15.05

Bundesrat Ernest Schwindsackl (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Herr Wirtschafts- und Arbeitsminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren auf der Galerie! Es ist erstaunlich, im Prinzip ja unglaublich, dass die So­zialdemokratie, wie soeben durch ihren Sprecher wahrnehmbar, dieser zukunftsweisen­den und problemlösungsorientierten Gesetzesänderung nicht zustimmen wird.

Sie stoßen junge, engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Pflegebereich und Gesundheitsbereich vor den Kopf, indem Sie ihnen die Ergänzungsarbeiten im Bereich der Arbeitsmedizin nicht zutrauen beziehungsweise krampfhaft suchen, ihnen diese abzusprechen. (Bundesrätin Grimling: So kann man es auch sagen!)

Ein Blick in die Vergangenheit wäre auch für Sie, Kollege Mag. Obrecht, nicht von Nach­teil gewesen. Ein grantelnder und von Wirtschaftskompetenz völlig befreiter Bundes­kanzler Ihrer Fraktion hat seinerzeit gesagt: „Lernen S’ Geschichte [...]!“. Voraus­schauend wurden vor 135 Jahren, also weit vor der Gründung der Ersten Republik, die ersten Arbeitsinspektorate eingesetzt. Man erkannte damals schon aus Sicht der Wirt­schaft und der Arbeitnehmervertretung, dass da eine ganz wesentliche Notwendigkeit an gesetzlicher Regelung zum Schutz der arbeitenden Menschen besteht. Die Arbeit­sinspektion ist seitdem die größte gesetzlich beauftragte Organisation zur Verhinderung von Defiziten im Bereich des Schutzes der Mitarbeiter – den zu geben die Unternehmer selbstverständlich ohnehin vorhaben –, indem sie diesen Schutz kontrolliert.

Eine wesentliche Stütze – die haben Sie angeführt, Kollege Obrecht – ist natürlich die Arbeitsmedizin. Neben den häufig – Herr Minister, erlauben Sie mir, das zu sagen – zu bürokratischen, arbeits- und zeitaufwendigen Kontrollaufgaben des Arbeitsinspektorates sollte wesentlich mehr Zeit und Kompetenz gerade hinsichtlich Gesundheit eingesetzt werden. Arbeitsmediziner und -medizinerinnen haben eine große, eine vielfältige Auf­gabe, sie gestalten nämlich den Arbeitsplatz mit. Sie verbessern die Arbeitsvorgänge, die Abläufe, und damit natürlich auch den Gesundheitsschutz während der Arbeit. Auch Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung gehören zu diesen wichtigen Tätig­keiten.

Jetzt gibt es aber in Österreich eine Lücke, manche nennen es Mangel. Es fehlen einige Hundert Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner – auch aufgrund der Pandemie –, man spricht von 500. Ich weiß nicht, Herr Minister, ob das ungefähr stimmt. Der Grund: In den vergangenen Jahren wurden aufgrund der Pandemie natürlich zu wenige Arbeits­mediziner ausgebildet beziehungsweise waren die Interessenlage und die Motivation vielleicht nicht gegeben, sich der Herausforderung, die sie eben vor sich hatten, zu stellen. Aus heutiger Sicht ist es daher absehbar, dass die noch vorhandenen Ärzte und Ärztinnen allein nicht in der Lage sein werden, diese großen Aufgaben zu bewältigen. Daher wird aus der Notwendigkeit heraus eine neue rechtliche Grundlage für den Einsatz von arbeitsmedizinischen Fachdiensten zur Unterstützung der Arbeitsmediziner ge­schaffen.

Das heißt: Bestimmte Gesundheitsberufe – Pfleger, Pflegerinnen, Physiotherapeu­ten, -therapeutinnen – können mit einer zusätzlichen Ausbildung, sofern sie zwei Jahre Praxis vorweisen können, entsprechend eingesetzt werden und Aufgaben der Arbeits­mediziner unter deren Anleitung beziehungsweise Aufsicht  aber natürlich nicht, indem diese daneben stehen, denn dann könnten sie es ja auch selber machen  übernehmen, entsprechend ihre Expertise einbringen und auch Dinge überprüfen.

Daher bedarf es einer eigenen, einschlägigen qualitätsvollen Ausbildung. Dieses Modell, es gibt ja bereits ein Pilotprojekt, wird ja auch von den Arbeitsmedizinerinnen und -medi­zinern durchaus gelobt und geschätzt und eben auch als zukunftsweisend betrachtet.

Wie in vielen anderen Bereichen ist eine Erneuerung, Ergänzung natürlich unum­gäng­lich. Dieser Prozess, auch in Absprache mit der Gewerkschaft  das ist ja keine Erfin­dung allein aus einem Ministerium, sondern eine gemeinsame Vorgangsweise wie in vielen, vielen anderen Bereichen dieser Bundesregierung , wird entsprechend dazu beitragen. Die Kompetenz von nichtärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ge­sundheitswesen wird hervorgehoben und erhält eine zusätzliche Wertschätzung. Das müsste auch für die Sozialdemokratie mit ein Grund sein, sofern sie wirklich noch diese Haltung hat, bei diesem Änderungsgesetz auch entsprechend mitzustimmen.

Es geht um die Sicherheit, es geht um die Gesundheit der Mitarbeiter und Mitarbeite­rinnen, es geht darum, auch für die Unternehmerinnen und Unternehmer gesunde Mit­arbeiter zu sichern, denn diese sichern nicht nur die Standorte, diese sichern auch die Versorgung und die Wettbewerbsfähigkeit in unserem Land. Ein steirisches Glückauf! (Beifall bei der ÖVP.)

15.11

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Sascha Obrecht zu Wort gemeldet. – Bitte.