10.26

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Landeshauptmann, auch wir haben eine gemeinsame ÖH-Vergangenheit, zwar nicht zur gleichen Zeit wie Kollegin Steiner-Wieser und Sie, aber dafür in der gleichen Fraktion. Ich war gleichzeitig wie die Frau Präsidentin tätig, allerdings an einer anderen Uni.

Ich möchte auf das eingehen, was Sie gesagt haben – Föderalismus als Wettbewerb der Ideen –, zeigen, welche Gemeinsamkeiten es gibt, herausarbeiten, wo der Bund gefragt ist, einerseits Best‑Practice‑Beispiele, aber andererseits auch Defizite Vorarlbergs nen­nen, die aufzuzeigen uns NEOS wichtig sind, und hinweisen, wo wir uns mehr Engage­ment von Ihnen in Land und Bund erwarten würden.

Der erste Punkt, bei dem Vorarlberg und auch Wien sicher gut liegen, ist der Bereich der Pflege, bei dem Sie einen Schwerpunkt legen müssten. Ähnlich wie Wien versucht Vor­arlberg die Menschen, die pflegebedürftig sind, so lange und so gut wie möglich daheim zu betreuen. Wenn man sich verschiedene Kennzahlen ansieht, erkennt man, dass Vor­arlberg und Wien betreffend ambulante Dienste gemeinsam an der Spitze liegen. Das ist grundsätzlich der richtige Ansatz, denn Heimplätze kosten viel und entsprechen oft nicht den Bedürfnissen der Betroffenen, und deshalb ist für uns NEOS klar, dass eine Reform der Pflege genau diesen Grundsatz, den auch Vorarlberg hochhält – nämlich ambulant vor stationär –, weiterverfolgt.

In Vorarlberg sollte es wie in Wien das Ziel sein, den Großteil der Pflege und Betreuung auch in Zukunft von professionellen Pflegekräften durchführen zu lassen, um die pfle­genden Angehörigen und die Familien zu entlasten. Schlussendlich muss das Angebot an ambulanten, mobilen Pflegediensten so ausgebaut sein, dass niemand darauf ange­wiesen ist, pflegende Angehörige anstellen zu müssen, nur weil kein ausreichendes und finanzierbares anderes Angebot vorhanden ist. (Bundesrat Hübner: Ja, aber wie bitte?!)

Ein weiterer Bereich, der für NEOS Vorarlberg ein großes Thema ist und bei dem der Bund beziehungsweise eine 15a-Vereinbarung viel weiterbringen könnte, ist das Thema Kinderbetreuung. In Vorarlberg wird gerade ein neues Kinderbildungs- und –betreuungs­gesetz verhandelt. Nach Ansicht der NEOS Vorarlberg ist das leider sehr mühsam und zieht sich schon viele Jahre, und das, was bisher am Tisch liegt, ist leider kein großer Wurf. Gerade was das Angebot angeht, könnte Vorarlberg sich sehr viel von Wien ab­schauen. Vorarlberg hat gerade im Kleinkinderbereich im Vergleich der Bundesländer mitunter die teuersten Einrichtungen. Zudem ist gerade im Bereich der Kleinkinder und später dann bei den Schülerinnen und Schülern die Verfügbarkeit von ganztägiger Be­treuung oft noch nicht gegeben.

Auch wenn in Vorarlberg so wie in Wien bereits viel in die Qualität und in bessere Grup­pengrößen, um ein höheres Niveau in Sachen Betreuungsschlüssel zu erreichen, in­vestiert wird, sind auch in Vorarlberg vor allem im Bereich der Ausbildung massive Investitionen notwendig, um Vorarlbergs Familien endlich ein flächendeckendes und vor allem leistbares Angebot machen zu können. Dafür braucht es eine ambitionierte 15a-Vereinbarung, wie wir NEOS schon länger fordern. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Ein wesentlicher Unterschied ist  und das muss für das geplante Gesetz in Vorarlberg auch endlich angegangen werden , dass Eltern bei der Verfügbarkeit und bei der Wahl der Kinderbetreuung noch immer an die Entscheidung der Bürgermeisterinnen und Bür­germeister gebunden sind. Die Eltern in Vorarlberg brauchen mehr Entscheidungsfrei­heit, nicht nur, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht  Stichwort passende Öffnungszeiten , sondern auch, was zum Beispiel die Form der Einrichtung oder die pädagogischen Konzepte angeht. In Vorarlberg sind Familien davon abhängig, ob sich zwei Bürgermeister einig werden, wenn eine Familie einen Platz in einer anderen Gemeinde in Anspruch nehmen will. Da muss man bei der Finanzierung ansetzen und eine neue Logik etablieren, nämlich: das Geld folgt dem Kind  so wie es in Wien an­satzweise schon gemacht wird. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Der letzte Punkt, bei dem Vorarlberg aus NEOS-Sicht quasi Themenführerschaft inne­hat, wie wir auch schon von Kollegen Gross gehört haben, ist die direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung. Möglicherweise durch die Nähe zur Schweiz hat Vorarlberg ein besonderes Verhältnis zur direkten Demokratie. Auch wir NEOS sehen gerade im Be­reich der Bürgerbeteiligung und der direktdemokratischen Elemente auf Gemeindeebe­ne einen wesentlichen Beitrag zu mehr demokratischer Qualität und zur Schaffung einer aktiven Bevölkerung.

In Vorarlberg brachte das Erkenntnis des VfGH zur Volksabstimmung in Ludesch leider einen beträchtlichen Dämpfer, weil das Recht der Gemeindebürgerinnen und -bürger, selbst verbindliche Volksabstimmungen zu initiieren, gegen das repräsentativdemokra­tische Prinzip der Bundesverfassung verstößt.

Der Nationalrat hat bereits beschlossen, dass jetzt ein Länderdialog zum Bedarf einer Weiterentwicklung der Bundesverfassung auf diesem Gebiet gestartet werden soll. Wer, wenn nicht Vorarlberg, könnte da eine führende Rolle einnehmen und diese Rolle viel­leicht auch koordinierend übernehmen. Gerade dieser Aspekt, der für Vorarlberg eine so große Rolle spielt, sollte auch für Ihren Vorsitz in diesem Halbjahr eine größere Rolle spielen  es enttäuscht mich ein bisschen, dass das noch nicht der Fall ist –, denn wenn Vorarlberg einen politischen Exportschlager innerhalb Österreichs haben könnte, wäre das wohl die Möglichkeit zur direkten Demokratie und zur Aufgeschlossenheit gegen­über der Bürgerbeteiligung.

Wir NEOS würden uns daher von der Landesregierung und von Ihnen wünschen, doch noch einen entsprechenden Schwerpunkt im Rahmen des Vorsitzes zu setzen und ko­ordinierend eine führende Rolle im geplanten Länderdialog zu übernehmen.  Vielen Dank. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ.)

10.33

Vizepräsident Günther Novak: Abschließend zu Wort gemeldet hat sich Herr Landes­hauptmann Mag. Markus Wallner. Ich erteile ihm das Wort.