es um die Novellen zum Bundespflegegeldgesetz, zum Freiwilligengesetz und zum Bundes­gesetz zur Bekämpfung pandemiebedingter Armutsfolgen.

Die Änderungen im Bundespflegegeldgesetz ermöglichen es in Zukunft, innovative Projekte von gemeinnützigen Organisationen, der freien Wohlfahrtspflege, von Gebiets­körperschaften oder von Sozialhilfeverbänden zu fördern. Darunter fällt jetzt auch die Etablierung der Communitynurses, die in Zukunft eine wesentliche Rolle im Ausbau eines Systems zur niederschwelligen und bedarfsorientierten Versorgung vor Ort, in den Gemeinden spielen sollen. Sie sollen den Betroffenen einerseits eine Anlaufstelle zur Informationsbeschaffung und Hilfestellung im Pflegefall bieten und können andererseits auch die Entwicklung des regionalen Pflegebedarfs verfolgen.

Sie sollen durch proaktive Hausbesuche die Gesundheitsprävention stärken, wobei auf die Prävention großes Augenmerk zu legen ist. Das Projekt soll noch in diesem Jahr starten, und zwar mit 150 Communitynurses. Dafür stehen laut Ministerium 54 Millionen Euro zur Verfügung.

Lassen Sie mich aber an dieser Stelle generell zur geplanten Pflegereform etwas aus­holen: 2020 hat der Rechnungshof in seinem Bericht die Situation der Pflege in Öster­reich publiziert. Der Rechnungshof untermauerte dabei den großen Handlungsbedarf, den wir im Bereich der Pflege haben.

Mit Stand 2020 wurde etwa ein Drittel der Pflege von privater Seite erbracht. Die infor­melle Pflege ist gekennzeichnet durch ein Naheverhältnis, durch Verwandtschaft der pfle­genden Personen zur pflegebedürftigen Person. Es fehlt meist eine pflegerische Ausbildung.

Der Rechnungshof empfiehlt nun, das Pflegeangebot in unserem Land deutlich zu er­weitern, da sich unter anderem die Zahl der Personen, die sich Pflege zu Hause leisten können, bis zum Jahr 2060 drastisch reduzieren wird. Konkret geht der Rechnungshof nämlich davon aus, dass dann auf einen 80-Jährigen nur noch Pflegepersonal in Höhe von 1,6 Personen kommt – derzeit geht man von einem Verhältnis von immerhin eins zu vier aus. Diesen Punkt zu erwähnen ist mir deshalb so wichtig, weil bei der Schaffung zur Förderung von innovativen Projekten wie eben den Communitynurses ganz stark der Gedanke mitschwingt, die Pflege zu Hause zu unterstützen. Das ist sehr wichtig, denn die pflegenden Angehörigen wie auch die gepflegten Personen können diese Unter­stützung sehr gut gebrauchen.

Dennoch sollen wir die Augen natürlich nicht davor verschließen, dass die großen Herausforderungen der Pflegereform noch bevorstehen. Es pfeifen tatsächlich überall schon quasi die Spatzen von den Dächern, und die Coronapandemie hat noch einmal das Brennglas auf die Situation gelegt: Es braucht mehr Personal in den Pflegeberufen, nämlich nicht nur Personal, das den Beruf jetzt ergreift, sondern auch Personal, das den Beruf länger ausüben will und natürlich auch kann.

Dazu noch eine Erkenntnis aus dem Rechnungshofbericht betreffend die Personal­vorga­ben in der stationären Pflege: Diese waren nur teilweise rechtlich verbindlich; ihre letzte Anpassung lag mitunter mehr als 20 Jahre zurück, obwohl seither wesentliche Ände­rungen wie zum Beispiel höhere Pflegegeldstufen und berufsrechtliche Vorgaben erfolg­ten. Auch die Verfügbarkeit von Pflegepersonal ist eine wirkliche und wichtige Herausforderung. Das Problem wurde erkannt, und es ist jetzt an der Zeit – und das passiert auch –, Lösungen dafür zu entwickeln und auch umzusetzen.

Um noch einmal auf die Communitynurses, die wirklich großartig sind, zurückzukommen: Das ist ein erster Schritt zur Umsetzung der unterstützten Pflege zu Hause. Realistisch muss man natürlich sein und bleiben: Die Möglichkeiten, Pflege zu Hause zu leisten, sind begrenzt. Spätestens ab einem gewissen Pflegebedarf braucht es ständige professionelle Hilfe, und dazu braucht es ausgebildete Professionistinnen und Profes­sionisten.

Noch ganz kurz: Mit der Novelle zum Bundesgesetz zur Bekämpfung pandemiebeding­ter Armutsfolgen werden Mittel zur Covid-19-bedingten Delogierungsprävention und Wohnungssicherung vorgesehen. Auch da werden vom Bundesministerium des Herrn Mückstein in den Jahren 2021 bis 2023 24 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damit sollen wiederum Projekte finanziert werden, die der Wohnungssicherung und der Delogierungsprävention dienen. Einerseits sollen betroffenen Haushalten entsprechende Beratungs- und Unterstützungsstrukturen zur Verfügung stehen, andererseits sollen mit den Projektmitteln Mietzinsrückstände sowie sonstige Nebenkosten, wie entstandene Gerichtskosten, übernommen werden – eben auch pandemiebedingt.

Das ist ein wichtiger Punkt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass gemeinnützige Organisationen immer eindringlicher davor warnen, dass es zu einem starken Anstieg von Räumungsklagen beziehungsweise Delogierungen kommen könnte, da immer mehr Menschen nicht mehr in der Lage sind, ihre Wohnkosten zu bestreiten.

Das Letzte, die Änderung im Freiwilligengesetz, betrifft eine Fristverlängerung für Teil­neh­mende an einem Auslandsfreiwilligendienst. Dieser kann bei Elementarereignissen, Unglücksfällen, außerordentlichen Notständen und einer damit verbundenen vorzeitigen Rückkehr im Inland fortgesetzt werden. Diese Möglichkeit soll nun aufgrund der weltweit immer noch unklaren, pandemiebedingten Situation bis 31.12.2022 verlängert werden.

Das ist das Wesentliche aus den drei Gesetzen, die sinnvoll, richtig und wichtig sind. Ich ersuche daher um breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

20.15

Vizepräsident Günther Novak: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Karlheinz Kornhäusl. Ich erteile ihm dieses.