10.30

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Natürlich auch von un­serer Fraktion alles, alles Gute für Ihre Vorsitzführung! Als Wiener kann ich Wien natür­lich nur alles Gute für dieses halbe Jahr wünschen. (Vizepräsident Hirczy übernimmt den Vorsitz.)

Wie Kollege Schennach bei der Rede des Herrn Kollegen Hübner richtigerweise festge­stellt hat: Ich bin so ein Zuwanderer, der nach Wien gekommen ist (Bundesrat Schen­nach: Ja, sicher!), eigentlich zuerst nach Österreich, nach Bad Ischl, und dann nach Wien, weil Wien eine Stadt ist, die so viel verspricht, weil Wien eine Stadt ist, die so viele Möglichkeiten schafft und auch so viel Schutz bietet. Ich möchte das schon auch in Richtung Kollegen Hübner sagen: Derzeit suchen ganz viele ukrainische Frauen und Kinder Schutz in dieser Stadt. Sie finden Schutz in dieser Stadt, und ich bin stolz darauf, dass sie Schutz in dieser Stadt finden. Das ist kein Grund, sich irgendwie zu schämen. Das ist das Wiener Herz, und ich finde es gut, dass es dieses gibt. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Ich habe Sie gar nicht begrüßt, Herr Landeshauptmann: Herzlich willkommen im Bun­desrat! Eines wollte ich noch zu Kollegin Präsidentin Schumann sagen, weil sie zum Beispiel die Büchereien Wien erwähnt hat, wie wichtig diese sind und dass sie Mitglied der Büchereien Wien ist. Ich bin auch Mitglied der Büchereien Wien. Meine Mitglieds­karte ist mir ein besonders wichtiges Anliegen, ich kann eine solche nur jedem emp­fehlen. Um 31 Euro im Jahr kann man sogar digital alle Zeitungen lesen, man kann Bü­cher lesen. Das ist so eine tolle Einrichtung! Das gibt es übrigens auch in fast allen Lan­desbüchereien, das möchte ich auch dazu sagen, ich fand es aber wichtig, hier Werbung für die Büchereien zu machen.

Ich habe gesagt, Wien ist eine Stadt voller Versprechen. Wien ist die einzige Millio­nenstadt Österreichs, Wien ist ein Ort, an dem viele Menschen sein wollen, wohin sehr viele ziehen, sie ist ein Zufluchtsort für viele Menschen. Es ist zum Beispiel auch, Herr Kollege Hübner, ein Ort, wo auch sehr viele junge Menschen aus den Bundesländern hinziehen, zum Beispiel weil sie hier Communities vorfinden, die Vernetzung bieten, die Möglichkeiten bieten, dass sie sich nicht alleine fühlen, die die Möglichkeit bieten, dass man sich hier wohlfühlt.

Das gilt auch für die LGBTIQ-Community. Die LGBTIQ-Community hat auch Sorgen we­gen der Teuerung, hat auch Sorgen wegen des Krieges, hat auch Sorgen wegen des Klimaschutzes, aber sie will trotzdem das Gefühl haben, geschützt zu sein. Deswegen kann ich nur sagen, auch wenn es ein kleines Symbol ist: Ja, wir haben andere Sorgen, aber auch die dürfen gehört werden und auch diesen Menschen darf man sagen: Ja, die Stadt ist an eurer Seite. Ja, dieses Land ist auch an eurer Seite. (Beifall bei Grünen und SPÖ, bei BundesrätInnen der ÖVP sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Natürlich möchte ich auch über ein Wien reden, das es sein kann. Ich bin sehr froh: Herr Landeshauptmann, Sie haben auch den Klimaschutz ganz stark in den Vordergrund Ihrer Rede gerückt. Es liegt natürlich in der Natur der Sache, dass wir auch als grüne Fraktion hier unser Hauptaugenmerk besonders darauf legen und dem eine besondere Bedeutung beimessen. Die zunehmende Hitze ist vor allem in der Stadt besonders spür­bar. Ich glaube, die vielen Hitzewellen – gerade die, die wir jetzt in diesem Sommer schon erleben mussten – sind ein Zeichen dafür, wie wichtig dieses Thema ist.

Wir stehen jetzt vor dem Sommer. Wenn man früher gesagt hat, der Sommer steht vor der Tür, war das ein Versprechen. Das war ein schönes Versprechen, Sommer war ein Glücksgefühl, Sommer war ein Gefühl, bei dem man sich auf Freizeit freut, auf Bade­spaß, auf Erholung. Für viele Leute ist Sommer jetzt aber auch ein Schreckgespenst geworden: die Angst vor Hitze, die Angst vor großer Hitze und die Angst wegen des Klimawandels. (Zwischenruf des Bundesrates Hübner.) Herr Kollege Hübner, es gibt nicht nur Erklärung, ist gibt nicht nur Verklärung, es gibt auch Aufklärung. (Beifall bei den Grünen sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf des Bundes­rates Hübner.) Wenn Sie die wissenschaftliche Basis, wenn Sie die Wissenschaft an­hören, was den Klimaschutz betrifft, dann wissen Sie: Es ist eine menschengemachte Sache, und dagegen kann man nur vorgehen, indem wir entschlossen für die Zukunft handeln. So gesehen ist es ein völlig richtiges Zitat. (Bundesrat Steiner: Hört mir auf mit eurer Wissenschaft!) – Es ist nicht unsere Wissenschaft, Herr Kollege Steiner, das sind 99,9 Prozent der WissenschaftlerInnen. Dass Sie dann 0,1 Prozent der Wissenschaftler zuhören wollen (Bundesrat Steiner – erheitert –: Wie bei Corona! Wie bei Corona! Su­per!) – wie bei Corona, ganz genau, Herr Kollege Steiner –, ist dann wirklich Ihr Problem, aber nicht unseres. (Bundesrat Steiner – erheitert –: Hat sich ja bewahrheitet! Hat sich ja bewahrheitet!)

Es gibt eine junge Generation in Wien, die sich große Sorgen macht. Wir wissen auch, dass es hier aufgrund einer Straße, die in Wien gebaut werden sollte, zu einem Konflikt gekommen ist und diese junge Generation das Gefühl hat, dass Wien dabei drüberfährt, dass in Fragen der Mobilität der Autoverkehr nach wie vor ins Zentrum gerückt wird und moderne Mobilität zu wenig gesehen wird. (Bundesrat Schennach: Aber jetzt nicht Kin­desweglegung machen!) Wir sind stolz darauf, was in Wien erreicht worden ist, vor allem auch zwischen 2010 und 2020. (Bundesrat Schennach: Ihr habt ja mitgestimmt damals! Ihr habt mitgestimmt!) – Wir haben aber auch mitgestimmt, dass es dann eine Evaluie­rung und eine Umweltprüfung gibt und auf neue Arten der Mobilität und nicht nur auf Autoverkehr Wert gelegt werden muss, Herr Kollege Schennach. (Bundesrat Schen­nach: Deshalb ist ja die U-Bahn schon dort!) Das ist eine ganz, ganz wichtige Sache. Ich halte es für ganz wichtig, dass Wien diesen jungen Leuten, die Angst um ihre Zukunft haben, die Angst davor haben, dass ihre Zukunft im wahrsten Sinne des Wortes dahin­schmilzt, die das Gefühl haben, dass wir jetzt ihre Zukunft verspielen, etwas signalisiert und als Stadt auch auf diese Jugend zugeht und auch neue Mittel und neue Mobilitäten in den Vordergrund rückt.

Wien ist zu Recht die Stadt, die von – das muss man dazusagen – Managern und Ma­nagerinnen als die Stadt mit der höchsten Lebensqualität gesehen wird. Dass wir das verteidigen, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern auch ein Auftrag. Lebensqualität bedeutet immer auch, die Lebensqualität von morgen zu sichern, und der Klimaschutz wird dabei sicherlich ein ganz wesentliches Mittel sein und eine ganz wichtige Frage sein, so wie auch – und das finde ich auch richtig und wichtig – die Sozialpartnerschaft. Sie wurde in den Reden der Bundespräsidentin (Heiterkeit der Bundesrätin Zwazl und des Redners) – Bundespräsidentin, sage ich schon –, der Bundesratspräsidentin als auch des Herrn Landeshauptmannes in den Vordergrund gerückt. (Bundesrat Schen­nach: Sie wäre auch eine gute Bundespräsidentin! Da hast du recht!)

Ich bin ja auch in der Wirtschaftskammer als Stellvertretender Obmann einer kleinen Fachgruppe – na ja, so klein ist sie auch wieder nicht, es sind 12 000 Unternehmerinnen und Unternehmer Wiens, die wir vertreten – tätig. Es ist ja auch interessant, dass nur wir in Wien einen Kollektivvertrag in der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation ha­ben, während die anderen Bundesländer das noch nicht haben. Das ist auch ein gutes Zeichen dafür, wie wichtig das soziale Miteinander und die Sozialpartnerschaft sind. Das halte ich für eine ganz wichtige Sache.

Umso mehr würde ich es auch begrüßen, wenn zum Beispiel in Ausschreibungen der Stadt Wien auch soziale Fragen ganz stark in den Mittelpunkt gestellt würden. Wenn ich nur ein kleines Beispiel nennen darf, bei dem ich mir ein bisschen mehr Engagement gewünscht hätte: Es gab und gibt Schafe auf der Donauinsel. Das ist eine gute Sache, denn die pflegen dort den Rasen und die Grasflächen. (Zwischenruf des Bundesrates Preineder.) Es gab ein sehr schönes Projekt mit dem WUK auf der Donauinsel, wo Langzeitarbeitslose die Möglichkeit hatten, mit Schafen das dort zu pflegen. Dann muss­te das neu ausgeschrieben werden, es wurden aber keine sozialen Komponenten hinein­geschrieben. Es gab dann einen anderen Billigstbieter – sicher ein ehrenwertes Unter­nehmen, ich möchte das auch sagen –, aber da hätte man in der Ausschreibung gerade auch solche Sachen hineinschreiben können, dann hätten wir nach wie vor ein Projekt für Arbeitslose auf der Donauinsel mit Schafen. Das hätte ich begrüßt.

Das Lamperl leuchtet schon – ich habe eigentlich noch sehr viele Punkte, die ich nennen wollte. (Bundesrat Schennach: Staccato!) Die Digitalisierung haben Sie schon genannt, da waren wir ja auch gemeinsam sehr lange für die Stadt sehr aktiv. Wir haben ja auch eine gemeinsame Geschichte: Wir waren fünf Jahre lang gemeinsam im Kulturaus­schuss des Wiener Gemeinderates. Kulturpolitisch hätte ich hier noch sehr viel zu sagen. Die Wiener Kultur ist einfach großartig! Das muss man einfach einmal sagen. Hier spie­len Bund und Länder auch wunderbar zusammen. Ich finde, wie das Kulturleben in Wien funktioniert, ist ein ganz wichtiges Zeichen dafür, dass Bund und Land ganz toll mitein­ander arbeiten können.

Die Kulturpolitik wird nämlich in den letzten Jahren, finde ich, manchmal nicht mehr ganz so beachtet, wie sie vielleicht Beachtung verdient hätte. Die Kultur hat aber auch Kraft für die Stadt, um sich mit den aktuellen Ereignissen, mit gesellschaftlichen Brüchen, die derzeit stattfinden, auseinanderzusetzen. Sie schafft Reflexionsräume und lädt gleich­zeitig natürlich aber auch Menschen ein, in diese schöne Stadt zu kommen, um hier die Kultur zu genießen.

Mozart kam als Salzburger nach Wien und hat hier auch seinen Platz gefunden. Mahler kam hierher, und hätte es keine Sommerfrische im Salzkammergut gegeben, hätte er die 1. Symphonie nicht so komponiert, wie er sie komponiert hat. Trotzdem war Wien der Ort, wo er sich entfalten konnte.

Heute sind es auch syrische Rapper oder türkische Migranten, die hier eine Kultur feiern und diese Stadt kulturell bereichern, und manchmal ist es möglicherweise auch ein in Holland geborener Bundesrat – ich weiß es nicht, aber das macht Wien einfach aus. Wien ist eine Stadt der Vielfalt. Ich feiere sie, ich freue mich und ich bin auch stolz darauf, ein halbes Jahr sozusagen als Wiener Bundesrat hier teilhaben zu dürfen. Ich wünsche Ihnen, Österreich und Wien alles Gute für diese schwierige Zeit. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ.)

10.41

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Vielen Dank. Ich darf an die freiwillige Redezeitbe­schränkung erinnern.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte, Herr Bundesrat.