Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Uns allen geht es natürlich um die Chancen für die Jugend. Ich darf folgende Frage an Sie richten:

1931/M-BR/2021

„Wie gedenken Sie neuen Phänomenen von Arbeitslosigkeit durch Corona – wie zum Beispiel Langzeitarbeitslosigkeit bei jungen Arbeitnehmer*innen – zu begegnen, um langfristig Absicherung gegen Arbeitslosigkeit zu schaffen?“

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Guten Morgen! Vielen Dank für die Frage. Wir haben glücklicherweise bei jungen Personen einen Rückgang der Ar­beitslosigkeit. Es sind um ungefähr 10 Prozent weniger junge Menschen unter 25 Jahren arbeitslos als noch vor der Krise, also der Rückgang ist da tatsächlich stärker als im Durchschnitt der Bevölkerung und in der Gesamtgruppe der Arbeitslosen. Darauf kann man sich aber nicht ausruhen, da stimme ich Ihnen völlig zu.

Die Jugendarbeitslosenquote ist insgesamt etwas höher als die durchschnittliche Ar­beitslosenquote. Wir müssen also weiterhin alles tun, um die Arbeitslosigkeit in diesem Bereich zu reduzieren. Wir haben eine Reihe von Programmen für junge Menschen: Ausbildung bis 18, die Ausbildungsgarantie bis 25. Viele Bundesländer haben zusätz­liche eigene Programme. Es gibt auch eine Reihe von sehr, sehr guten Trägerorganisa­tionen, die sich mit jungen Menschen gemeinsam auf den Weg machen, um sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Wir sehen auch, dass es zum Teil Defizite in den Bildungs­einrichtungen gibt – das muss man ganz ehrlich sagen –, die dann vom Arbeitsmarkt­service und solchen Organisationen ausgeglichen werden. Es gibt sehr, sehr viele junge Menschen, die keinen Pflichtschulabschluss haben und die wir fördern, damit sie diesen nachholen. Wir werden das weiterhin tun.

Ich glaube, die Tatsache, dass wir gemeinsam mit den verschiedenen anderen Ministe­rien, die in der Jugendbeschäftigungstaskforce verantwortlich sind, die Jugendarbeitslo­sigkeit über die Coronapandemie hinweg reduzieren konnten, also jetzt danach eine ge­ringere Jugendarbeitslosigkeit als davor haben, zeigt, dass es uns ein großes Anliegen ist. Das wird aber nicht mit einer Maßnahme erledigt sein, das ist der Punkt. Es geht ums Bildungssystem, es geht ums Arbeitsmarktsystem, es geht natürlich auch um andere Betreuungsformen.

Ich sehe das bei den vielen Besuchen, die ich mache. Es gibt die verschiedensten Schwierigkeiten, die junge Menschen haben: zum Teil gesundheitliche Probleme und Einschränkungen, zum Teil Traumatisierungen, insbesondere bei jungen Migrantinnen und Migranten. Da geht es einfach darum, ein breites Angebot zu haben, deswegen ist es mir auch so wichtig, dass wir das breite Angebot, das es in diesem Bereich gibt, immer weiter ausbauen. Ich stehe nicht an, zu sagen, dass wir gerade in diesem Bereich auf jeden Fall auch noch stärkere Anstrengungen unternehmen müssen, damit jeder junge Mensch eine gute Chance hat, in den Arbeitsmarkt zu kommen.

Präsident Dr. Peter Raggl: Zusatzfrage, Frau Bundesrätin Schumann? – Bitte.

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Ich darf eine weitere Frage anschlie­ßen: Die Frage des Klimaschutzes ist auch aus arbeitsmarktpolitischer Sicht zu sehen. Wann können wir damit rechnen, dass die Umweltstiftung umgesetzt wird? Wie können Sie sicherstellen, dass gleiche Chancen von Frauen und Männern in der Qualifikation gegeben sind?

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Die Umweltstiftung ist im Bud­getvoranschlag mit Start 1.1.2022 budgetiert. Wir haben 20 Millionen Euro dafür vor­gesehen. Aus meiner Sicht startet sie damit.

Wir haben ja im Rahmen der Coronajoboffensive auch Mittel für die Ausbildung im Be­reich Klima und Umwelt bereitgestellt, wir werden aber weitere Maßnahmen brauchen. Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt. Wir werden es schaffen müssen – und das ist gar nicht so leicht, ich versuche, das im Hintergrund natürlich auch über andere Instrumente der Steuerung zu gewährleisten –, dass wir die Investitionen, die für den Klimaschutz getätigt werden, immer mit Ausbildungs- und Weiterbildungsangeboten ver­binden, die dazu führen, dass die Arbeitskräfte vorhanden sind, um diese Investitionen auch umzusetzen. Wir sehen das ja: Es macht zum Beispiel überhaupt keinen Sinn, Solarpaneele zu fördern, wenn es dann keine Menschen gibt, die diese Paneele am Dach installieren können.

Dieser Umbau ist aber nicht ganz einfach, das ist eine ganz große Herausforderung. Wir haben in Österreich noch kein ausgezeichnetes Management, was die Vorschau hinsichtlich Fachkräftebedarf betrifft. Wir sind im guten Austausch mit der Wissenschaft, mit der Statistik Austria, um das in der nächsten Zeit zu verbessern und so eine bessere Vorschau zu haben, welche Fachkräfte in zwei, drei Jahren benötigt werden. Das gibt es nicht systematisch, dazu gibt es einzelne Studien – die Pflege wurde angesprochen, da gibt es Studien –, aber das gibt es nicht für alle Bereiche. Natürlich gibt es auch im Umweltbereich Studien, aber der Umweltbereich ist ein sehr großer. Es geht also darum, das in der Statistik noch umfangreicher abzubilden.

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Doris Berger-Grabner zu Wort gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Mag. Dr. Doris Berger-Grabner (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Minister! Mich würde interessieren: Um wie viel ist die Langzeitarbeitslosigkeit seit April bereits gesunken?

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Darf ich ganz kurz noch auf die letzte Frage bezüglich Frauen und Männer zurückkommen, das habe ich nicht beant­wortet, ich beantworte das natürlich. Bei vielen Fragen passiert es manchmal, dass man etwas vergisst. Ich bitte um Verzeihung, dass ich das noch kurz beantworte. Wir haben für alle Förderungen natürlich das Frauenziel. Das Frauenziel ist: 4 Prozent mehr als der Anteil der Frauen an den Arbeitslosen. Ich möchte auch dazusagen, vielleicht kommt es später noch einmal in einer Frage, dass ich das Frauenziel bewusst von 3,5 Prozent über dem Anteil an den Arbeitslosen auf 4 Prozent erhöht habe – bewusst, weil es mir ein wichtiges Anliegen ist. Das sollte auch nicht immer vergessen werden.

Entschuldigung (in Richtung Bundesrätin Berger-Grabner), jetzt komme ich zur Lang­zeitarbeitslosigkeit: Wir hatten im April 148 000 Personen in der Langzeitarbeitslosigkeit. Das war ein historischer Höchststand. Wir konnten das glücklicherweise etwas zurück­fahren, zum Teil wie gesagt auf Basis der allgemeinen Erholung, zum Teil aufgrund der Programme, die zur Verfügung stehen. Jetzt sind es gut 120 000 Personen und damit um 28 000 weniger im Bestand. Das Ziel ist, das Vorkrisenniveau von ungefähr 100 000 Personen in Langzeitarbeitslosigkeit im Bestand mit Ende nächsten Jahres zu erreichen. Das wäre ein großes Ziel. Wir haben es bei keiner Rezession geschafft, das Niveau der Langzeitarbeitslosigkeit in so kurzer Zeit nach der Rezession zu reduzieren. Ich hoffe, es gelingt uns.

Präsident Dr. Peter Raggl: Ich bitte um die Zusatzfrage von Bundesrat Andreas Arthur Spanring.

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Minister! Grund­sätzlich sind alle Maßnahmen zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit begrüßenswert, ins­besondere bei den von dieser Regierung herbeigeführten Problemen durch überzogene Maßnahmen. Das bedeutet aber gleichzeitig auch, dass alle Maßnahmen, welche dazu führen, Menschen in die Arbeitslosigkeit zu drängen, zu unterlassen sind.

Wie können Sie als Arbeitsminister eine 3G-Regel am Arbeitsplatz vertreten, wenn Sie doch ganz genau wissen, dass dadurch wieder viele Menschen in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden?

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Ich glaube, die zu­grunde liegende Hypothese ist nicht richtig, ich verstehe nicht ganz, warum Menschen durch die 3G-Regel in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden. (Zwischenruf der Bundes­rätin Schartel.) Wir haben in Österreich Gratistests, also alle Menschen, die sich nicht dafür entscheiden, sich impfen zu lassen, oder die sich vielleicht nicht impfen lassen können, haben die Möglichkeit, Gratistests in Anspruch zu nehmen.

Es gibt ja auch weiterhin das betriebliche Testen, das gefördert wird. Ich habe mich auch massiv dafür eingesetzt, dass die Tests bis auf Weiteres gratis bleiben, um eben genau das zu verhindern: dass es soziale Härten gibt und dass Menschen vielleicht aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden, weil (Bundesrat Schennach: Die Geschichte ist ein bisschen anders!) – nein, die Geschichte ist nicht anders, ist aber egal – es natürlich wichtig ist, dass niemand aus dem Arbeitsmarkt gedrängt wird. Trotzdem gilt der Aufruf weiterhin – das habe ich gestern auch gesagt –, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen sollten, weil das die Sache noch viel einfacher macht. Durch die 3G-Regel wird aber kein Arbeitnehmer, keine Arbeitnehmerin aus dem Arbeitsmarkt gedrängt.

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Bundesrat Andreas Lackner zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Frage.

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Sehr geehrter Herr Minister, wie hoch ist konkret das Budget für die Jungen bis 25 beim AMS?

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Wir haben für die Jungen einzelne Budgetbereiche, die ich jetzt gar nicht ausführe. Es geht vor allem um die Langzeit­arbeitslosen. Da sind gut 100 Millionen Euro für das nächste Jahr geplant. Dazu kommen diverse andere Programme, die teilweise mit zweistelligen Millionenbeträgen bedeckt sind – sozialökonomische Betriebe, gemeinnützige Beschäftigungsprojekte und auch viele andere Projekte, die ganz spezifische Zielgruppen abdecken, wie Projekte für Men­schen mit gesundheitlichen Einschränkungen und vor allem auch für junge Menschen –, und bei denen es, glaube ich, auch sehr, sehr gute Arbeit gibt.

Das Budget, glaube ich, ist vorhanden. Ich bin recht froh, dass wir nächstes Jahr ein gutes Budget für den Arbeitsmarkt haben, und ich hoffe sehr, dass wir dann auch in den nächsten Jahren bei den Budgetverhandlungen auch im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfolgreich sein werden. – Danke.

Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen nun zur 7. Anfrage, 1928/M-BR/2021.

Ich bitte die Fragestellerin, Bundesrätin Andrea Michaela Schartel, um die Verlesung der Anfrage.