12.30

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Anwesende auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich glaube, Sie werden es ver­stehen, wenn ich in den Dankeschor gegenüber den aus der Regierung ausgeschie­denen Mitgliedern nicht einstimme, sondern mich etwas den offenen Baustellen der Vorgängerin von Herrn Bundesminister Totschnig widme – aber keine Angst, nicht allen offenen Baustellen, denn das würde den Rahmen meiner Redezeit sprengen.

Ich möchte mich einem Thema explizit widmen, nämlich dem des Trinkwassers. Der Bundesrat wird zu Recht als Zukunftskammer bezeichnet. Auch die gestrige Enquete der Frau Präsidentin zum Thema „Die Zukunft dezentraler Lebensräume“ hat gezeigt, dass sich der Bundesrat immer wieder von zukunftsorientierten Themen leiten lässt und Impulse für die Republik Österreich setzt. Das ist auch mir während meiner Präsi­dentschaft im Jahr 2019 gelungen, nämlich mit der Enquete zum Thema „Trinkwasser schützen und sichern“.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir haben eine akute Baustelle, und diese betrifft die Umsetzung der EU-Trinkwasserrichtlinie, die bis Jänner 2023 zu realisieren ist. Leider hat Ihre Vorgängerin da nicht viel gemacht, um es jetzt ganz zart zu umschreiben. Auch die Auftaktveranstaltung im März wurde vom ÖVGW als sehr enttäuschend klas­sifiziert.

Es ist wieder einmal fünf vor zwölf betreffend die Umsetzung, und was 2019 schon als Diskussionsthema, als fernab bevorstehendes Problem erörtert wurde, das ist leider heute, 2022, bittere Realität: Der Klimawandel hat auch die Trinkwasserversorgung er­reicht. Im Regierungsprogramm dieser Bundesregierung steht unter dem Schlagwort „Wasser schützen“ unter anderem Folgendes: „Sicherstellung der langfristigen Versor­gung der Bevölkerung mit Trinkwasser und Verbesserung der Versorgungssicherheit (Erhalt und Erweiterung der Trinkwasserversorgungsinfrastruktur) und der Wasser­qua­lität“, „Gesetzliche Vorrangstellung der Trinkwasserversorgung bei Nutzungskonflikten“, Trinkwasserversorgung bleibt in öffentlicher Hand: keine Wasserprivatisierung“.

Dies ist auch erfolgreich 2019 in § 4 Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung festgehalten worden, und daher appellieren wir eindringlich, Herr Bundesminister, in die Gänge zu kommen, so rasch wie möglich die Richtlinie umzusetzen und nicht wieder im Dezember unter Zeitdruck ein Gesetz zu verabschieden, das nicht unter Einbeziehung aller Stakeholder ausreichend durchdis­kutiert wurde.

§ 105 Abs. 1 sagt eigentlich schon alles: Die Versorgung der Bevölkerung mit Trink­wasser in ausreichender Menge stellt ein besonders qualifiziertes öffentliches Interesse dar, das bei allen behördlichen Maßnahmen nach diesem Gesetz vorrangig zu berück­sichtigen ist.

Dies beinhaltet auch die Nutzungskonflikte der Wassernutzung mit der Landwirtschaft, und da sind Sie, Herr Bundesminister, in zweifacher Hinsicht gefordert. Ich hoffe, Sie treten den Beweis an, dass die Agenden des Trinkwassers nicht im Interessenkonflikt mit Ihrer Funktion als Vertreter und Lobbyist der Landwirtschaft stehen. Vielleicht wirft auch der Regierungspartner ein sorgsames Auge darauf. Die Erfahrung der Vergan­gen­heit hat leider das Gegenteil bewiesen. Kollege Lackner, schauen wir uns dann an, wer der Realitätsverweigerer ist! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.34

Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Als Nächster ist Dr. Johannes Hübner zu Wort ge­mel­det. – Bitte.