11.57

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsi­dent! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Only bad news are good news. Wir alle kennen das: Die Medien reiben sich an Konflikten und Streitereien und auch die Algorithmen in sozialen Medien reagieren stärker auf negative Kommentare als auf positive. Oft ist das auch in der Politik so: Gegensätze prallen auf­einander, das Gegenüber wird zerpflückt, und nicht immer sind die Methoden dabei zim­perlich.

Wenn ich mir das Themenfeld Tierschutz ansehe, dann kann ich feststellen, dass es auch dort sehr lange Zeit so war, dass schon fast traditionell zwei Lager einander ge­genübergestanden sind: auf der einen Seite die Tierschutzorganisationen und auf der anderen Seite die Nutztierbranche. Zumeist wurden dabei nicht gerade Freundlichkeiten ausgetauscht, und das Verständnis für die andere Seite hielt sich stark in Grenzen be­ziehungsweise war gar nicht vorhanden.

Seit dem Tierschutzvolksbegehren ist das spürbar anders geworden. 416 000 Menschen haben dieses unterschrieben, und es war damit das erfolgreichste Volksbegehren der letzten Jahre. Die österreichische Bevölkerung hat mit ihrer Unterschrift den Grundstein dafür gelegt, dass wir uns auf diesen breiten Prozess eingelassen haben und das auch tun konnten. Was danach entstand, war ein echter Dialog. Es wurde miteinander geredet und nicht übereinander. Ganz abgesehen von den inhaltlichen Ergebnissen, über die wir heute noch zu einem eigenen Tagesordnungspunkt sprechen werden und die uns dann zu good news führen werden, spreche ich auch jetzt schon von den good news. Dazu gehört in erster Linie die Art und Weise, wie miteinander konstruktiv an umsetzbaren Lösungen gearbeitet wurde. Das ist tatsächlich ein Aufbruch.

Alte, reflexartige Muster wurden hier überwunden, und getragen vom gegenseitigen Re­spekt und Verständnis für die anderen wurde ein neues Vertrauensverhältnis aufgebaut, das auch in Zukunft vieles möglich machen wird. Und wenn am Ende der Verhandlungen tatsächlich Visitenkarten zwischen VGT und LKÖ ausgetauscht werden, ist das doch wirklich historisch. Darauf lässt sich aufbauen, und es stimmt mich auch sehr zuversicht­lich, wenn ich an die weiteren Schritte im Tierschutz abseits des Nutztierbereiches den­ke, die wir dann im Herbst debattieren werden. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Es wurde konkret mit den betroffenen Betrieben, den Bäuerinnen und Bauern gespro­chen, es wurde mit den Tierschutzorganisationen gesprochen, es wurde mit den Tier­schutzombudspersonen gesprochen. Es wurden Rückmeldungen eingeholt. Es wird nicht ein Einzelinteresse verfolgt, sondern es werden Interessen von verschiedenen Sei­ten zusammengeführt. Nun liegt ein sehr gutes Paket vor, das uns entscheidend weiter­bringt. Wir legen eine gute Basis für mehr Tierwohl, für gute und qualitativ hochwertige Lebensmittel, für eine zukunftsfitte Landwirtschaft und für regionale Wertschöpfung. Da­mit hat die Umsetzung des Tierschutzvolksbegehrens begonnen.

Das ist aber nicht die einzige Initiative, die gemacht worden ist. Ich erinnere zum Beispiel auch an das Programm der nationalen Beschaffung, die Nabe. Dieses legt fest, dass in der öffentlichen Verpflegung stufenweise der Anteil an regionalen tierwohlgerechten und biologischen Lebensmitteln ausgebaut wird. Das ist ein ganz wichtiger Baustein, um den Absatz heimischer Qualität zu stärken. Was die Nabe betrifft, meine sehr geehrten Kolle­ginnen und Kollegen, sind natürlich auch die Bundesländer und die Kommunen gefor­dert, da nachzuziehen. Bestärken Sie Ihre Kommunen und Ihr Bundesland darin!

Es gibt auch noch weitere Begleitmaßnahmen wie zum Beispiel das Programm Kalb rosé, bei dem wir gemeinsam mit der Gastronomie, mit dem Lebensmitteleinzelhandel versuchen, einen starken Markt für heimisches Kalbfleisch aufzubauen, um zu verhin­dern, dass Kälber ins Ausland transportiert werden, weil im Inland zu wenig Absatz ist.

Es gibt das Programm 1 Million Strohschweine, und es gibt mehrere Investitionsförder­schienen für Stallneubauten und -umbauten, die tierwohlgerechter sind. Allein aus dem Öpul gibt es in den nächsten fünf Jahren 1 Milliarde Euro für all diese Programme.

Wir stärken die Tierombudspersonen, und das ist – ich habe es schon erwähnt – eine ganz wichtige Sache. Das ist eben wichtig, weil wir in den Ombudsstellen sehr viel Ex­pertise und sehr viel Know-how haben, die Rahmenbedingungen aber durchaus noch Luft nach oben hätten. Da wird die Novelle – wir werden eh später noch dazu kommen – Verbesserungen bringen.

Im Tiertransportbereich braucht es permanent Kontrollen, gerade was die Transporte aus anderen Ländern betrifft. Mein Kollege – der jetzt leider nicht mehr hier ist, unser Experte für Landwirtschaft – Andreas Lackner hat mir berichtet, in der Steiermark gibt es diese regelmäßigen Kontrollen durch gut geschultes Personal der Exekutive unter Mit­arbeit von Tierärztinnen und Tierärzten. Ein weiterer Kollege – auch Experte für die Landwirtschaft –, unser EU-Abgeordneter Thomas Waitz, war unlängst sogar dabei, als in Spielfeld wieder einmal Missstände aufgedeckt wurden. Da helfen die besten Gesetze überhaupt nichts, wenn sie nicht angewendet werden.

Wir werden heute noch ein Paket debattieren, das eine Reihe von Verbesserungen für den Tierschutz bringen wird. Die aufsehenerregendste – weil sie eben von starker Sym­bolik begleitet ist – ist sicherlich die Tatsache – davon hat jeder schon gehört –, dass der Vollspaltenboden ein Ablaufdatum bekommt. Das ist wirklich ein Systembruch. Wir stellen den Zug auf ein anderes Gleis und fahren in eine andere Richtung. Der Fokus liegt dabei auf dem achtsamen Umgang mit der Natur und dem Tier – Qualität statt Masse nicht nur als Überschrift, sondern begleitet von einer Reihe von Maßnahmen als Pfad, den wir gemeinsam gehen.

Die Massentierhaltung erzeugt nicht nur Tierleid, sie ist auch kein Zukunftsmodell für die österreichische Landwirtschaft. Sie war nie zum Vorteil der bäuerlichen Betriebe und wird es auch nie sein. Nun gibt es eine Einigung, die eine Abkehr von diesem System einläutet. Das ist gut für die Tiere, das ist gut für die Bäuerinnen und Bauern, das ist gut für die Konsumentinnen und Konsumenten. Natürlich gibt es Übergangsfristen, denn es braucht klarerweise Planbarkeit und Planungssicherheit. (Bundesrat Schennach: Auch für den Preineder!)

Wir gehen nun in Österreich einen guten Weg, geprägt von ehrlichem Dialog, einem Aufeinanderzugehen. (Bundesrat Schennach: Na sehr ehrlich! Das wissen wir nicht!) Dass dieser respektvolle Umgang miteinander in ein Miteinander mündet, ist kein Zufall, und das wird sich auch in einem respektvollen Umgang mit den Tieren niederschlagen.

Zum Schluss noch die ganz gute Nachricht – wir haben es vorgestern auch schon im Ausschuss gehört –: Durch den heutigen Gesetzesbeschluss werden wir im europäi­schen Ranking beim Tierschutz künftig wieder ganz vorne sein.

Lassen Sie mich noch eine ganz kleine persönliche Anmerkung machen: Ich habe das alles heute als Vegetarierin erzählt, die das natürlich sehr respektiert, dass Menschen auch darauf angewiesen sind, gutes Fleisch zu essen. (Heiterkeit der Rednerin.) – Dan­ke schön. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Heiterkeit der Bundesrätin Zwazl.)

12.05

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Preineder. Ich erteile ihm das Wort. (Bundesrat Schennach: Jetzt rück das alles zurecht, bitte!)