15.42
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen! Schade, ich hätte wahnsinnig gerne nach dem Verweis auf Johanna Dohnal weitergesprochen.
Heute ging es schon darum, wie wichtig es ist, dass Frauen ökonomisch unabhängig und selbstbestimmt sind – und ja, Gleichstellung ist eben die wichtigste Maßnahme gegen Gewalt an Frauen und Kindern. Glücklicherweise machen da Justizministerium und Innenministerium auch sehr viel.
Im Bericht lese ich nun, dass die Zielsetzung – Förderung der Gleichstellung am Arbeitsmarkt und das Schließen des Genderpaygaps – begrüßt wird. Ich schlage ein bisschen in dieselbe Kerbe wie Frau Kollegin Hahn, aber etwas freundlicher. Das ist gut, dass es begrüßt wird, aber eigentlich müssen wir es mit Vehemenz fordern.
Es wird darauf verwiesen, dass die Zuständigkeiten in vielen Punkten beim Arbeitsministerium liegen, zum Beispiel bei der Umsetzung gleichberechtigter Führungsverantwortung und Antidiskriminierung. Das stimmt wohl, aber – und auch da muss ich das ein bisschen wiederholen – es liegt an der Frauenministerin, die diese Anliegen der Frauen vertritt. Daher würden wir uns freuen, wenn Sie in Fragen der Frauenförderung und der Gleichstellung mit und für andere Ministerien unterstützend, hinweisend und aufklärend arbeiten. Ich rege auch an, dass Sie Ihre Minister- und ParteikollegInnen auf EU- und auf Bundesebene an Frauenpolitik erinnern.
Ein kleines Beispiel: Es wurde auch die Lohntransparenz angesprochen. Österreich hat eigentlich viel strengere Regelungen in Bezug auf die Lohntransparenz. In der EU sollen ab 250 MitarbeiterInnen die Löhne verpflichtend offengelegt werden, in Österreich gilt das seit 2014 schon ab 150 MitarbeiterInnen. Ich komme aber wieder auf den vorbildlichen Norden zurück, auf Island: Dort müssen Unternehmen schon ab 25 MitarbeiterInnen aktiv nachweisen, dass Frauen und Männer gleich viel für die gleiche Arbeit bekommen. Dieses Gesetz zeigt Wirkung – denn der Unterschied im Gehalt bei vergleichbaren Jobs macht in Island gerade einmal 5 Prozent aus. In Österreich ist er mit 19 Prozent fast viermal so hoch. Lohntransparenz ist also eine von vielen Maßnahmen, um den grottenschlechten Genderpaygap in Österreich zu schließen; denn erst wenn es diese volle Lohntransparenz gibt, können die Frauen auch ihr Recht auf gleiche Bezahlung geltend machen.
Ein weiterer Punkt – ich habe ihn heute schon, vor allem in Richtung FPÖ schauend, erwähnt – sind die Quoten. Quoten wirken auch in Vorständen und Führungsteams – und da wäre es toll, wenn wir mit gutem Beispiel vorangehen, weil wir da noch bei circa 10 Prozent herumsumpern.
Kurz zum Antrag von der SPÖ bezüglich 15a-Vereinbarung Elementarpädagogik: Ja, das ist gut und es ist schön, dass wir heute nach dem Frauenkampftag auch noch einmal darüber reden. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Ja, es braucht dringend ganzjährige, ganztägige und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung in ganz Österreich, das haben wir das letzte Mal auch schon gesagt, und es braucht auch für die PädagogInnen Verbesserungen. Das wird auch gerade zwischen Bund und Ländern verhandelt. Der Bund stellt die notwendigen Mittel zur Verfügung, aber wir sind im Bundesrat und in der Länderkammer, und da sitzen wir auch als LändervertreterInnen, und es liegt auch an uns, an den LändervertreterInnen, da zu einem guten Ergebnis zu kommen. (Ruf bei der SPÖ: Ja, zustimmen!)
Erfreulich ist, dass auf der EU-Agenda der umfassende – also nicht nur am Arbeitsplatz stattfindende – Schutz vor Diskriminierung von LGBTIQ-plus-Personen enthalten ist. Wir erinnern uns an den Beherbergungsbetrieb, der damit warb, keine homosexuellen Gäste aufzunehmen. Das darf in unserer sich modern rühmenden Gesellschaft nicht mehr vorkommen.
Es gibt eine Zeitverwendungsstudie, die gerade in Auftrag gegeben worden ist, in der festgestellt wird, wie viel Zeit Männer und Frauen in Österreich für welche Tätigkeiten aufbringen, und an der auch abgelesen werden kann, wer was macht; das ist gerade in Ausarbeitung. Das ist gut so, denn sie dient als Grundlage für arbeitspolitische und auch familienpolitische Maßnahmen.
Ich möchte nun wieder zum Anfang zurückkommen, auch mit dem Verweis auf das Arbeitsministerium, und einen Appell an die Zusammenarbeit richten. Wie wir eh immer wieder auch gehört haben, funktioniert nämlich die Zusammenarbeit von Justiz- und Innenministerium im Gewaltschutz für Frauen und Kinder schon sehr gut, und sie sind in permanentem Austausch. Es wird immer besser, es wird fast jedes Mal, wenn wir hier sind, ein neues Gesetz in diese Richtung beschlossen. Dieser Austausch wäre auch zwischen Frauen- und Arbeitsministerium toll und wünschenswert.
Ich komme nun zu einem ganz anderen Punkt, zu den Medien und dem Aktionsplan für Demokratie: Die Europäische Kommission will die Unterstützung freier und unabhängiger Medien sowie den Medienpluralismus gefördert wissen. Sie kündigt Maßnahmen zur Schaffung von mehr Transparenz bei politischer Kommunikation und Werbung – ja, Stichwort Inserate – genauso wie transparente Parteienfinanzierung an. In Österreich werden wir diesbezüglich wohl auch schneller sein, zumindest hoffe ich es. Auch hier liegt ein entsprechender Entwurf vor und wird im Einvernehmen mit allen Fraktionen gerade abgestimmt.
Angesichts der verheerenden Propaganda in Russland haben wir aber die Bedeutung von transparenter politischer Kommunikation für die Demokratie wohl deutlich vor Augen. Neben der Informationsklarheit, die ich vorhin angesprochen habe, bedarf es aber jedenfalls auch der Informationsbreite. Vor allem die Medien, die Qualitätsjournalismus betreiben und recherchierende Journalistinnen und Journalisten bezahlen, müssen verstärkt gefördert werden – und nicht die, die das nicht tun. Genauso braucht es eine Förderschiene für digitale Qualitätsmedien und mehr Digitalisierungskompetenz.
Informationsbreite und bessere Einblicke liefern investigative JournalistInnen. Gegenüber solchen kommt es aber immer mehr zu rechtsmissbräuchlichen Formen von Klagen: Klagen auf Verleumdung, Rufschädigung, üble Nachrede oder Schadenersatz mit meist sehr hohem Streitwert und geführt von großen Unternehmen oder aus einer Machtposition heraus. Solche Klagen nennt man Slapp-Klagen – Strategic Lawsuits against Public Participation.
Diese erfüllen gewollt oder ungewollt den Zweck, die Menschen einzuschüchtern, die im öffentlichen Interesse kritisch auf soziale, ökologische oder politische Missstände aufmerksam machen und gegen sie auftreten. Ziel ist, direkt oder indirekt die Aufklärung der Öffentlichkeit zu stoppen. Das ist der Punkt: Die Beklagten handeln nicht aus privatem Gewinnstreben, sondern aus gesellschaftspolitischen Motiven, die der Allgemeinheit und der Demokratie zugutekommen, die KlägerInnen aus privaten Macht- und Gewinninteressen.
Die KlägerInnen können es sich leisten, diese Gerichtsverfahren zu betreiben – die einzelnen JournalistInnen, AktivistInnen oder MitarbeiterInnen von Nichtregierungsorganisationen nicht. Sie können es sich weder zeitlich noch finanziell leisten. Sie sind mit immens hohen existenzbedrohenden Anwaltskosten, jahrelangen Gerichtsprozessen und mit horrend hohen Schadenersatzforderungen konfrontiert. Dabei sollen sie zermürbt werden und mit ihrer Kritik und ihrem Protest aufhören. Slapp-Klagen sind, wie der Name schon sagt, ein Schlag ins Gesicht für die Betroffenen, aber auch für die Demokratie und für die Rechtsstaatlichkeit.
Ganz aktuell, wir erinnern uns sicher noch, begegnete uns eine solche Klagsandrohung im Rahmen des Kampfes um die Erhaltung der Lobau. Die Stadt Wien drohte den AktivistInnen, sie auf Schadenersatz in Millionenhöhe zu klagen. Die zuständige Stadträtin hat diesen Angriff auf die Demokratie glücklicherweise wieder zurückgenommen.
Diese Thematik kommt aber nicht nur im Rahmen von Umweltprotesten auf, sondern auch im Rahmen von Friedensbewegungen. Nicht nur der Einzelfall ist allerdings problematisch, sondern vor allem die abschreckende Wirkung, die solche Klagen auf die kritischen Stimmen in der Gesellschaft haben. Systematisch gesehen ist das ja auch das Ziel solcher Klagen. Untersuchungen zeigen leider, dass Slapp-Klagen in letzter Zeit in Europa stark zugenommen haben. Sie sind ein frontaler Angriff auf das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf kritische Berichterstattung und Protest. Werden diese Rechte bedroht, schadet das der Demokratie immens. Daher sind die in Aussicht gestellten Maßnahmen der EU zur Bekämpfung solcher Klagen wichtig und richtig. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
15.52
Vizepräsident Günther Novak: Ich habe noch einen Nachtrag: Der von den BundesrätInnen Doris Hahn, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Verbesserungen im Kindergarten- und Elementarbildungsbereich umsetzen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. Ich erteile ihr das Wort.