13.43

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Ein Journalist betitelt seinen Kommentar in einer Ta­geszeitung heute mit den Worten „Die Party ist vorbei“. Wenn wir die Themen, die heute auf der Tagesordnung stehen, betrachten, sehen wir, dass wir in Österreich und in Eu­ropa schon sehr viel bessere Zeiten hatten. Wir sind gerade dabei, eine Pandemie zu überwinden, und stehen am Beginn eines Krieges, von dem wir nicht wissen, wohin er führt. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Zur Pandemiebewältigung darf ich auf der einen Seite Minister Mückstein für sein Wirken danken, der ja aus privaten Gründen das Ministeramt zurückgelegt hat, und auf der an­deren Seite dem neuen Minister Rauch, diese Aufgabe übernommen zu haben. Wir werden ihn natürlich bestmöglich unterstützen, dieses Amt in diesen schwierigen Zeiten so gut wie möglich auszuüben.

Zum Krieg in der Ukraine wurde heute schon viel gesagt. Es ist natürlich schlimm für die Betroffenen, was dort passiert. Auch bei uns sind schon Flüchtlinge angekommen, und auch wir haben sehr viele Hilfspakete zusammengestellt, Hilfsladungen vorbereitet, schon Flüchtlinge aufgenommen. Man muss da schon der Bevölkerung danken. Wenn Herr Kollege Kovacs es so darstellt, als hätte Landeshauptmann Doskozil allein diese Hilfe getätigt, muss ich eigentlich sagen, das würde ich mir nicht anmaßen. Bei uns hat schon die Bevölkerung sehr viel zusammengetragen. Da sind sehr viele Hilfslieferungen in die Ukraine gegangen, und ich hätte mir nicht angemaßt, da mitzufahren, um mich für ein Foto hinzustellen. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Wie gesagt, ein großes Danke an die gesamte Bevölkerung für diese Unterstützung, und wir werden sie auch in Zukunft noch brauchen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Hahn.)

Ausgelöst wurde dieses Leid durch eine Entscheidung einer kleinen Gruppe in Russland, ihre Aggression fortzusetzen. Denn man muss schon sagen, es hat ja eine gewisse Strategie. Ich war als Mitglied des Migrationsausschusses im Jahr 2018 in Georgien, auch dort gibt es zwei von Russland besetzte Gebiete. Dort ist es so: Die Menschen in diesen besetzten Gebieten müssen russische Staatsbürger werden oder dieses Gebiet verlassen.

Wir sind am Grenzzaun, den die Russen dort aufgestellt haben, gestanden und haben die Sache eine Viertelstunde lang betrachtet. Dann haben sich im besetzten Gebiet Mi­litärfahrzeuge in unsere Richtung in Bewegung gesetzt, und dann sind wir natürlich so schnell wie möglich von dannen gegangen.

Es gibt aber viele solche Gebiete, etwa Südossetien und Abchasien in Georgien. Es gibt Transnistrien in Moldawien. In Afghanistan hat Russland es versucht und sich ausgeblu­tet. Dann kamen die Krim und Donezk und jetzt die ganze Ukraine. Nach der Besetzung der Krim gab es schon einen großen Aufschrei und auch Sanktionen, aber wir sehen, es hat nichts gefruchtet.

Umso wichtiger ist es, dass dieser Zusammenhalt jetzt so stark ist und dass diese Maß­nahmen so umfangreich und so stark sind, weil man auch einmal Einhalt gebieten muss, denn wie soll es weitergehen, wenn wir eine Außenpolitik machen, wie die FPÖ meint, dass wir sie machen sollen? Wenn die Ukraine eingenommen ist, kommen dann die baltischen Staaten dran? Kommt dann Polen dran? Kommen dann Rumänien, Bulga­rien, Tschechien, Ungarn dran, und werden wir dann erst wach? Das ist eine Außenpoli­tik, wie die FPÖ sie offensichtlich machen will. Man kann sie an einem Namen und einem Bild festmachen, so wie auch die Frauenpolitik, die heute auch schon Thema war, und der Name ist Karin Kneissl, und das Bild ist der Kniefall vor Putin. Das ist eure Außen­politik! – Genau das brauchen wir nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Wichtig ist hier die Entschlossenheit, die gemeinsame Entschlossenheit Europas, und diese haben wir im Europarat gesehen. Schon am 25. Februar gab es den Beschluss im Ministerkomitee, Russland von der Parlamentarischen Versammlung und vom Minister­komitee zu suspendieren. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wird aller­dings weiterhin für russische Bürger offen bleiben. Da gab es doch eine sehr große Ge­schlossenheit. Gegen diesen Ausschluss haben nur Russland und Armenien gestimmt, und enthalten haben sich die Türkei und Aserbaidschan. Man sieht da schon, dass die Geschlossenheit über die EU hinaus geht.

Man sieht das auch am Beispiel der Schweiz, deren Neutralität ja heute immer wieder erwähnt wird, als wäre sie eine bessere als jene Österreichs. Die Schweiz trägt alle Sanktionen, die die EU beschlossen hat, als Nichtmitglied mit. (Zwischenruf des Bundes­rates Ofner.) Also die haben nicht diese Solidaritätspflicht, die es in der Gemeinschaft der EU gibt, und tragen diese Maßnahmen vollinhaltlich mit. Heute habe ich gelesen, es gibt sogar Schweizer Soldaten, die in die Ukraine gefahren sind, um dort mitzuhelfen, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden.

Ich glaube, daran sieht man schon, dass wir durchaus ein Neutralitätsverständnis haben, das den internationalen Standards gerecht wird, so wie das auch in der Schweiz gese­hen wird.

Ich denke, so müssen wir auch handeln, denn wir können nicht einem Aggressor in die Hände spielen und zusehen, wie er handelt. Wir müssen im Rahmen unserer neutralen Möglichkeiten ganz einfach auch Handlungen setzen, um dem ganzen Treiben dort ein Ende zu setzen, damit es für die Bürgerinnen und Bürger wieder ein besseres Leben gibt.

Was wir auch erkennen müssen, dem Thema möchte ich mich jetzt etwas mehr widmen, ist, dass wir in dieser Lage doch sehen, dass wir es uns in den letzten Jahren vielleicht ein bisschen zu leicht gemacht haben. Wir sehen jetzt, dass wir nicht mehr in allen Berei­chen eine Selbstversorgung haben, vor allem nicht im Energiebereich, in Europa zum Teil auch nicht im Nahrungsmittelbereich und im Medikamentenbereich. Ich denke, wir müssen da schnell und umfangreich reagieren, denn Selbstversorgung in diesen wichti­gen Bereichen ist eigentlich strategische Landesverteidigung.

Wir müssen auch einige Dinge überdenken. Wir haben jetzt zum Beispiel in der Landwirt­schaft ein neues Programm vor uns, bei dem wir in der Brache von 5 auf 7 Prozent gehen sollen, was meiner Meinung nach ehrlich gesagt unverständlich ist. Wir können jeden Hektar gebrauchen, um dort Energiepflanzen anzubauen, um uns zum Beispiel am Ener­giesektor unabhängiger zu machen.

Es steht in diesem Programm, wir sollen weniger Pflanzenschutzmittel verwenden. Das ist für mich in dieser Situation auch unverständlich, da es unsere Ertragsfähigkeit ganz einfach mindern wird. Russland macht genau diese Dinge nicht, produziert so gut es geht, beliefert uns, wir nehmen diese Lieferungen von Energie und Nahrungsmittel ab und denken, wir können in unserem eigenen Bereich vielleicht sogar noch besser sein.

Ich muss auch an die Bevölkerung appellieren, in allen Bereichen umzudenken, im eige­nen Bereich mit einer PV-Anlage anzufangen, nicht mehr gegen jedes Wasserkraftwerk und gegen jedes Windrad zu demonstrieren, denn eines muss uns klar sein: Wenn wir in Zukunft am Energiesektor unabhängig sein wollen, dann wird das in der Landschaft auch sichtbar sein. Das muss uns allen klar werden. Ich verstehe auch die Anträge, die heute gestellt werden wie einer gegen die grüne Inflation , nicht. Also wenn man aus einem Land wie Österreich kommt, in dem es fast kein Öl gibt, kein Gas gibt, keine Kohle gibt, in dem wir keine Atomkraft wollen, dann muss es doch gerade in dieser Situation das allerdringlichste Ziel sein, so schnell wie möglich auf ökologische Energie umzu­stellen, denn nur die haben wir zur Verfügung.

Ich denke, das ist das Ziel, das wir jetzt angehen müssen, damit wir strategisch unsere Landesverteidigung, unsere Neutralität aufrechterhalten können, denn das können wir nur, wenn wir tatsächlich unabhängig sind. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

13.53

Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Als Nächste zu Wort gemeldet ist jetzt unsere Kollegin Doris Hahn. – Bitte.