14.02

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Werte Mitglieder des Bundesrates! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseher und Zuseherinnen! Kurz möchte ich noch auf meine Vorrede bei der Aktuellen Stunde reflektieren. (Ruf bei der ÖVP: Vorrednerin wahrscheinlich!) – Vorrednerin! – Ich möchte nur betonen: Die kleinstrukturierte Landwirtschaft in Ungunstlagen ist meine Perspektive und aus dieser Sicht sehe ich diese Angelegenheit des Tierschutzes auch (Bundesrat Raggl: Da wird aber die Versorgungssicherheit nicht ...! – Bundesrat Prein­eder: Da kommt der Wolf!), und die Ungunstlage ist mir extrem wichtig.

Nun zum Thema: Der parlamentarische Gesetzwerdungsprozess wurde für diese Novel­le, wie es für Türkis und Grün leider zur äußert kritikwürdigen Gewohnheit wurde, wieder einmal verkürzt und unordentlich durchgeführt. Während noch zwei Ministerialentwürfe zu Tierschutzgesetz und Tiertransportgesetz in Begutachtung waren, wurde ein gleich­lautender Initiativantrag eingebracht, obwohl es bereits äußerst kritische Stellungnah­men gab. Detaillierte Ausschussberatungen über das, was heute letztlich beschlossen werden soll, gab es nicht.

Es wurde weder mit der Opposition gesprochen, noch wurde eine Ausschusssitzung zur Vorlage abgehalten. Im Gegenteil! Grün und Schwarz haben ein öffentliches Hearing mit ExpertInnen und die Debatte im Ausschuss verweigert. Ein Fristsetzungsantrag ohne Debatte hat die Vorlage auf die Tagesordnung des Nationalrates gebracht, natürlich gegen die Stimmen der Opposition. Das ist demokratiepolitisch absolut bedenklich und ganz und gar nicht im Sinne des Tierschutzes. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrter Herr Minister, das sind formale Abläufe, die Bände sprechen. Sie legen gar keinen Wert darauf, sich öffentlich über so wichtige Inhalte wie den Tierschutz auszu­tauschen, sich beraten zu lassen und öffentlich noch vor einer Beschlussfassung Frage und Antwort zu stehen. (Bundesrat Gfrerer: Von wem beraten ...?) Die angesprochenen NGOs haben einen positiven Satz gesagt, der von Ihnen hundertmal wiederholt wird, aber die NGOs und auch alle Tierschutzombudsleute haben massive Kritik an den vorge­legten Inhalten geübt. (Zwischenruf des Bundesrates Gfrerer.) Die wird von Ihnen und Ihrem Koalitionspartner verschwiegen. Traurig, dass so viel Qualität  die wir, generell gesehen, bei dieser Regierung so dringend bräuchten im Gesetzwerdungsprozess verloren ging.

Nun zum Inhalt: Das höchst erfolgreiche Tierschutzvolksbegehren im Vorjahr hat mit dem Finger auf Missstände bestehender Regelungen hingewiesen. Die hohe Beteiligung beziehungsweise Unterstützung der Bevölkerung in Österreich unterstrich die hohe Dringlichkeit der Politik zum Handeln. Auch das Volksbegehren gegen Tiertransporte muss ein Auftrag sein. Vielfach wurde von der Opposition darauf hingewiesen, dass die Verantwortlichen endlich den Prozess starten sollen. (Unruhe bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.) Auch hier im Bundesrat gab es genügend Aufforderungen dazu, die von der Opposition geflissentlich überhört wurden. (Die Rednerin hält aufgrund des hohen Lärmpegels im Saal inne. Bundesrat Raggl: Sind wir in der Schule, oder was?  Ruf: Hätten Sie auf einen Zwischenruf gewartet?) – Ich warte nicht auf einen Zwischenruf, ich lasse nur Ruhe einkehren (Zwischenrufe bei der ÖVP), wenn man sich mokiert. – Danke.

Der vorliegende Gesetzesvorschlag ist nun der Anfang eines wie es aussieht  steini­gen Weges zu mehr Tierschutz, im Speziellen in der Landwirtschaft. Die Zustände in der dichten Tierhaltung, die sich über Menge am Leben erhält, entsprechen schon längst nicht mehr unseren Wertvorstellungen (Bundesrat Preineder: Aber die Preisvorstel­lung ...!), die mit dem Respekt vor dem Lebenden einhergehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Bäuerinnen und Bauern, die selbst durch die gängige Landwirtschaftspolitik in existen­zielle Abhängigkeit geschlittert sind, können dieser Verrohung im Stall nichts entgegen­setzen, weil sie die 2 Milliarden Euro an jährlicher Agrarförderung in Österreich seit Jah­ren in eine Sackgasse führt. Ein Aufschrei erfolgt natürlich immer dann, wenn wieder ein verwahrloster Betrieb mit entsprechend hohem Tierleid ausgehoben wird. Es ist ein systemischer Wandel notwendig, sehr geehrte Damen und Herren. (Bundesrat Prein­eder: Ja, mehr zahlen!)

Ja, der Endverbraucher und die Endverbraucherin treffen ihre Entscheidung an der Ver­kaufstheke (Bundesrat Preineder: Ja, genau, genau!) oder im Wirtshaus, aber welche Grundlagen gibt es für die Entscheidung? (Bundesrat Preineder: Ja die kleine Landwirt­schaft!) Welche Information erhält man im Regelfall? Die ÖVP meint oftmals, die Kon­sumentinnen und Konsumenten entscheiden alleine getrieben über den Preis. Ich sage, wesentlich sind die Manipulation über die irreführende Produktwerbung in allen Medien und die fehlende Transparenz und Auszeichnung. (Beifall bei der SPÖ. Bundesrat Preineder: Von der Arbeiterkammer habe ich nichts gelesen!)

Jetzt nehme ich den Aspekt Ihres Gesetzesvorhabens heraus, nämlich die Schweinehal­tung. Keine Vollspaltenböden mehr in der Schweinehaltung bis 2040, sagt die Regie­rung. (Bundesrat Preineder: Keine Billigschnitzel mehr!) Wahr ist, dass es kein verbind­liches Ausstiegsdatum gibt, denn die vorliegenden Gesetzestexte räumen einen derart großen Spielraum bei der Umsetzung ein, dass man mit etwas Geschick noch weit über 2040 hinaus seine Schweine auf den Vollspaltenböden halten kann.

Abgesehen davon kann die Frist ohne Weiteres verlängert oder auch ausgesetzt werden. Erwähnenswert ist, dass sämtliche Anlagen, die zwischen 2023 und 2039 neu errichtet werden, auch weit über 2040 hinaus genützt werden dürfen, denn ab der ersten Inbetriebnahme kann die Haltungseinrichtung für mindestens 23 Jahre ohne rechtliche Konsequenzen betrieben werden.

Wichtige Begriffe in diesem Gesetz wurden schlichtweg nicht definiert. Das öffnet unse­rer Meinung nach Tür und Tor für jene, die das Tierwohl nicht ernst nehmen wollen. Ich bringe wieder mein Schild der Tierschutzombudsstellen zur Ansicht. (Die Rednerin hält eine Tafel, auf der unter der Überschrift „30 Jahre bis zum Ende des Vollspaltenbodens“ Schweine auf Vollspaltenböden und ein Zeitstrahl abgebildet sind, verkehrt in die Höhe. – Bundesrat Leinfellner: Drehs um, dann kann ich es lesen!) – Okay, Entschuldi­gung (Heiterkeit des Bundesrates Leinfellner), aber Sie sehen das besser als ich. (Die Rednerin dreht die hochgehaltene Tafel um 180 Grad. Heiterkeit bei der ÖVP.) – Ja, ich finde es sehr interessant, dass Sie Tierschutz als lustig empfinden.

Das ist die Einstellung, die ich mir auch erwartet habe (Bundesrat Raggl: Das war schon das Schild, warum wir gelacht haben!), wenn es um die Interessenvertretungen einer bestimmten Abteilung der ÖVP geht. Ja, ich gestehe es Ihnen zu, dass Sie die Interes­sen Ihrer Klientel vertreten, aber genauso muss es zugestanden werden, dass auch an­dere Interessen vertreten werden und dass sie hier zu Wort kommen und nicht verstum­men. Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.  Ruf bei der ÖVP: Das Taferl macht unwahrscheinlich aggressiv!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht um lebende Tiere und es geht um Schweine, die auch in Zukunft auf ihrem Urin und ihrem Kot leben müssen. (Bundesrat Preineder: Nein, beim Spaltenboden nicht!) – Genau, den kennen Sie so gut, oder? (Bundesrat Preineder: ... der fällt durch!) Ja, ja.

Ab 2023 dürfen keine neuen Stallungen mit Vollspaltenböden mehr errichtet werden, sagt die Regierung. Wahr ist, dass auch danach weiterhin große Teile der aktuell zu­lässigen Form errichtet werden dürfen. Es wird mit Begriffen wie unstrukturierte Vollspal­tenbuchten ohne Funktionsbereich jongliert, aber nichts wirklich definiert.

Auch wenn das Gesetz nur Kosmetik bringen wird, bin ich der festen Überzeugung, dass es zahlreiche Landwirtinnen und Landwirte geben wird und gibt, die Tierwohl fördern wollen, wenn wir ihnen das richtige Werkzeug und die richtigen Anreize dazu geben. Wir als SPÖ hätten uns gewünscht, dass die Landwirtinnen und Landwirte eine Art Werk­zeugkoffer in die Hand bekommen, der genau definiert, wie ein tierwohlgerechter Schwei­nestall in Zukunft auszusehen hat. Das ist jedoch nicht passiert.

Wir als SPÖ sehen viele Probleme, viele Schwachstellen und vor allem keine Planungs­sicherheit für jene, die einen Schweinebetrieb haben. Der Tierschutz ist zu wichtig, als dass man ihn einfach durch das Parlament peitscht. Sehr geehrte Kolleginnen und Kol­legen, es braucht diese Planungssicherheit für unsere Betriebe, und vor allem braucht es Perspektiven, um endlich das Höfesterben rasch einzudämmen. Das Gesamtpaket wird in keiner Weise dem gerecht, was höchst notwendig ist. Unsere Zustimmung erhält es nicht. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.12

Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hau­schildt-Buschberger. Ich erteile ihr dieses.