21.22

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Werte Zuseherinnen und Zuse­her, so Sie noch vor dem Bildschirm sind! Dass uns heute dieses Gesetz zur Beschluss­fassung vorliegt und wir darüber beraten, hängt sicherlich auch sehr stark mit der Neu­regelung der Sterbehilfe in Österreich zusammen. Allerdings ist es nicht so, dass es erst durch diese neue Situation notwendig geworden wäre, sich mit dem Bereich Palliativ- und Hospizversorgung zu beschäftigen, denn in diesem Bereich hinkt das Angebot schon lange weit hinter dem Bedarf hinterher.

Ich selbst bin ausgebildete Trauer- und Sterbebegleiterin, habe lange Zeit auch als Ster­bebegleiterin ehrenamtlich gearbeitet und arbeite noch immer als Trauerbegleiterin, und ich darf Ihnen allen sagen, dass gerade diese sehr herausfordernde Lebensphase, die halt am Ende des Lebens steht, wirklich eine ist, die nicht nur mehr Beachtung verdient, sondern schon lange mehr finanzielle Mittel verdient hätte. Es war längst an der Zeit dafür! Und, Herr Minister, an dieser Stelle bitte ich Sie wirklich: Es ist, so wie es auch da längst an der Zeit war, auch für die Pflege schon längst an der Zeit – beziehungsweise weit über der Zeit –, dass die Pflegereform endlich angegangen wird. Bitte kommen Sie jetzt vom Reden zum Tun! Es ist notwendig! (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrä­tin Schartel.)

Frau Kollegin Eder-Gitschthaler hat schon sehr viel über den Inhalt gesagt, über die fi­nanziellen Mittel, die jetzt für diesen Bereich gesichert werden. Man muss aber auch eines sagen: Zum Teil ist es so, dass einfach auch Ressourcen umverlagert werden. Es ist ja nicht so, dass der Bedarf jetzt plötzlich entsteht, sondern er ist da, und bisher wurden Menschen in dieser Lebensphase in der Grundversorgung betreut, das heißt in den Krankenhäusern, in den Langzeitpflegeeinrichtungen oder in den Familien – und natürlich haben sie dort sowohl kompetente menschliche Ressourcen benötigt als auch finanzielle Ressourcen, die jetzt umverlagert werden. Es ist also nicht ganz so, dass dieses Geld jetzt ganz neu dazukommt.

Was man auch berücksichtigen muss, gerade in diesem Bereich, ist – und ich erlebe es immer wieder –, welche Folgekosten für das System entstehen – und das ist auch ein Bereich der Grundversorgung –, wenn Menschen in dieser Lebensphase in den Familien ohne professionelle Unterstützung begleitet werden, denn dann werden die Angehörigen krank, körperlich und auch psychisch, und auch das kostet viel Geld. Einsatz und Mittel­einsatz gerade in diesem Bereich – ich sage es jetzt, wie es ist – sparen auf lange Zeit gesehen dem System, der Volkswirtschaft Kosten und damit Geld, aber sie machen vor allem das Leben sowohl für jene, die gehen, als auch für jene, die dann noch bleiben, um so vieles einfacher.

Wichtig ist für mich auch ganz besonders, dass es Qualitätskriterien gibt – das ist ganz wesentlich –, dass Vereinbarungen eingehalten werden müssen, dass es Ziele gibt, die vereinbart werden. Ich habe auch ein paar Zahlen mitgebracht, weil ich glaube, dass diese ganz besonders verdeutlichen, warum der Bereich der Palliativ- und Hospizversor­gung so wichtig ist:

Es werden einerseits in Österreich – ich habe die Zahlen aus dem Jahr 2019 – 61 Pro­zent aller Erwachsenen mit unheilbaren Tumoren in Krankenhäusern auf ihrem letzten Weg begleitet. In meinem Bundesland, in Niederösterreich, sind es ein bisschen weni­ger, 56 Prozent, nichtsdestotrotz, es ist zu viel. Noch erschütternder ist es für mich, wenn ich mir die Zahlen der bis 18-Jährigen anschaue, der Kinder, der Jugendlichen, der jun­gen Erwachsenen: Von diesen versterben 71,6 Prozent im Krankenhaus. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass wir in Österreich einfach viel zu wenige pädiatrische Pal­liativbetten haben und dass wir viel zu wenige stationäre Kinderhospize haben. Statio­näre Kinderhospize muss es bitte in jedem Bundesland geben, und es muss in jeder Jugendheilanstalt, in jeder Abteilung für die Jugend Palliativbetten geben. Das, was es in Österreich gibt, ist zu wenig, es muss mehr sein!

Wir reden immer davon, was wir den Kindern, den Jugendlichen schuldig sind. Wir sind es nicht nur denen schuldig, die eine Zukunft auf dieser Welt vor sich haben, wir sind es allen schuldig, auch denen, die in dieser schwierigen Phase sind.

Ich bitte wirklich und ich ersuche inständig darum, dass wir mit den Summen, die genannt wurden, nicht aufhören, sondern dranbleiben an einem wirklich guten Ausbau, Aufbau und Erhalt der Hospiz- und Palliativeinrichtungen – aller, die im spezialisierten Bereich sind, im betreuenden und im unterstützenden. Es ist ein Bereich der Pflege, aber es ist auch ein Bereich des Lebens. Achten wir auf diesen Bereich des Gesundheitssystems, des Krankensystems! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen der ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

21.29

Vizepräsident Günther Novak: Mittlerweile eingetroffen ist Herr Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher. – Herzlich willkommen! (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. Ich erteile ihm das Wort.