18.52

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! In der letzten Sitzung haben wir hier ein Gesetz be­schlossen, das im Hauptausschuss schon wieder überholt war, während wir hier ge­standen sind. Jedenfalls geht es bei diesem Gasdiversifizierungsgesetz darum, die Mittel in Höhe von 100 Millionen Euro auf 400 Millionen Euro zu erhöhen und in weiterer Folge jährlich 100 Millionen Euro jenen Betrieben auszuschütten, die sich nicht auf russisches Gas konzentrieren.

Eigentlich könnte man sagen, ja, okay, da sind wir dafür, aber es gibt doch viele Dinge, die zu besprechen sind. Ein Punkt davon ist, dass wir seit Monaten hören, dass die Ver­sorgung der österreichischen Bevölkerung, der KMUs und der Industrie mit Gas ge­sichert ist. Ich bin mir da nicht sicher, aber die Frau Bundesministerin wird uns das sicher beantworten. Ich glaube nicht, dass wir es bis Herbst schaffen werden, 80 Prozent ein­zubunkern, beziehungsweise glaube ich nicht, dass wir jetzt bei 48 Prozent sind, denn wir alle wissen durch die Medien und durch Veranstaltungen, die wir besuchen und bei denen wir dabei sind, dass von diesen 48 Prozent vieles auch den anderen Staaten im Umfeld gehört.

Dass es jetzt dazu gekommen ist, das Kohlekraftwerk in Mellach zu reaktivieren, und dass weitere Kraftwerke mit ins Angebot genommen werden, die mit Gas befüllt werden und bei denen halt auch wieder andere mit dabei sind, das ist in Ordnung. Ich glaube, dass es wichtig ist, das zu tun. Ich glaube nur nicht, dass es in Österreich möglich ist, diesen Kraftakt alleine zu schaffen. Im EU-Ausschuss ist darüber auch schon diskutiert worden. Ich bin der Meinung, dass es zur Bekämpfung der Energiekrise eigentlich eines lauten Rufes nach Europa bedarf und dass vor allem die explodierenden Preise und die Sorge um diese ausbleibenden Energielieferungen eine gesamteuropäische Lösung for­dern. Ich habe nur das Gefühl, so ist es mir zum Beispiel im EU-Ausschuss vermittelt worden, dass man dabei den einen Fuß nicht vor den anderen bekommt, dass man zwar sagt, dass alles in Ordnung ist, dass alles geregelt ist und man sich irgendwann treffen wird, auf der anderen Seite wiederum sehe ich, dass sich die Minister und Ministerinnen in Europa die Hände geben und versuchen, das Problem zu lösen.

Was macht die EU, um den Ländern in der Energiekrise zu helfen? – Nach Aufforderung durch den Europäischen Rat, glaube ich, hat die Kommission Ende Mai das Programm Repower EU vorgelegt, und neben diversen Energiesparvorschlägen ging es um die Diversifizierung von Energielieferanten. – Warum, das ist für mich die Frage, kauft die EU am Weltmarkt nicht günstig ein, denn unser größtes Problem ist ja, dass die Preise steigen? Was bei den Coronaimpfstoffen anscheinend noch möglich war, ist bei Gas und Öl nicht möglich, denn jeder Staat versucht in dieser Hinsicht, für sich selbst seine Lö­sungen zu treffen. Das wird wahrscheinlich nicht der richtige Ansatz sein.

Ist es der richtige Weg, wenn der Atomstrom jetzt auch zur grünen Energie erklärt wird? – Er ist es wohl für eine Übergangslösung, aber Gott sei Dank nicht in weiterer Folge. Ich habe es gelesen, habe das auch im EU-Ausschuss festgestellt, dass Othmar Karas, der Erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments, den sofortigen Start dieses gemein­schaftlichen Beschaffungswesens fordert, nämlich das, was ich gerade auch anspreche.

Die Länder sollten im Übrigen die nunmehr erlaubte Reduzierung der Mehrwertsteuer in Anspruch nehmen, aber auch darüber nachdenken, wie sie einen Deckel schaffen – et­was, das ja schon durch viele Ausschüsse beziehungsweise Redebeiträge gegeistert ist.

Seit Montag wird die Ostseepipeline Nord Stream 1 gewartet, und ich habe Bedenken, ob sie wieder aufgedreht wird. Also diesbezüglich habe ich, wenn ich ehrlich bin, Bauch­weh, wahrscheinlich wir alle. Was dann passiert, wenn das nicht passiert, das wissen wir, glaube ich, auch.

Es gibt eine Umfrage, in der 40 000 oder 45 000 Menschen die Frage gestellt wurde: Soll die Regierung die Energiepreise begrenzen? – 91 Prozent haben mit Ja gestimmt und 9 Prozent mit Nein. – No na, werden Sie wahrscheinlich sagen. Ich glaube, dass wir oft nicht wissen, wie nahe das, was jetzt passiert, dem Volk draußen geht. Wir sollten uns das jeden Tag verdeutlichen und versuchen, in diese Richtung zu arbeiten.

Was aber in dieser Situation noch schwierig ist, ist: Wenn jemand wirklich umstellen will, sei es jetzt weg vom Öl hin zu Pellets oder hinsichtlich einer Tiefenbohrung für Wärme­pumpen, was auch immer, dann gibt es dafür keine Handwerker und es gibt auch die Materialien nicht. Wir kommen hinten und vorne nicht zurecht. Selbst bei der Förderung des Bundes, wenn es um Fotovoltaikanlagen auf dem Dach geht, wenn man privat etwas macht, ist es so, dass man beim ersten Call rausfliegt, dann kommt schon der zweite, und fragt, ob es möglich ist. – Also dort staut es sich auch.

Was auch noch interessant ist: Die Bundeswettbewerbsbehörde hat beim Spritpreis drei Monate lang überprüft, ob der Preis jetzt wirklich so, wie er weitergegeben wird, in Ord­nung ist. Man hat festgestellt, dass er um 20 Cent zu hoch ist. Eigentlich müsste die Wirtschaftsministerin, der Wirtschaftsminister in diesen Bereich eingreifen und die Ver­ordnungen ändern, um das weiterzugeben.

Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Rund 1,7 Millionen Menschen in Österreich sind in Zahlungsnot. 1,7 Millionen Menschen können es sich aktuell nicht leisten, wenn jetzt die Stromrechnung oder die Gasrechnung kommt, die verteuert ist, 1 100 Euro zu bezahlen. Sie sind dazu nicht in der Lage.

770 000 Menschen können sich nicht einmal mehr eine Kleinigkeit leisten. Das heißt, durch diese Teuerungswelle und durch diese Teuerung bei der Energie können sie sich nicht einmal mehr eine Kinokarte leisten, um ins Kino zu gehen. 330 000 Menschen ha­ben nicht genug finanzielle Mittel, um ihre Wohnung zu heizen. Das ist katastrophal, und deswegen möchte ich zum Abschluss vielleicht noch einmal versuchen, Ihnen unsere Lösungsansätze zu präsentieren.

Wir wissen alle und wir diskutieren darüber – einige wollen es nicht, wir hoffen, dass es in weiterer Folge bessere Vorschläge gibt –, dass beim Thema Mehrwertsteuer auf Strom, Gas, Sprit sowie auf Lebensmittel etwas zu machen ist, sie befristet zu streichen wäre. Bei entsprechender Preiskontrolle und der gesetzlichen Vorgabe, dass die Verbilligung weitergegeben werden muss, kann so rasch und unbürokratisch gehandelt werden. Si­cher kann man einen Sockel von der Größenordnung her einsetzen.

Zum staatlichen Preisdeckel bei den Energiepreisen sage ich, wenn es der Vizepräsident des EU-Parlaments oder auch die Landeshauptfrau und die Landeshauptmänner – das hat ja auch der Bürgermeister und Landeshauptmann heute gesagt – in verschiedenen Bundesländern feststellen, dass man in diese Richtung hin etwas entwickeln sollte, dann sollte man sich wirklich zu diesem Energiegipfel hinbewegen, um dort etwas zu tun. Ihr braucht gar nicht zu lachen in der ersten Reihe, ihr braucht nicht zu lachen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Zwazl: Wer hat denn gelacht?)

Ihr braucht deshalb gar nicht zu lachen, denn das sind Ansätze, um etwas zu tun, und die Menschen draußen müssen uns etwas wert sein. Für die Menschen müssen wir etwas tun. Es darf nicht passieren, dass es so ist, wie es in meiner Jugend war, dass meine Oma oder meine Mutter zu mir gesagt hat: Wir müssen es uns vom Mund abspa­ren, wenn wir dir eine Bekleidung kaufen. Ich sage euch eines: Wenn es so weitergeht – ich hoffe nicht, dass es so ist –, dann werden wir im Herbst genau diese Situation haben. Und das wäre das Schlimmste, was passieren könnte. (Beifall bei der SPÖ.)

19.02

Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Prein­eder. Ich erteile ihm dieses.