17.15

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Wer­ter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zu­seher! Die vorliegende 15a-Vereinbarung, vor allen Dingen, wie sie verkauft wurde, ist eine Mogelpackung. Das wurde sehr, sehr rasch erkannt, nämlich in dem Moment, in dem man gesehen hat, wie viel mehr an Geld zur Verfügung steht: Es ist 1 Milliarde Euro in fünf Jahren, aber in Wahrheit sind es im Jahr 55 Millionen Euro mehr. – So schaut es aus! Ich glaube, man wäre gut beraten, gerade bei diesem Thema nicht mit Mogelpa­ckungen zu arbeiten.

Der Ausbau der elementarpädagogischen Einrichtungen muss eines der ganz, ganz gro­ßen Ziele sein, im Interesse der Regionen. Wie oft haben gerade wir als Bundesrat ge­sagt, wie wichtig es ist, dass man die elementarpädagogischen Einrichtungen ausbaut, gerade im Interesse der Mütter, der Frauen, die überlegen, wie viele Stunden sie ar­beiten können, die aber vielfach gar nicht die Entscheidung treffen können, ganztags arbeiten zu gehen, weil die elementarpädagogischen Einrichtungen nicht da sind oder Öffnungszeiten haben, die das verunmöglichen.

Es ist im Interesse der Eltern insgesamt, die sich Sorgen machen und fragen, wo sie einen Kinderbildungsplatz herkriegen – es gibt Anmeldungen, die bereits am Beginn ei­ner Schwangerschaft gemacht werden, in der großen Angst, keinen Kinderbildungsplatz zu bekommen –, und es ist im Interesse der Kinder, um die es ja wirklich geht, die die beste Ausbildung bekommen können. Die elementarpädagogischen Einrichtungen leis­ten unglaublich gute pädagogische Arbeit für die Kinder. Das ist keine Aufbewahrungs­stelle, das ist tolle pädagogische Arbeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Fakt ist, dass die zusätzlichen 55 Millionen Euro im Jahr – und das ist eine Tatsache; wir freuen uns natürlich über jeden Kinderbildungsplatz, der eingerichtet wird, und jeden Punkt, der verbessert wird (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja eben!) – von der Teue­rung weggefressen werden. Das wird nicht zu einem weiteren Ausbau führen, sondern einfach den normalen Betrieb irgendwie aufrechterhalten, weil die Teuerung natürlich auch die Gemeinden und die Städte trifft und diese das nur ganz schwierig finanzieren können.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, Frau Bundesrätin Eder-Gitschthaler – ich schätze Sie sehr ‑, wenn wir wissen, dass die Beschäftigten in der Elementarpädagogik jetzt am Limit sind: Mit Dankesworten kommen wir da nicht mehr weiter! Sie sind über diese Verein­barung mehr als unglücklich. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Aber zumindest danken können wir ja schon! Danken können wir schon!) Es ist in der ganzen Vereinbarung nichts über den Qualitätsausbau drinnen (Zwischenruf bei der ÖVP), nichts über kleinere Gruppengrößen – all das ist nicht festgelegt.

Die Beschäftigten sind wirklich, um es Wienerisch zu sagen, echt haaß. Sie wenden sich an uns, an uns als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, und sagen: So kann es nicht weitergehen! (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Sie wenden sich auch an uns, wir kennen das schon!) Es gibt viele, viele Beschäftigte in diesem Bereich, die überlegen, das Berufsfeld zu wechseln (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Das tun sie eh schon!), oder sie haben es bereits gewechselt, weil sie nicht mehr können. Die Pandemie hat ihnen wirklich das allermeiste abverlangt, aber man hat sie in den verschiedensten Pha­sen der Pandemie ignoriert. Man hat ihnen nicht weitergeholfen. Sie haben keine Mas­ken tragen können, sie waren der Ansteckung ausgesetzt. Man hat in der Coronazeit keine Konzepte für die elementarpädagogischen Einrichtungen gehabt. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Das stimmt nicht!) Das war ganz, ganz schwierig.

Frau Bundesrätin Daniela Gruber-Pruner hat schon richtig gesagt: Diese 15a-Vereinba­rung war für diesen Bereich ein Hoffnungsschimmer. – Man hat so gehofft: Jetzt wird es losgehen, jetzt macht man wirklich den Ausbau für die nächsten fünf Jahre, dass wir in Richtung eines Rechtsanspruchs und der Sorgenfreiheit kommen! (Bundesrätin Gruber-Pruner nickt.) – Das ist da nicht der Fall. Es ist ein bisschen etwas, aber es ist zu wenig. (Bundesrat Köck: Das ist immer so!) Ich glaube, gerade im Interesse der Elementarpä­dagoginnen und der Elementarpädagogen hätte da wesentlich mehr passieren müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, die Ausbildungsoffensive ist ein Gebot der Stunde. Wenn Sie sa­gen, Sie arbeiten jetzt daran: Na scheen, oba spät san ma drau! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Reisinger: Schauen wir mal! – Bundesrat Köck: Immer zu wenig und immer zu spät!) Die Zuständigkeit für die Ausbildung liegt in Ihrem Ministerium. Es braucht einen absoluten Booster in der elementarpädagogischen Ausbildung und es braucht mehr Unterstützungspersonal für die Beschäftigten in diesem Bereich.

Herr Bundesminister, ich durfte in meiner Position als Gewerkschafterin und Bundesfrau­envorsitzende des ÖGB am 21.3. einen Antrittsbesuch bei Ihnen machen. Ich habe Sie gefragt: Können die Sozialpartner in diesem Beirat für Elementarpädagogik dabei sein? – Wir haben schon unter Bundesminister Faßmann gebeten: Wenn man über die Elementarpädagogik spricht, dann muss man die Beschäftigten miteinbeziehen, um wirklich gute Entwicklungsschritte machen zu können.

Sie, Herr Bundesminister, haben mir gesagt, das war ein Abstimmungsprozess, es ist davon auszugehen, dass wir nicht dabei sein dürfen, und binnen Kürze würden wir das Schreiben dazu erhalten. Ich habe bis zum heutigen Tag kein Schreiben erhalten, ob die Sozialpartner Mitglied in diesem Beirat für Elementarpädagogik sind. Jetzt bin ich gedul­dig – na, warten wir halt. Die Belastungen in einem Ministerium sind sehr groß, das ist schon klar, aber vom 21. März bis heute, Mitte Juli, ist das schon eine sehr lange Zeit. Wir hätten schon sehr gehofft, zumindest eine Antwort zu bekommen.

Ich darf noch einmal betonen: Wenn man einen Beirat macht, der sich mit der Zukunft der Elementarbildung beschäftigt, und die Beschäftigten nicht mit einbindet, dann ist das nicht klug und ist das auch nicht zukunftsgerichtet. Bitte geben Sie sich noch einmal einen Ruck! Ich weiß, dass der Beirat so konstruiert ist, dass man Einstimmigkeit braucht, aber trotzdem wäre es wichtig gewesen, alles zu tun, damit auch die Vertretung der Beschäftigten dabei ist.

Ich sage es noch einmal: Die Beschäftigten sind wirklich am Limit, und wir werden sie weiterhin vertreten. Ihr Ärger über die jetzige Situation ist nicht gering – das ist nur ganz schwierig im Zaum zu halten.

Ich darf noch etwas sagen, weil Sie gesagt haben, es passiert doch eine Menge und man muss sich auch entscheiden können, ob man arbeiten geht oder nicht, man möchte keinen Druck ausüben: All das ist in Ordnung, aber es muss die Wahlmöglichkeit be­stehen. Es haben immer noch 7 Prozent der elementarpädagogischen Einrichtungen in Österreich mindestens 51 Schließtage im Jahr. Wie soll man das mit Beruf und Familie vereinbaren? 14 Prozent der elementarpädagogischen Einrichtungen in Österreich schließen ihre Pforten um 14 Uhr. Ja, ganz ehrlich, wie soll man da überhaupt überlegen, arbeiten zu gehen, teils auch Teilzeit, weil man da ja auch noch zwischen Arbeitsort und Kinderbildungseinrichtung hin- und herfahren muss? Das ist zu wenig, da braucht es einen ordentlichen Booster.

Ich verstehe auch absolut die heutige Äußerung der Vizepräsidentin der Wirtschaftskam­mer, die gesagt hat: Nett, das ist etwas, aber es ist noch zu wenig! – Bitte, bitte geben Sie sich einen Ruck! Die 1,2 Milliarden Euro, die es zum Ausbau der Kinderbildung ge­geben hätte, die sind weg. Es wäre die Chance gewesen, den Resilienzfonds der EU zu nützen, um einen wirklichen Booster in der Kinderbildung zu machen und nicht die klei­nen Schritte. Diese Chancen wurden vertan.

Wir lassen im Interesse der Frauen, im Interesse der Eltern, im Interesse der Kinder und vor allen Dingen im Interesse der Beschäftigten in der Elementarpädagogik bei diesem Thema nicht locker. Da geht es um die Zukunft unseres Landes. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

17.23

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl. – Bitte.