14.05

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Zuerst einmal herzlichen Dank, dass Sie mit diesem Thema in die Aktuelle Stunde gekommen sind! An den Worten meiner Vorrednerin werden Sie ge­merkt haben, dass Ihnen das Bohren harter Bretter mit der ÖVP als Koalitionspartner noch bevorsteht. Ich habe das selber 2013 erlebt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

2013, liebe Sonja (in Richtung Bundesrätin Zwazl), warst du meine Endstation. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Wir hatten schon einen Text. Nach dem Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Bangladesch mit mehr als 1 100 getöteten Näherinnen, die zum Großteil nicht freiwillig dort gearbeitet haben, Zwangsarbeit verrichtet haben, haben wir damals den Vorschlag gemacht, weil die Cosac, die Vereinigung der EU-Ausschüsse in Europa, ein neues System entworfen hat und gesagt hat: Wir wollen nicht immer nur gelbe Karten und rote Karten, machen wir auch eine grüne Karte! – Die grüne Karte wäre gewesen, dass wir der Kommission etwas proaktiv vorschlagen, und der Vor­schlag war das Lieferkettengesetz. Damals hat der Vorsitzende des EU-Ausschusses, der liebe Edgar Mayer aus Vorarlberg, zu mir gesagt: Das können wir schon machen!, aber dann kam Sonja, und Sonja hat gesagt: Das können wir der Wirtschaft nicht antun! (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Jetzt höre ich von Frau Kollegin Eder-Gitschthaler: Wir brauchen den „Hausverstand“ und das Augenmaß! – Das heißt nur: Man will es nicht. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Na!)

Nehmen wir einmal Deutschland her: In Deutschland wurde das Lieferkettengesetz Chefsache. Die frühere Bundeskanzlerin Merkel, der Arbeitsminister Hubertus Heil und ein Vertreter des damaligen Koalitionspartners CSU – die drei haben sich zusammen­gesetzt und haben ein Lieferkettengesetz, das noch viel, viel strenger ist als das, was die Kommission vorschlägt, entwickelt. Das tritt jetzt mit 1. Jänner 2023 in Kraft – also es geht! Es gibt Strafen, es gibt sogar ein eigenes Überwachungsamt, Bafa heißt das.

Ich kann ja einmal die Vorsitzende des Kinderrechteausschusses, unsere Daniela Gruber-Pruner, fragen: Was sollen Kinder machen? Sollen Kinder in die Schule gehen und spielen oder sollen sie in Minen arbeiten, auf Feldern arbeiten, in Textilfabriken arbeiten? Es ist richtig, was heute gesagt wurde: Die Kinderarbeit in der Welt wächst. Es waren letztes Jahr – ich zitiere da nur die International Labor Organization – 150 Millionen, es sind heuer bereits 160 Millionen. Das heißt, wir haben ein wachsendes Problem der Ausbeutung von Kindern. Gleichzeitig, neben 160 Millionen Kindern, gibt es über 40 Mil­lionen, vorwiegend Frauen, die in Zwangsarbeit stecken.

Jetzt sind viele Konsumenten und Konsumentinnen aufgestanden – nicht nur in Europa, nicht nur in Österreich – und haben gesagt: Wir wollen keine Leiberl, wir wollen keine Handys, die zum Beispiel aus der Zwangsarbeit von Uiguren stammen.  Dann haben sehr viele Unternehmer gesagt: Wir wollen etwas beweisen: dass Anstand und Wohl­stand keine Gegensätze sind! – Das sind jetzt die Unternehmer, die sagen: Ja, wir wollen dieses Lieferkettengesetz!, denn es gibt auch Anständige, und die sagen: Wir wollen keine Ausbeutung, wir wollen keine Kinderarbeit, und wir wollen vor allem keine Sklavenarbeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir sehen, dass das Lieferkettengesetz gleich für mehrere Bereiche – einerseits für die Menschenrechte, andererseits die Umweltrechte und zum Dritten natürlich auch für die Klimakrise – die richtigen Antworten und die richtigen Maßnahmen hat, wenn wir die Bußgelder sehen, die die deutsche Regierung da eingeführt hat oder die ab 1.1.2023 eingeführt werden, so zeigt das: Es geht ja.

Ich glaube, meine Kollegin Grossmann hat auch auf Frankreich verwiesen. Es geht, man muss nur wollen. Die Konsumenten und Konsumentinnen müssen wollen, und es muss anständige und rechtschaffene Firmen und Unternehmer geben, die sagen: Mir ist es nicht egal, woher mein Kaffee kommt und wie der geerntet wird. Vor allem geht es aber auch um die Textilindustrie, in der es zum Beispiel Arbeitsplätze ohne Toilette­mög­lichkeiten für die ArbeiterInnen und keine Brandschutzvorrichtungen gibt. Es gibt nichts und sie werden 16 Stunden gezwungen – zum Teil mit den Kindern – in einem Raum zu arbeiten. Diese Produkte wollen wir nicht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und Grünen.)

14.11

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile dieses.