9.51

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin – wow, wie das klingt! Es ist eine große Freude – ich glaube, ich spreche da für fast alle Fraktionen –, dass es möglich war, dass du, liebe Korinna Schumann, heute hier bei uns bist und deine Eröffnungsrede halten konntest – ein schöner Tag. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Lieber Herr Bürgermeister, lieber Herr Landeshauptmann! Es ist immer eine Wohltat, wenn jemand in einer so hohen Position hier im Bundesrat spricht, der selbst Mitglied des Bundesrates war. Zu seiner Überraschung: Wir haben uns quasi in der Drehtür da­mals die Sessel übergeben. Michael Ludwig ist damals als Wohnbaustadtrat nach Wien gegangen, und ich bin für Wien in den Bundesrat eingezogen. (Bundesrat Steiner: Als Grüner! Heiterkeit bei der FPÖ.) – Ja, und? Hast du ein Problem? (Bundesrätin Zwazl: Das weiß er! Bundesrat Preineder: Ideologie ist in der Politik nicht wichtig!) Ich kenne meine Geschichte. Ich hoffe, du kennst deine Geschichte auch. (Beifall bei der SPÖ.)

Heute werden seitens unserer Fraktion mit Daniela Gruber-Pruner und mir zwei Perso­nen reden, die in diese Stadt zugewandert sind: Daniela aus Vorarlberg und ich aus Tirol. Was uns als Zugewanderte und Integrierte verbindet, ist das, was man als Wienliebe bezeichnet, denn wenn man einmal in diese wunderschöne Stadt zugewandert ist, dann erwächst die Liebe zu dieser Stadt.

Was kann und was muss eine Stadt wie Wien leisten? – Erstens einmal: niemanden zurücklassen. Das hat der Bürgermeister heute gesagt. Dieses Niemanden-Zurücklas­sen umfasst ganz viele Bereiche; erstens den Bereich, dass sich alle Menschen, die sich in dieser Stadt aufhalten, sicher fühlen: durch ein soziales Netz abgesichert zu sein, aber auch integriert in diese Stadt zu gehören. Diese Stadt leistet aber auch für die Menschen, dass sie Arbeit finden, und nicht nur die Menschen, die in Wien wohnen, sondern auch jene, die jeden Tag aus Niederösterreich, aus dem Burgenland einpendeln oder die wö­chentlich von Osttirol nach Wien pendeln.

Was ist eines der wichtigsten Dinge? – Der Bürgermeister, Landeshauptmann hat das auch gesagt: Was wir in einer Stadt brauchen, ist, dass man sich das Wohnen leisten kann. Entscheidend ist auch, wie man wohnt und dass Wohnen und Lebensqualität ei­nen ganz engen Zusammenhang haben.

Worauf die Stadt enorm stolz ist, ist das Bildungsangebot, das bei den Kleinsten be­ginnt – vom Kindergarten mit der Elementarpädagogik über vielfältige Angebote – und bis zur größten Universität im deutschsprachigen Raum geht. Das sind Dinge, die ganz, ganz wichtig sind, aber es kommt noch dazu, dass in dieser Stadt pro Nacht Menschen in ungefähr 160 Sprachen träumen, wenn man Sprache und träumen zusammenbringt.

Da geht es auch darum, nicht auszugrenzen, es geht darum, diese Menschen zu in­tegrieren. Die Integrationsbemühungen sind ein ganz, ganz wichtiger Bestandteil, was die Wiener Stadtregierung und diese Stadt täglich unterstreichen, denn es geht um das Zusammenleben und Teilen und nicht um das Trennen, deshalb kann ich das nur wieder­holen: Was in Wien geleistet wird, ist vorbildlich. Irgendwann – jetzt ist der Oberagrarier ganz nach hinten marschiert – müssen wir mit unseren ÖVP-Agrariern einmal einen klei­nen Ausflug nach Simmering und nach Floridsdorf machen, damit die einmal sehen, wie Landwirtschaft in Wien ausschaut, denn ich glaube, Herr Preineder war etwas überrascht von deinen Ausführungen, nämlich darüber, wie hoch der Selbstversorgungsgrad der Stadt Wien ist. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesräte Schreuder und Arlamovsky.)

Wien ist ja auch eine Ökomusterstadt ich sage zum Beispiel nur Solarberufsschule. Herr Habeck aus Deutschland war jetzt in Wien, und Frau Bundesministerin Gewessler wollte ein Projekt herzeigen. Was macht man da? – Da ruft man einmal in der Stadt Wien an und fragt: Können wir diese fantastische Wärmepumpe in Simmering herzeigen? Der Bürgermeister hat schon gesagt, dass Habeck wirklich überrascht war, was wir da ha­ben.

Ich kann mich noch erinnern, als ich Vorsitzender der Union für das Mittelmeer war, habe ich die Abgeordneten rund um das Mittelmeer eingeladen. Eine der ganz großen Ener­giesünden rund um das Mittelmeer sind die Klimaanlagen, deshalb habe ich gesagt: Jetzt zeige ich euch, wie das Wien macht. Wir sind in die Spittelau gegangen, und ich habe gesagt, ihr könnt mit der Sonne heizen, ihr könnt genauso mit der Sonne kühlen: cooling mit Sonne und Wastemanagement, also Müllverbrennung. Denen sind fast die Augen herausgefallen, als sie das Werk in der Spittelau gesehen haben. Das zeigt ein­fach, wo Wien da steht.

Selbst wenn ein neuer Stadtteil wie zum Beispiel die Seestadt  errichtet wird, weil Wien wächst, dann gibt es natürlich sofort die Überlegung: Wie schaffen wir das zum Beispiel mit der Verkehrsanbindung? Bevor dort überhaupt gebaut wurde, ist schon die U-Bahn hingefahren. Das sind alles Überlegungen, die, gerade was den öffentlichen Verkehr betrifft, wichtig waren.

Ich komme zurück: Herr Bürgermeister, Herr Landeshauptmann, ich glaube, in ganz Ös­terreich wird Ihnen dafür Respekt gezollt, wie konsequent Sie in der Pandemie diese Stadt geführt haben, mit welchem Selbstverständnis kommuniziert worden ist und keine Risken eingegangen worden sind. Die Wiener und Wienerinnen und alle Menschen, die in Wien wohnen, haben sich ausgekannt und haben das mitgetragen, wenn der Bürger­meister gesagt hat: Nein, das ist noch zu früh! Heute Nacht hat ja der Gesundheits­stadtrat zur aktuellen Situation und einer gewissen Planlosigkeit gemeint: Eine Stadt mit zwei Millionen Einwohnern ist kein Versuchslabor.

Das heißt, da bedarf es klarer Worte. Wenn man nicht ständig herumhüpft und Lichter am Ende von Tunneln sieht, dann schaut das ein bisschen anders aus. (Bundesrat Spanring: Ich werde dann meine Sicht der Dinge auch noch sagen!) – Ja, ich weiß, ihr wärt in die Krise auf Teufel komm raus hineinmarschiert. (Bundesrat Spanring: Was ist mit Schweden?) – Ja, Schweden, Kollege Spanring, Sie werden sich ja noch ausführlich dazu äußern, wir werden da ja einiges zu hören bekommen. (Bundesrat Steiner: Rich­tig!) Ich sage nur so viel: Diese Geschichten sind Vergangenheit (Bundesrat Steiner: Na, na, na! Psychologische Schäden und ... !), und wir haben eine ganz klare Situation vor uns, die es zu bewältigen gibt. (Bundesrat Steiner: ... ist nicht okay!)

Eines muss man sagen: Wien ist immer kritisiert worden – ja, Kollege Steiner, es ist okay (Bundesrat Steiner: Ist nicht okay!) – für das hohe Bettenangebot in den Spitälern. Am Höhepunkt der Pandemie waren auch andere Bundesländer froh, dass Wien dieses Bet­tenangebot hatte. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Schreuder und Zwazl.)

Worüber Wien nicht froh war: dass wir zu diesem Zeitpunkt eine Bundesministerin hatten, die die Bundesgärten in Wien zugesperrt hat. In Wiener Neustadt waren sie offen, aber in Wien hat man als Schikane für die Bevölkerung, als Schikane gegen ältere Menschen, Mütter mit Kindern  die Gärten zugesperrt. (Beifall bei der SPÖ.)

Interessant ist aber auch, wie viel Stolz diese Wiener Stadtverwaltung den Mitarbei­terinnen und Mitarbeitern gibt. Ich kann nur sagen, die MA 48 in Wien, die sich als Kehrforce bezeichnet, ja, zeigt Stolz, die MitarbeiterInnen sind stolz darauf, eine Stadt sauber zu halten, eine Stadt zu reinigen. Hier in Wien funktionieren die Daseinsvorsorge und der Alltag. Wenn irgendwo ein Müllkübel umgeschmissen wird, ist die Kehrforce innerhalb weniger Stunden dort und behebt dieses Problem. Reden Sie einmal mit de­nen, wie stolz sie auf ihren Job sind, da kann man nur sagen: großartig, weiter so! (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Kittl und Schreuder.)

Frau Präsidentin, wir haben hier im Bundesrat öfters schon die Diskussion über die Lehrlinge gehabt (Bundesrätin Zwazl nickt)  die Frau Wirtschaftskammerpräsidentin nickt –, und ich freue mich, dass das ein ganz wichtiger Schwerpunkt wird, dass wir am 8. September eine Superkonferenz haben werden. Ich glaube, dass das etwas ganz, ganz Entscheidendes sein wird, denn es fehlen uns  wie der Herr Bürgermeister gesagt hat die Facharbeiterinnen und Facharbeiter. Wir können neue Berufe kreieren (Bun­desrat Preineder: Wir brauchen für die alten Berufe welche, nicht für die neuen!)  Öko­solarinstallateurin, -installateur. All das sind Zukunftsgeschichten, Berufe, die man einer­seits als Lehrberuf machen kann, andererseits wissenschaftlich begleiten kann. Das sind wichtige Dinge. Dieser Schwerpunkt ich glaube, das kann ich heute schon sagen  wird hier im Bundesrat sicher mit ganz großer Freude aufgenommen werden. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.02

Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Wolff. Ich erteile ihr dieses.