10.03

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Bundesminister! Geschätzte Staatssekretärinnen! Herr Staats­sekretär! Ich darf Ihnen allen ein herzliches Grüßgott hier im Bundesrat sagen und darf mich auch vorweg schon bedanken, dass Sie sich heute vorgestellt haben und dass Sie sich auch der folgenden Diskussion hier im Bundesrat stellen werden.

Wer hätte vor drei Jahren gedacht, dass wir uns im Jahr 2022 in einer so schwierigen Situation befinden, dass wir eigentlich von Mehrfachkrisen geplagt sind – es wurde schon angesprochen –, angefangen bei der Pandemie über die Teuerung bis hin zur leider vorherrschenden Invasion in die Ukraine. Wir durchleben eine sehr schwierige, wenn nicht die fast schwierigste Phase in der Nachkriegszeit.

Für alle Verantwortungsträger, aber insbesondere die Regierenden – in Österreich, aber auch darüber hinaus – ist das eine sehr fordernde Zeit. Die notwendigen Entschei­dungen mussten in den letzten zwei Jahren häufig sehr rasch getroffen werden, die tatsächlichen Auswirkungen konnten oft erst im Nachhinein bewertet werden. Diese Bewertungen waren durchaus auch mit Kritik behaftet, berechtigter- oder unberechtigter­weise, aber so funktioniert Politik und das ist auch die Aufgabe der Politik.

In dieser extrem fordernden Zeit haben sich nach dem Ausscheiden der beiden Bundesministerinnen Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck Gott sei Dank sehr schnell wieder äußerst kompetente und meiner Ansicht nach sehr geeignete Per­sonen gefunden, die sagen: Ich will mich wirklich nach bestem Wissen und Gewissen und ausgestattet mit meinem Können und meinen Erfahrungen einbringen und dazu beitragen, dieses wunderschöne Land durch die bereits angesprochenen Krisen zu führen. Dafür vorweg an alle, die sich bereit erklärt haben, im Team der Bundesregierung mitzuwirken, ein großes Dankeschön! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Bevor ich mit ein paar Sätzen auf die neuen Mitglieder auf der Regierungsbank eingehe, darf ich mich auch im Namen des Bundesrates und vor allem im Namen meiner Fraktion für die Arbeit der ausgeschiedenen Bundesministerinnen bedanken. (Bundesrat Steiner: Im Namen des Bundesrates tust du gar nix!)

Beginnen möchte ich bei Bundesministerin Margarete Schramböck: Sie hat fünf Jahre ihre ganze Kraft für die Wirtschaft in unserem Land aufgewendet (Ruf bei der SPÖ: Kaufhaus Österreich! – weitere Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ), hat mit gezielten Maß­nahmen insbesondere in der Pandemie dafür gesorgt, dass vieles am Laufen gehalten worden ist.

Mir fällt da insbesondere die Investitionsförderung ein, die sie, wie ich glaube, sehr erfolg­reich vorbereitet hat. Diese Investitionsförderung hat, wie wir alle wissen, Tau­sende Ar­beitsplätze gerettet und hat auch unsere Wirtschaft am Laufen gehalten. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Steiner: Das Kaufhaus Österreich wäre da hervorzuheben!) – Ja, genau, Kollege Steiner, weil du das Kaufhaus Österreich ansprichst: Ich habe mir in Vorbereitung auf diese Rede auch das wunderbare Projekt der berittenen Polizei des Fraktionsvorsitzenden Kickl angeschaut (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ) – berittene Polizei mit Fantasieuniformen – und ich habe mir auch die Kosten angeschaut. (Ruf bei der FPÖ: Da wart ihr ja dabei!) Dagegen war das Kaufhaus Österreich ein Lercherlschas. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Das Kaufhaus Österreich hat wenigstens den Ansatz gehabt, unserer Wirtschaft in einer sehr schwierigen Zeit zu helfen, damit nicht alles in die digitalen Kaufhäuser außerhalb von Österreich, in Europa und international, abwandert. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Sie brauchen sich also nicht mit den Projekten der Regierung zu rühmen! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich darf mich auch bei Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger bedanken, die ja einen großen Verantwortungsbereich innehatte, angefangen bei Landwirtschaft, Tourismus über Digitalisierung bis hin zum Zivildienst. Elisabeth Köstinger hat in diesen Bereichen sehr viel weitergebracht.

Auch ihre Arbeit war in den letzten zwei Jahren natürlich sehr von der Pandemie geprägt. Gerade den Bereich Tourismus, der ja in vielen Regionen unseres Landes die ent­scheidende Wirtschaftskraft ist, hat sie mit den von ihr zusammengestellten Hilfspaketen mit einem blauen Auge durch die Krise gebracht. (Bundesrat Ofner: Und ihm ein zweites blaues Auge verpasst!) Tausende Arbeitsplätze wurden damit gerettet und gesichert, insbesondere in Regionen, wo es zum Tourismus kaum Alternativen gibt.

Auch im Bereich der Landwirtschaft, das hat der neue Landwirtschaftsminister schon angesprochen, hat Elisabeth Köstinger durch die Vorbereitung der Gemeinsamen Agrar­politik, durch die Vorbereitungen zur Herkunftskennzeichnung, aber auch durch das Tierwohlpaket, das kurz vor der Beschlussfassung steht, sehr, sehr vieles auf den Weg gebracht, das der heimischen Landwirtschaft sehr nutzen wird.

Im Zusammenhang mit Elisabeth Köstinger möchte ich noch ein durchaus menschliches Thema ansprechen, und zwar den Druck, dem Elisabeth Köstinger in den letzten Jahren vor allem durch – ich möchte es so benennen – militante Tierschützer ausgesetzt war, die sie Tag und Nacht bis in ihren privatesten Bereich hinein verfolgt und ein Privatleben kaum mehr möglich gemacht haben. Wenn man so einem Druck ausgesetzt ist, verstehe ich es, muss ich gestehen, dass man in Zeiten wie diesen sagt: Es reicht, ich habe meinen Dienst in der hohen Politik getan und will mich wieder in ein normales Leben zurückziehen. Danke also noch einmal an Elisabeth Köstinger für ihre Arbeit! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Ich möchte jetzt aber natürlich nach vorne blicken und darf die drei neuen Gesichter auf der Regierungsbank – insbesondere Bundesminister Norbert Totschnig, Staatssekre­tärin Susanne Kraus-Winkler, aber auch Staatssekretär Florian Tursky – noch einmal herzlich im Bundesrat begrüßen und ihnen nur das Beste für ihr Tun wünschen!

Liebe Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler, ich komme aus einem Bundesland, das sehr vom Tourismus geprägt ist, und aus einem Bezirk, der noch stärker vom Tourismus geprägt ist. Mein Bezirk Landeck hat 44 000 Einwohner – dass man sich das ein bisschen vorstellen kann – und weist 8,8 Millionen Nächtigungen auf. Umgerechnet auf die Einwohnergleichwerte hat mein Bezirk 44 000 Einwohner und täglich kommen 24 000 Touristen dazu, das nur, damit man weiß, welche Rolle der Tourismus in meinem Bezirk spielt. Ich bin sehr glücklich darüber, dass es in diesem Staatssekretariat gelun­gen ist, eine der, glaube ich, am besten geeigneten Personen zu finden, die sich um dieses so wichtige Ressort kümmern wird. Ich darf der Staatssekretärin alles Gute wünschen und ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit. (Beifall bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Ich darf auch die beiden Tiroler noch schnell im Hohen Haus begrüßen. Florian Tursky, ich kenne dich persönlich, ich weiß um dein einschlägiges Know-how, das du in dieses Staatssekretariat mitbringst. Du hast es angesprochen: Die Pandemie hat wenig gute Seiten gehabt, in der Digitalisierung aber hat sie uns sehr weitergebracht. Es ist inzwi­schen in jeder Berufsgruppe möglich, Videokonferenzen abzuhalten, das Know-how ist da, die Hardware ist da, die Software ist da. Ganz wichtig ist auch, dass die schnellen Leitungen da sind, das hast du aber selber angesprochen.

Zum Abschluss noch zu unserem neuen Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, ihn kenne ich noch länger und persönlich sehr gut. Norbert Totschnig hat es beschrieben: Aufgrund seines Aufwachsens und natürlich aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit ist er einer der besten Kenner der heimischen Land- und Forstwirtschaft. Er weiß, vor welch großen Herausforderungen die heimische Land- und Forstwirtschaft steht.

Wir haben die große Verantwortung, für die Ernährungssouveränität in unserem Land zu sorgen. Die bäuerlichen Familien arbeiten hart dafür, unsere gemeinsame Aufgabe aber ist es, dafür zu sorgen, dass es auch einen entsprechenden Lohn dafür gibt, denn sonst werden sich die bäuerlichen Familien leider auch nach Alternativen umsehen, wo es mehr zu verdienen gibt. Dazu braucht es faire Produktpreise und vor allem auch immer wieder die Anerkennung der allgemeinen Leistungen, die die BäuerInnen für die Gesellschaft erbringen. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Die GAP ist im Finale, die Herkunftskennzeichnung ist auf den Weg gebracht. Das sind viele positive Punkte, es wurde aber auch angesprochen: Die Landwirtschaft leidet wie viele andere Berufsgruppen sehr unter den Teuerungen, die die Pandemie und die Inflation mit sich gebracht haben: im Bereich Energie, Düngemittel, Futtermittel. (Bun­desrätin Schumann: Wieso? Ihr habt sie doch eh so gut entlastet!) Das ist eine große Belastung für die bäuerlichen Betriebe, da brauchen wir ein Ausgleichspaket. (Bundes­rätin Schumann: Ach so! Und für die anderen nicht!) Dieses ist, glaube ich, geschnürt und es muss verkündet werden. (Bundesrätin Schumann: Ach, es ist eh schon fertig ...!) Je früher, desto besser, weil die Landwirte schon sehr darauf warten.

Du hast es angesprochen, Norbert, und ich nehme dich beim Wort: Du hast gesagt, du bist auch für die Regionen zuständig. Wir hatten gestern hier eine sehr spannende und inhaltsreiche Enquete. Es geht darum, den Regionen die Chancengleichheit zu geben. Ich möchte einen Antrag aufgreifen, den unser Fraktionsvorsitzender Karl Bader für die Regionen im Bundesrat eingebracht hat: Bundesratsvorsitzender Karl Bader hat gefor­dert – der Beschluss wurde hier im Bundesrat gefasst –, dass vor jeder Neuansiedlung einer Bundesbehörde in Wien geprüft wird, ob diese Behörde nicht gleich irgendwo in einem Bundesland angesiedelt werden kann (Bundesrätin Schumann: In Wien? – Ruf bei der SPÖ: Bei jeder Schaffung einer neuen Bundesbehörde!), weil wir mindestens gleich kompetente Mitarbeiter haben (Bundesrätin Schumann: Bei jeder Schaffung! Da war der Text falsch!) und weil wir natürlich auch schauen müssen, dass unsere Mitar­beiter einmal einen Arbeitsplatz in der Region finden können. (Bundesrätin Grimling: Schaffung!) Es ist nicht selbstverständlich, dass beispielsweise die Wildbach- und Lawi­nenverbauung ihren Sitz in Wien hat.

Vielen Dank und alles Gute noch einmal an die neuen Mitglieder. (Neuerliche Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Wir freuen uns, wenn uns die neuen Mitglieder oft im Bundesrat besuchen und uns nachher natürlich für Fragen und Antworten zur Verfügung stehen. – Vielen Dank und alles Gute! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.15

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. Ich erteile dieses.