11.19

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Herr Präsident! Entschuldigung für die späte Meldung. Werte Mitglieder des Bundesrates! Wir haben durch die Pandemie, betrachtet man die Gesamtzahl der Arbeitslosen, zwar im Moment keine großen Veränderungen im Vergleich zu 2019, wir haben aber große Verwerfungen, das sieht man, wenn man sich die Branchen anschaut. Das betrifft natürlich jetzt vor allem die Tourismusbranche negativ, aber es gibt auch Branchen, die hohen Zuwachs hatten. Wir haben uns zum Beispiel den Vergleich der Beschäftigten im August 2019 mit 2021 angeschaut, und im Bereich der Sozial- und Gesundheitsberufe ist die Zahl der Be­schäftigten um über 10 Prozent gestiegen. Es gibt also auch große Zuwächse, aber natürlich auch Probleme in Bereichen, in denen sich die Pandemie aufgrund der Kontakt­beschränkungen stärker negativ ausgewirkt hat. Deshalb ist es, glaube ich, wichtig, da Unterstützung zu geben.

Es ist, glaube ich, jedem bewusst, der mit jemandem aus einem Betrieb im Tourismus-, Gastronomie-, Hotelleriebereich spricht, dass es große Schwierigkeiten gibt, Mitarbeiter zu finden. Ich habe im Sommer viele solcher Gespräche geführt. Man hört auch oft, dass es fast egal ist, was man an Lohn, an Gehalt anbietet, dass man in gewissen Bereichen, mit gewisser Fachausbildung praktisch niemanden findet. Das liegt natürlich auch an regionalen Unterschieden; auch das darf man nicht vergessen. Wir sitzen hier in Wien, in der Großstadt, da ist die Arbeitslosigkeit klarerweise etwas höher, aber in Tirol oder Salzburg hatten wir im Herbst Arbeitslosenquoten unter 4 Prozent – das ist Vollbe­schäftigung, da findet man am österreichischen Arbeitsmarkt nur mehr sehr wenige, die Arbeit aufnehmen können. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Betreffend die Stammsaisonniersregelung ist es, glaube ich, wichtig, darauf hinzu­weisen, dass es um eine kleine Zahl an Menschen geht, um Menschen, die eben nicht in prekärer Beschäftigung sind, weil sie schon öfters – mindestens dreimal in den letzten fünf Jahren – für mindestens drei Monate jeweils beim gleichen Betrieb beschäftigt waren; die würden ja nicht nach Österreich zurückkommen, wenn die Beschäfti­gungsverhältnisse so prekär wären. Das ist jetzt eine einmalige Lösung für diese Menschen, wir werden sehen, wie viele sie in Anspruch nehmen; sie entlastet auf jeden Fall den Tourismusbereich. Es wurde schon angesprochen, es gab 2012 eine ähnliche Regelung, die, glaube ich, 2011 beschlossen wurde. Wer auf die damalige Zeit zurück­schaut, sieht, dass damals nicht die ÖVP das Arbeitsministerium besetzt hat, sondern die SPÖ (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann); aber die Lage am Arbeitsmarkt war durchaus ähnlich, es gab einfach eine gewisse Knappheit in gewissen Bereichen.

Zum Insolvenzentgeltfonds: Das, was heute auf der Tagesordnung steht, ist eine Reform der Behördenstruktur, eine kleine Reform. Ich glaube, sie ist wichtig, aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch kurz auf den Verordnungsentwurf, der letzte Woche in Begut­achtung war, einzugehen, was den Beitrag zum Insolvenzentgeltfonds betrifft, weil er auch angesprochen wurde.

Es ist im Gesetz geregelt, dass eine Beitragskürzung vorzunehmen ist, wenn die Einnah­men hoch sind. Wir folgen dem Gesetz in diesem Verordnungsentwurf. Die Begutach­tung ist gerade abgeschlossen, wir analysieren natürlich die Stellungnahmen, aber es ist klar, dass es eine Kürzung der Beiträge geben muss, wenn im Topf genug Geld da ist, genauso wie es auch eine Erhöhung der Beiträge geben müsste, wenn zu wenig im Topf wäre. Also es ist völlig klar, dass es da eine Aufforderung gibt, etwas zu tun.

Ich bitte diejenigen, die in den letzten ein, zwei Wochen diesbezüglich aus meiner Sicht teilweise fast schon unverantwortliche Schlüsse gezogen haben, sich das noch einmal zu überlegen. Natürlich hat jede Person, die aufgrund einer Insolvenz arbeitslos wird, Anspruch auf diese Entgeltfortzahlung, unabhängig davon, was im Topf drinnen ist. Es muss gesichert sein, dass genug drinnen ist.

Natürlich stellen wir aufgrund von Prognosen aus der Wissenschaft sicher, dass genug in diesem Top ist. Natürlich wird die Lehrlingsförderung im Ausmaß dessen, was auch in den letzten Jahren aus diesem Topf bezahlt wurde, weiterbezahlt. All das ist gesichert. Ich halte es für sehr, sehr wichtig, dass man das klarstellt, und ich halte es nicht für gut, dass wir eine kleine Anpassung, die da geplant ist, überideologisieren.

Der Insolvenzentgeltfonds ist ein ganz wichtiges Instrument, und er wird es natürlich weiterhin sein; und der Arbeitsminister wird sicherstellen, dass er alle seine gesetzlichen Aufgaben auch in vollem Umfang erfüllt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

11.23