16.09

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Werte Frau Bundesministerin! Herr Minister! Hohes Präsidium! Ich hoffe, Frau Ministerin, dass ich Ihre Aufmerksamkeit jetzt bekomme. Ich hoffe auch, dass deutlich ist, dass das Verhalten, das vorhin hier an den Tag gelegt wurde, denjenigen, die es gezeigt haben, ein Zeugnis ausstellt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.) Ich glaube, Sie wissen, wovon ich spreche.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher und Zuhörer hier auf der Galerie und zu Hause! Das Thema ist die EU-Jahresvorschau 2022, der Bericht der Ministerin. Das Motto lautet: „Europa gemeinsam stärker machen“, stärker aus der Krise hervorgehen! Die Krise ist eingearbeitet, und im Fokus stehen die Prioritäten, die ja schon 2020 ganz stark festgelegt wurden.

Dazu gehört der Green Deal, der grüne Wandel. Wir wissen, dass dieser grüne Wandel, der beschleunigt werden muss, unerlässlich ist und im Fokus stehen muss. Da fordere ich auch den Koalitionspartner auf, darauf jetzt Augenmerk zu legen, denn das eine ist die Jahresvorschau, der Bericht, das andere jedoch ist die Umsetzung, die folgen muss. Diese Umsetzung spiegelt sich schon im GAP-Strategieplan, im Strategieplan für die Gemeinsame Agrarpolitik und die nationale Umsetzung, wider.

Im Strategieplan vermissen wir eines schon sehr, nämlich die Nachhaltigkeit und die Umweltschonung, das Augenmerk, das auf die Reduktion von chemisch-synthetischen Pestiziden gelegt werden sollte. Nicht nur wir vermissen das, Frau Ministerin, sondern wie wir jetzt wissen, vermisst das auch die Kommission, denn der Observation Letter spricht eine klare Sprache.

Der Grüne Deal geht von einer Reduktion um 50 Prozent aus, und im Strategieplan fehlt dazu einfach alles. Jetzt soll und muss nachgebessert werden. Ich hoffe, Frau Ministerin, dass Sie das einarbeiten werden, denn wenn wir da jetzt nicht die Genehmigung be­kommen, dann wird uns die Zeit davonlaufen. Das zieht ja einen Rattenschwanz hinter sich her, und es gibt dann vieles umzusetzen, zum Beispiel auch für die AMA.

Deshalb frage ich Sie jetzt, Frau Ministerin: Was wird der voraussichtliche Inhalt des Vorschlags zur Überarbeitung der Richtlinie über die Verwendung von Pestiziden sowie die Stärkung des integrierten Pflanzenschutzes sein? Was ist da vorgesehen? – Nichts ist auf jeden Fall zu wenig. (Beifall bei der SPÖ.)

Den Green Deal zu kippen – und da wende ich mich jetzt schon auch in Richtung FPÖ und denke an das, was Herr Bernard gesagt hat – ist tödlich. Das Aussetzen der Nach­haltigkeits- und Umweltziele wirkt sich ganz unmittelbar aus, auch auf die Qualität und die Quantität der Lebensmittel, denn dort, wo die Umwelt ruiniert ist, wächst nichts mehr, dort kann man auch nicht mehr ausreichend produzieren.

Natürlich: Die geopolitische Lage, dieser furchtbare Krieg in der Ukraine, wirft ein neues Licht auf den Bericht. Es ist, glaube ich, nicht zu bestreiten, dass so manche Strömung besteht, die Ukrainekrise dafür zu nützen, Umweltthemen zu vernachlässigen. Das ist ein Irrweg, und da ist Aufklärung notwendig!

Kollege Lackner war es, der heute von Angst- und Panikmache gesprochen hat. Auch in diesem Bereich passiert Angst- und Panikmache, und die wird ganz, ganz gezielt von Lobbyisten eingesetzt, sie wird ganz, ganz gezielt dazu ausgenützt, Preistreiberei zu betreiben.

Es ist Ihre Pflicht, darauf zu achten, dass man den Landwirten und Landwirtinnen nicht den Ast absägt, auf dem sie sitzen, und damit auch das Sterben des Baumes zu ver­hindern, auf dem wir alle sitzen, denn Umweltpolitik ist die Zukunft. Die Versorgungssi­cherheit von uns allen hängt davon ab, dass wir diesen Green Deal einhalten und schaffen.

Ich komme zu dem, was Kollege Bernard vorhin gesagt hat: Brachflächen aussetzen! Brache, 10 Prozent, brauchen wir nicht mehr! – Auch das ist ein Irrweg, auch das ist ein Aberglaube. Die europäische Versorgungssicherheit ist gegeben, und das hat die Exper­tin im Ausschuss gestern auch ganz eindeutig gesagt. Kollege Bernard ist nicht da, aber er war im Ausschuss, also muss er es auch gehört haben. Ja, es gibt eine globale Krise, regional mit ziemlichen Verschärfungen (Zwischenruf bei der FPÖ) – er telefoniert –, aber nicht in Österreich. Bei uns sind die Lager voll, es gab im Vorjahr eine gute Ernte. Diese Panikmache mit Lebensmittelknappheit, mit Versorgungsunsicherheit dient also nur der Preistreiberei.

Sie wissen es, Frau Ministerin, mittlerweile ja auch als Rohstoffministerin: Das große Problem ist eher die Energieversorgung, nicht die Versorgung mit Lebensmitteln. Le­bensmittel gibt es genug. Dass die Kosten so explodieren, liegt schon auch an den Spe­kulanten, an den Spekulantinnen, an denen, die jetzt daran Geld verdienen.

Im Gespräch mit Bauern wurde mir schon gesagt: Es war genau die ÖVP, es waren die NEOS und die FPÖ, die teilweise seit Jahrzehnten darauf pochen, dass auf dem Roh­stoffmarkt dereguliert und liberalisiert wird. Jetzt aber ist es an der Zeit, zu regulieren, denn damit können Sie den Landwirten und den Landwirtinnen helfen und sowohl zum Wohle dieser Berufssparte, zum Wohle der Menschen, die uns versorgen, als auch der KonsumentInnen und der Umwelt eingreifen.

Eines ist ganz sicher: Der Profit der Agrarkonzerne, der Spekulanten wird uns nicht ret­ten, er wird uns und die nachfolgenden Generationen nicht versorgen. Da haben Sie jetzt das Blatt in der Hand. Jetzt müssen Sie ausspielen – und das ordentlich und im Sinne der Zukunft, nicht im Sinne einiger weniger Lobbyisten und Spekulanten, die jetzt mit der Angst und durch die Angst der Menschen Profit machen wollen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.17

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. Ich erteile dieses.