10.09

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her hier und vor den Bildschirmen! Ja, vergegenwärtigen wir uns den Titel der Aktuellen Stunde: „Konferenz zur Zukunft Europas – gemeinsam Europa verändern für Öster­reich“! Er hat viele Konnotationen, und ich möchte vor allem die konstruktiven hervorhe­ben und die vielleicht fraglichen positiv deuten.

Ich finde es ganz interessant, dass der Kollege vor mir genau dieses partizipative For­mat, das ich – ganz im Gegenteil zu meinem Kollegen – eigentlich herausstreichen und dem ich eben genau eine Chance geben und eine Vorbildwirkung zuschreiben möchte, anders sieht.

Beginnen wir mit der „Zukunft Europas“: Dieses Begriffspaar verwenden wir, wenn wir jemanden daran erinnern wollen, seine Potenziale zu nutzen und seine Handlungen daran auszurichten. Wir verwenden diese Worte, wenn wir jemanden daran erinnern wollen, sich eine Basis für eine gute, sichere und glückliche Zukunft aufzubauen, und das Wichtigste dabei ist, dass wir jenen, denen wir einen solchen Rat geben, Gutes wollen. Wir wollen sie wachsen sehen, und wir wollen, dass sie selbstständig werden – das wollen wir auch für Europa.

Weiter heißt es: „gemeinsam Europa verändern“. – Das ist meiner Meinung nach einer der wichtigsten Punkte, denn die Konferenz ruft alle ihre EU-MitbürgerInnen auf, mitein­ander zu überlegen, zu diskutieren und Reformvorschläge zu formulieren. Das ist eine organisatorische Herausforderung, sie wird aber durch die Stärkung von Demokratie be­lohnt, im Sinne von Mitbestimmung und Verantwortungsübernahme.

Schauen Sie auf die Website, man braucht nur die Worte Konferenz, Zukunft und Europa einzugeben und kommt dorthin! Ich möchte mich da der Frau Bundesministerin anschlie­ßen: Machen Sie diese Konferenz im Sinne von Mitbestimmung bekannt, ermuntern Sie vor allem Junge und ermuntern Sie vor allem Frauen, daran teilzunehmen! Es zeigt sich nämlich – das ist ein Phänomen, das man auch bei den Beiträgen auf Wikipedia sieht, die fast zu 90 Prozent von Männern gemacht werden –, dass auch da zwei Drittel der Beiträge von Männern stammen beziehungsweise sie sich an dieser Konferenz beteili­gen, weniger als ein Fünftel sind Frauen – ein Teil gibt sein Geschlecht nicht an. Helfen wir, machen wir das bekannt, ermuntern wir Frauen!

Ich möchte noch kurz auf die BürgerInnenforen eingehen, weil diese schon ein sehr spannendes demokratisches Mittel und vor allem ein Mittel der direkten Demokratie sind. Der Herr Kollege hört jetzt nicht zu, genau das ist aber das Spannende: Man schreibt zwar manchmal, das sei ein innovatives Mittel, eigentlich ist es aber ein sehr altes Instru­ment der Demokratie. Die TeilnehmerInnen werden unter den EU-BürgerInnen ausge­lost – wirklich ausgelost – und können dann beitragen. Es werden dort auch die verschie­denen Bevölkerungsgruppen repräsentiert, sie werden ausgewählt beziehungsweise eben ausgelost, und sie werden auch bezahlt; das heißt, es können auch die mitmachen, die es sich sonst vielleicht nicht leisten könnten. Ihre Aufgabe ist es dann, die einge­gangenen Beiträge zu sichten und daraus Empfehlungen für die EU abzuleiten, die dann gemeinsam mit dem Plenum in Gesetzesinitiativen und Reformen umgemünzt oder umgeschrieben werden.

Ja, ich bin ein großer Fan dieser BürgerInnenräte oder -foren, denn sie trauen jedem und jeder in unserer Gesellschaft zu, politisch agieren zu können, Verantwortung für die Gesellschaft – in diesem Fall für Europa, für die EU – zu übernehmen und entsprechen­de Schritte zur Umsetzung vorzuschlagen.

Zum letzten Teil des Titels der Aktuellen Stunde, „gemeinsam Europa verändern für Österreich“: Das irritiert im ersten Moment, denn das Gemeinschaftsprojekt der EU ist eben ein Gemeinschaftsprojekt, und es geht nicht darum, Vorteile zum Nachteil der an­deren daraus zu ziehen oder die gemeinsame Sache infrage zu stellen, sondern es geht darum, die Gemeinschaft zu stärken und PartnerInnen zu haben, mit denen wir in einer lebenswerten, gleichberechtigten, humanen und friedlicheren Welt arbeiten können.

Die EU ist ein Pool an Ressourcen. Nützen wir sie für Österreich, schauen wir die Dinge an, die wir für dieses friedliche und gute Leben brauchen, und vergemeinschaften wir sie! Manchmal ist es auch wichtig, PartnerInnen zu haben, die einen darauf aufmerksam machen, wenn man das gerade nicht so im Fokus hat. Setzen wir uns für mehr demo­kratiepolitische Instrumente ein, genauso wie für eine dichtere soziale Absicherung, eine klare Klima- und Umweltschutzpolitik, Chancengleichheit und Menschlichkeit! Arbeiten wir gemeinsam an Europa – für Österreich! – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Verzeihung, ich muss jetzt noch etwas sagen: Ich bedanke mich sehr beim Herrn Prä­sidenten für das nette Geschenk; ich glaube, das hat noch niemand gemacht. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)

10.14

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.