15.19

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundeskanzler! Werter Herr Gesundheitsminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! 577 Menschen liegen heute auf Intensivstationen und kämpfen um ihr Leben – und wir sind jetzt hier, am zweiten Tag des vierten Lockdowns, und müssen leider feststellen: Wir stehen vor einem Coronatotalversagen der Bundes­regierung.

Schon den Sommer 2020 hat die Bundesregierung verschlafen, und ihr Versagen in der Pandemiebekämpfung war damals schon schmerzhaft, aber da konnte man noch sagen: Na ja, es gibt keinen Impfstoff! Die Situation ist neu! Die Situation ist schwierig! – Den zweiten Sommer aber zu verschlafen und auf allen Ebenen völlig unvorbereitet in diesen zweiten Coronaherbst zu gehen, und das mit Vollgas Richtung Lockdown, das ist eine Schande. (Bundesrat Steiner: Deshalb stimmt ihr überall mit! Ihr stimmt überall mit!) So zu tun, als hätte die Regierung nicht gewusst, wie sich die Coronalage entwickeln wird, wäre unredlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gab die Warnungen der Wissenschaft. Bereits im Juni haben Virologinnen, Virologen Warnungen ausgesprochen: Bitte, so locker flockig, wie die Regierung in den Sommer gegangen ist, das gibt die Situation nicht her! Pandemie gemeistert – von wegen!

Am 11. August wurde bereits vor den großen Gefahren einer vierten Welle gewarnt. Am 19. August wurde sogar von einem Worst-Case-Szenario aufgrund der höchst anste­ckenden Deltavariante gesprochen. Die Zahl der Impfungen war im Vergleich zum Juni um 85 Prozent zurückgegangen. Die Durchimpfungsrate von 80 Prozent, die man ge­braucht hätte, um einem drohenden Kollaps im Herbst zu entgehen, konnte nicht mehr erreicht werden. Alle Warnungen wurden aber ignoriert, endlich wieder miteinander, ein Sommer wie damals – welch ein Trugschluss!

Ex-Kanzler Kurz war stärker daran interessiert, die Pandemiebekämpfung in eine Polit­show zu verwandeln, als der Expertise der Virologinnen und Virologen zu folgen und nach ihren Ratschlägen zu handeln. Er trägt einen Großteil der Verantwortung dafür, dass wir mit Anlauf in den vierten Lockdown gerast sind. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Heute ist der zweite Tag des vierten Lockdowns. Wir haben aktuell einen neuen Tief­punkt dieser Pandemie erreicht. Vor eineinhalb Jahren haben wir noch die dramatischen Bilder der überfüllten Covid-Stationen aus Italien und Spanien gesehen, inzwischen sind wir es, die den traurigen dritten Platz hinsichtlich der globalen Inzidenzen belegen.

Die dramatischen Szenen, die wir derzeit jeden Tag auf den Intensivstationen sehen, sind verheerend. Die harten Fakten sprechen eine klare Sprache: 12 114 Menschen sind bereits an Covid gestorben. Bis zu 15 000 Neuinfektionen zählen wir zurzeit jeden Tag. Rund 580 Menschen kämpfen auf den Intensivstationen um ihr Leben. Wir haben eine Impfquote von gerade einmal 66,1 Prozent, und heute starben 72 Menschen an oder mit Corona. Wenn man diese Zahlen kennt, kann man das Pandemiemanagement der tür­kis-grünen Regierung für gescheitert erklären.

Wir als Opposition haben schon zu Beginn der Pandemie davor gewarnt, dass es so weit kommen wird. Wir haben immer wieder gesagt: Bitte, hören Sie auf die Expertinnen und Experten, setzen Sie Maßnahmen!, aber die Rufe wurden einfach ignoriert.

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig wurde von Tourismusministerin Köstinger so­gar öffentlich hart dafür kritisiert, dass er schärfere Maßnahmen gesetzt hat. Ja, aber leider, die strengeren Maßnahmen in Wien haben Wirkung gezeigt. Da wurde richtig, da wurde gut gehandelt! (Bundesrat Steiner: Ja, gratuliere!)

Ganz herzliche Gratulation zum Erreichen der höheren Impfquote im Burgenland! Die Impflotterie von Landeshauptmann Doskozil war ein voller Erfolg – eine tolle Leistung! Jetzt zieht der ORF mit einer Lotterie nach: „Wer impft, gewinnt!“ Ich finde, das ist eine ausgezeichnete Idee. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Bundesregierung indessen zaudert, zögert und zieht die Reißleine erst im letzten Moment. Man fragt sich: Wie konnte es letztendlich so weit kommen? Wie konnte man sehenden Auges das Pandemiemanagement so brutal gegen die Wand fahren? Wie konnte man die Menschen in diesem Land so sehr im Stich lassen? – Die Antwort ist, glaube ich, für Bundeskanzler Schallenberg eindeutig und klar: aus unverbrüchlicher Treue zu Sebastian Kurz, denn dieser hat ja bekanntlich die Pandemie gemeistert. Weil nicht ist, was nicht sein darf – Parteipolitik wird in Ihrer Regierung über Menschenleben gestellt. Das geht sogar so weit, dass Ihre Parteikollegen in Oberösterreich und Salzburg eher eine Triage in den Spitälern in Kauf nehmen, als frühzeitig verantwortungsvolle Maß­nahmen zu setzen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Es gehört dazu, als Regierung in solch einer Situation auch unpopuläre Schritte zu set­zen (Zwischenruf des Bundesrates Steiner) – ist schon gut! –, die türkis-grüne Regie­rung hat jedoch lieber Inszenierungspolitik betrieben, statt auf Expertinnen und Experten zu hören. Aber Umfragewerte auf Kosten der Inzidenzen zu erhöhen kann langfristig nur noch mehr Menschenleid sowohl in den Krankenhäusern als auch hinsichtlich einzelner persönlicher Schicksale bringen.

Je mehr man die Pandemiebekämpfung an die Politik zog und nicht den Expertinnen und Experten die Führung überließ, desto stärker wurden auch die Kräfte, die gegen eine vernünftige Coronapolitik auftraten. Dass die FPÖ anscheinend alles daran setzt, diese Krankheit zu verharmlosen, und es dieser Partei anscheinend auch völlig gleich­gültig ist (Bundesrat Steiner: Geh, was redest du denn?! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Andere Maßnahmen würden wir setzen!), wenn die Menschen an Covid erkranken und die Beschäftigten in den Krankenhäusern einfach nicht mehr können, das ist eine Tatsa­che. (Bundesrat Ofner: ... habt ihr heruntergewirtschaftet!) Diese lebensgefährliche Krank­heit einfach ungebremst durch die Bevölkerung laufen zu lassen, das kann ja wohl nicht der Ernst der FPÖ sein. Das ist menschenverachtend! (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten von ÖVP und Grünen. – Bundesrat Ofner: Wer war vorher Gesundheitsmi­nister? – Bundesrat Steiner: Was redest denn für eine Semmel daher, so einen Topfen?! Das ist ja furchtbar, so einen Topfen reden!)

Der erste konkrete Vorschlag zur Pandemiebekämpfung kam durch die medizinischen Ratschläge von FPÖ-Vorsitzendem Kickl, die aber für Leib und Leben gefährlich sind. (Bundesrätin Steiner-Wieser – Beifall spendend –: Bravo, Kickl!) Das ist in diesem Zu­sammenhang der absolute Tiefpunkt!

Sehr wohl aber ernst zu nehmen sind all die Ängste und Sorgen der Österreicherinnen und Österreicher, die Ängste und Sorgen rund um die Krankheit und auch rund um die Fragen zur Impfung. Darauf gilt es einzugehen. Sie als Regierung sind verpflichtet, die Menschen abzuholen und nicht noch weitere Gräben aufzureißen! Radikalisierung muss bekämpft werden, und es ist unerträglich, wenn versucht wird, in Intensivstationen – wie in Lienz – einzudringen. Das geht über alle Grenzen hinaus!

Die inkonsequente Politik der Bundesregierung hat auch dazu geführt, dass die Bundes­länder auf eigene Faust agieren mussten. Dadurch kam man zu einem Fleckerlteppich, und seien wir ehrlich: Viele von uns oder die meisten von uns haben ja gar nicht mehr gewusst, was gilt, was man darf, was man nicht darf.

Die unklaren Aussagen der letzten Wochen haben zusätzlich für Irritationen gesorgt. Während Minister Mückstein nächtliche Ausgangsbeschränkungen als fix kommuniziert hat, wurde schon am nächsten Tag vonseiten der ÖVP öffentlich gegen den Koalitions­partner vorgegangen. Sie hält – Zitat Bundesministerin Köstinger – „überhaupt nichts von den Wortmeldungen des Gesundheitsministers.“ Sie sei „absolut gegen allgemeine Ausgangsbeschränkungen“. – Na schau!

Bundesministerin Schramböck setzte nach: „Der Gesundheitsminister ist dringend gefor­dert, nicht weiter Chaos mitten in der Krise zu schaffen und die Menschen in Österreich durch unabgesprochene Vorstöße zu verunsichern. Das konterkariert völlig die Bemü­hungen der Bundesregierung und der Länder zur Steigerung der Impfquote.“ – Ah, geh!

Solch öffentliche Streitereien sind in der Krisenzeit nicht tragbar. Das Vertrauen der Be­völkerung ist essenziell, um die Einhaltung der Maßnahmen zu gewährleisten. Sie müs­sen aufhören, dieses Vertrauen weiterhin einfach auf die leichte Schulter zu nehmen, denn man kann inzwischen an einer Hand abzählen, wie oft die Bevölkerung das Maß­nahmenchaos der Regierung noch mitmachen, noch ernst nehmen wird!

Es braucht klare Aussagen und endlich eine enge transparente Zusammenarbeit, auch mit der Opposition. Und es braucht Respekt vor der Wissenschaft, deren Rat und Ex­pertise die Politik gerade in der Pandemiezeit so dringend braucht wie selten zuvor. Wie unerträglich ist es (Bundesrat Steiner: Da könnt ihr euch selber gleich bei der Nase nehmen!), wenn die Ratschläge der Virologen ignoriert werden und ihnen von Landes­hauptmann Haslauer noch ausgerichtet wird – ein bisschen übertrieben –, dass es „den Virologen“ wohl am liebsten wäre, „wenn jeder einzelne Salzburger und Österreicher in ein Zimmer eingesperrt ist, weil da kann er sich nicht anstecken und er kann niemanden infizieren. Er wird halt dann leider an Depression sterben oder verhungern oder ver­dursten“!? – Wie kann man so schändlich mit der Wissenschaft umgehen? (Bundesrates Schennach: So was ist Landeshauptmann!)

Wir brauchen eine standfeste Krisenregierung statt einer ständigen Regierungskrise! (Beifall bei der SPÖ.) Wenn man sich das bisherige Krisenmanagement ansieht, kann man nur von einer Chronik des Scheiterns sprechen: Hygiene-Austria-Maskenskandal – peinlich (Bundesrat Steiner: Mit SPÖ-Hilfe! Jedes Mal mit SPÖ-Hilfe!); Kaufhaus Öster­reich – gescheitert; groß inszenierter Sputnik-V-Ankauf durch Kanzler Kurz – völlig da­nebengegangen und sinnbefreit; Impfstoffherstellung in Israel angekündigt – was wurde daraus?; Coronaampel eingeführt – geendet in einem Ampelchaos; peinlichste Vorgän­ge beim Ankauf des ersten Impfstoffes.

Sie haben als Regierung kein Projekt ohne öffentliche Verwirrung auf den Boden ge­bracht. Der grüne Pass wurde für Anfang Juni versprochen – tatsächlich eingeführt wur­de er dann Mitte August. Über den Sommer hinweg hat die Regierung das Pandemie­management verschlafen. Wie wir aus einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ wis­sen, haben Sie über den Sommer den Geldbetrag für Impfkampagnen zurückgefahren. Sie haben den Geldbetrag für Impfkampagnen zurückgefahren – was für eine Fehlent­scheidung! Das baden jetzt die Österreicherinnen und Österreicher aus, und wir sind im vierten Lockdown.

Im September hat die Regierung nicht gehandelt, denn die Wahlergebnisse in Oberös­terreich waren der ÖVP wichtiger als die Bekämpfung der Pandemie. 3G am Arbeitsplatz ohne das nötige flächendeckende Testangebot: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer sind da zu Recht wütend. Es gibt einen Lockdown für Ungeimpfte (Bundesrat Stei­ner: Ihr habt es mitbeschlossen!), während die Coronazahlen in unbekannte Höhen stei­gen. Das Contacttracing ist mittlerweile zusammengebrochen, die PCR-Teststruktur bricht immer wieder zusammen – außer in Wien: Hier werden täglich 200 000 Gurgeltests rei­bungslos durchgeführt. So kann man es auch machen.

Die Folgen von all dem sehen wir jetzt, und sie sind verheerend. Lockdown vier – und die Leidtragenden sind die Österreicherinnen und Österreicher. Sie haben den Men­schen mit Ihrem Handeln schwere Lasten auferlegt: den Beschäftigten in den systemer­haltenden Berufen, die das Land jetzt in der Lockdownzeit wieder am Laufen halten müssen, den Eltern, die nicht wissen, wie sie jetzt durch diese schwere Zeit kommen, den Kindern, denen Bildung und soziale Kontakte genommen werden. Völlig versagt hat der Bildungsminister. Er treibt die Eltern zur Entscheidung zwischen Infektionsrisiko und Bildungsrisiko, davon werden wir heute noch vieles hören.

Vor allem die Frauen: Mit welchen Belastungen haben sie schon während der gesamten Krisenzeit zu kämpfen gehabt? Jetzt sind es wieder sie, die so viele Lasten tragen. Diese leidvolle Erfahrung haben wir schon während der ganzen Pandemiezeit machen müs­sen: Frauenthemen haben in der Politik von Türkis-Grün nahezu keinen Platz. Der Schutz von Schwangeren ist bis heute nicht umgesetzt – und das bei diesen exorbitant hohen Ansteckungszahlen.

Besonders dramatisch ist die Situation im Pflege- und Gesundheitsbereich. Die Überlas­tung der Krankenhäuser ist nur die Spitze des Eisbergs. Pflegerinnen und Pfleger be­klagen schon seit Jahren die Unzumutbarkeit ihrer Arbeitsbedingungen. Es fehlen Ar­beitskräfte an allen Ecken und Enden. All jenes Gesundheitspersonal, das trotz aller Widrigkeiten tagtäglich das Pandemiemanagement ausbadet, ist am Limit. Diese Men­schen können nicht mehr, das ist eindeutig bewiesen. (Beifall bei der SPÖ.)

577 Menschen auf den Intensivstationen: Was das für die Beschäftigten in ihrer Arbeits­situation dort heißt, kann man sich gar nicht vorstellen. Beschämend ist die Vorgangs­weise der Regierung auch rund um den Coronabonus, der bis jetzt nicht ausgezahlt ist.

Die Verzweiflung in der Wirtschaft ist natürlich groß. Die Angst davor, in einem Touris­musland noch eine Wintersaison zu verlieren, ist mehr als begründet. Die derzeitige Berichterstattung ausländischer Medien über Österreich tut unserem Tourismusland Ös­terreich wahrlich nicht gut.

Der jetzige Lockdown bringt einen Verlust von 2,3 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung, das heißt, jeden Tag gehen 117 Millionen Euro verloren. Die Gastronomie verliert in gro­ßem Ausmaß, und gerade die Handelsbetriebe wissen, dass durch den Lockdown viele ihrer Geschäftsmöglichkeiten Richtung internationalen Onlinehandel wandern – neuer­lich, auch in diesem Herbst. Die Onlineriesen schaffen aber nur ganz wenige Arbeits­plätze. Die Menschen, die dort arbeiten, sind oft von ganz, ganz schlimmen Arbeitsbe­dingungen bedroht. Die Käuferinnen und Käufer gewöhnen sich immer mehr an die di­gitalen Bestellvorgänge, der stationäre Handel leidet.

Der Arbeitsmarkt hatte sich gerade etwas erholt. Jetzt kann ich nur hier stehen und wie alle anderen aus der Sozialpartnerschaft sagen: Bitte, Arbeitgeber, nützt die Kurzarbeit! Behaltet die Arbeitskräfte, damit ihr dann, wenn die Wirtschaft wieder anspringt, wenn der Lockdown vorbei ist, die guten Arbeitskräfte wieder habt! Ich habe nicht gedacht, dass ich diesen Appell noch einmal aussprechen muss. Arbeitsminister Kocher erwartet 400 000 Menschen in Kurzarbeit, die Arbeitslosigkeit wird wieder steigen.

Als hätten die Menschen in diesem Land nicht schon genug Last auf ihren Schultern, kommt auch noch eine enorme Teuerungsrate hinzu. Bei einer Inflationsrate von 3,7 Pro­zent wird es für viele Haushalte immer schwieriger, sich das alltägliche Leben leisten zu können. Explodierende Strom- und Gaspreise, steigende Heizkosten, unleistbare Mieten und steigende Lebensmittelpreise verschärfen die Situation.

Wer soll den aktuellen Lockdown bezahlen? Während sich die Privathaushalte ihr alltäg­liches Leben nicht mehr leisten können, hat es die Regierung für sinnvoll erachtet, die Steuern für Konzerne zu senken – unverständlich!

Durch den Lockdown wird noch Weiteres verstärkt: Die Teuerung trifft auf Kurzarbeits­geld. Das ist insbesondere in den Trinkgeldbranchen ein riesiges Problem. Teuerung trifft auf Arbeitslosigkeit, und die Regierung sieht teilnahmslos zu! Wo ist die Teuerungs­bremse, die die SPÖ schon seit Wochen fordert? Wo ist die Erhöhung des Arbeitslosen­geldes? Warum haben Sie den Familienhärtefonds nicht wieder aktiviert und besser aus­gestaltet? Das Winterpaket des ÖGB sollte rasch umgesetzt werden, um Energiearmut zu verhindern.

All das, dieser vierte Lockdown, hätte nicht sein müssen. (Bundesrat Steiner: Ihr habt mitgestimmt! Ludwig! Was redest du denn?) Ein Sicherheitsnetz für den Herbst hätte schon vor Monaten gespannt werden müssen. Die Konsequenzen dieses gescheiterten Pandemiemanagements spüren aber nicht nur Bundeskanzler Schallenberg oder Minis­ter Mückstein (Bundesrat Steiner: Ihr wart mit dabei!), sondern das Kind im Home­schooling, die Alleinerzieherin im Homeoffice mit zwei kleinen Kindern in der 42-Quadrat­meter-Wohnung, die Pflegerin im Burn-out, der Mann, dessen Operation zum x-ten Mal verschoben wurde, und auch all jene 150 000 Menschen, die sich zurzeit in Quarantäne befinden und den Folgen einer unerbittlichen Krankheit ausgesetzt sind. Das ist Realität.

Wir haben einen neuen Tiefpunkt erreicht, und es liegt jetzt an Ihnen, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Das Pandemiemanagement hat versagt, und wir können es kei­nen Tag länger mittragen. Es muss jetzt etwas passieren, um Fehler nicht zu wiederho­len, um die Menschen in diesem Land zu unterstützen, um endlich das Virus unter Kon­trolle zu bekommen. Die Entschuldigungen, die Sie ausgesprochen haben, sind schon in Ordnung, aber bitte verschonen Sie die Menschen mit taktischem: Es tut uns leid! Und bitte: Wir warten noch immer auf die Entschuldigung von Ex-Kanzler Kurz, der für die­ses Versagen die Hauptverantwortung trägt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesra­tes Arlamovsky.)

Wir stehen mit dem Rücken zur Wand. Die Regierung hat sich für eine Impfpflicht ent­schieden, es gibt noch viele Fragen rund um deren Ausgestaltung. Es sei aber ganz dringend davor gewarnt, die Impfpflichtdiskussion als Vernebelungstaktik zu benützen, um vom Versagen der Regierung in der Pandemiebekämpfung abzulenken. Jetzt braucht es eine Impfkampagne, und zwar eine ganz, ganz starke, einen Impfbooster sozusagen. (Heiterkeit des Bundesrates Steiner.) Gehen Sie auch bitte zu denjenigen hin, die eine Impfung bisher abgelehnt haben! Entschuldigen Sie sich nicht nur bei jenen, die geimpft sind, sondern nehmen Sie alle mit: keine Gräben mehr, keine leeren Verspre­chungen mehr! Dann und dann sperren wir wieder auf – nein, es braucht jetzt Klarheit, Ehrlichkeit und Transparenz. Federn Sie die Teuerung ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Bilden Sie eine Einheit gegen die Destabilisierung des Landes und gegen die Radikali­sierung! 75 Prozent der Menschen haben kein Vertrauen mehr in die Politik. – Bitte, das ist doch für uns alle ein extremes Alarmzeichen!

Wir stellen Ihnen heute 44 Fragen; wir stellen die Fragen, aber die Antworten hat die Bevölkerung verdient.

Zum Abschluss lassen Sie mich bitte noch eines sagen: Gehen Sie impfen, ganz, ganz dringend! Bitte gehen Sie impfen! Schützen Sie Ihr Leben, schützen Sie das Leben der anderen! Jetzt ist es dringender notwendig denn je. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

15.39

Präsident Dr. Peter Raggl: Nun erteile ich Herrn Bundesrat Ingo Appé zur Begründung der zweiten Dringlichen Anfrage das Wort. – Bitte.