21.55

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Frau Präsi­dentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte unbedingt gleich zu Beginn klarstellen, dass ich es für unredlich halte, heute schon wieder hören zu müssen, dass geflüchtete Menschen diskreditiert werden oder auch dass zwischen guten Flüchtlingen und schlechten Flüchtlingen unter­schieden wird. (Bundesrat Schennach: Ist ja so!) Krieg ist Krieg und Mensch ist Mensch, und ich denke, in dem Punkt sind wir uns alle einig.

Seit 24. Februar 2022 ist der Krieg ganz in unsere Nähe gerückt. 925 Kilometer von uns entfernt wurde vorgestern ein Wohnhaus Ziel eines russischen Angriffs und 15 Men­schen starben. Seit sechs Monaten erleben wir fast hautnah täglich die Gräuel dieses schrecklichen Angriffskrieges. (Bundesrat Steiner: Du bist für Waffenlieferungen, liebe Dame!) Frauen und Kinder in großer Zahl sind seither nach Europa geflohen und finden hier Schutz. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Ihre Zukunft ist ungewiss. (Bundesrat Steiner: Schickt ihnen ein paar Fahrradeln!) In Österreich selber ist es wich­tig und wesentlich, schutzsuchenden Menschen, egal von wo, die Möglichkeit zu geben, in menschenwürdigen Verhältnissen zu leben, sei es während sie auf die Rückkehr in ihr Heimatland hoffen oder auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten.

Dazu gibt es seit dem 1.5.2004 die sogenannte Grundversorgung. Und die Grundver­sorgung ist bitte nicht mit der Sozialhilfe zu verwechseln. Grundversorgungsleistun­gen sind an sehr enge und strenge Kriterien gebunden und eben in der 15a-Vereinba­rung geregelt. (Bundesrat Spanring: Ah, ah, ah! Also bevor das in Niederösterreich ein Freiheitlicher übernommen hat, war ein jeder in der Grundversorgung! Da war bei der SPÖ jeder in der Grundversorgung, der ... gehabt hat!) Die Grundversorgung umfasst Leis­tungen der Unterbringung, des Verpflegungsgeldes, der Krankenversicherung und der Ab­geltung für Schulbedarf, aber auch zum Beispiel Fahrtkosten zu ÄrztInnen. (Bundesrat Spanring: Und was ist passiert, als ihnen die Grundversorgung gestrichen worden ist? Nach Wien sind sie gegangen und dort haben sie die Grundversorgung gekriegt! Das muss man wissen!)

Unterbringung gibt es in sogenannten organisierten Quartieren, aber es gibt auch eine individuelle Unterbringung in Privatwohnungen, wie sie zum Beispiel jetzt im Ukraine­konflikt für die vielen Vertriebenen hauptsächlich genutzt wird. Man muss auch einmal ansprechen, dass das im Grunde ein Glücksfall für den Staat ist, dass es diese sehr große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung gibt und sie Privatquartiere zur Verfügung stellt, denn es herrscht tatsächlich ein Mangel an sogenannten organisierten Quartieren. Wir hätten die Herausforderung der Unterbringung der geflüchteten Menschen ohne die Hilfe der Bevölkerung wohl kaum schaffen können. Dafür an dieser Stelle ein wirklich herzli­ches Dankeschön! (Beifall bei den Grünen sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ.)

Ich könnte jetzt – wahrscheinlich nicht zur Freude des Plenums – über die Thematik der Unterbringung von Geflüchteten noch ganz lange und ganz ausführlich reden, denn ich beschäftige mich schon seit 30 Jahren mit dem Thema und habe in dem Themenfeld wirklich schon sehr viel erlebt. Was mir immer wieder auffällt: Es herrscht in diesem Be­reich leider sehr viel Halbwissen, und das führt auch oft zu Empörung und Unmut. Eines aber kann ich ganz bestimmt und ganz sicher sagen: Die Grundversorgung ist wirklich das Minimalste, was die Menschen zum Leben zur Verfügung gestellt bekommen.

Bei der derzeitigen Teuerung und der Inflation möchte ich behaupten, dass die erste Erhöhung der Grundversorgungsleistungen seit 2016 fast schon wieder aufgefressen wurde. 100 Euro pro Monat, das sind 3,30 Euro pro Tag – so viel erhält ein schutzbedürf­tiges Kind derzeit, um den Bedarf des täglichen Lebens zu decken. (Bundesrat Ofner: Ja, das sollen erst einmal unsere Mindestpensionisten ... kriegen von euch!) So ist es in der derzeit gültigen Grundversorgungsvereinbarung geregelt: 3,30 Euro für ein Früh­stück, eine Schuljause, ein Mittagessen und ein Abendessen. Ohne große Rechenküns­te und im Wissen, dass die Lebensmittelpreise gestiegen sind, ist leicht erkennbar, dass das fast nicht reicht, um satt zu werden.

Zukünftig wird jetzt endlich, Gott sei Dank, dieser Satz auf 145 Euro pro Monat angeho­ben, das sind 4,80 Euro pro Tag. Gut ist auch, dass es seit 1.7.2017 für Menschen in der Grundversorgung die Möglichkeit gibt, mittels eines sogenannten Dienstleistungs­schecks etwas Geld dazuzuverdienen. Es gilt vor allem für die Gruppe der Ukraine­rInnen, dass sie jetzt schnell zu einer Beschäftigungsbewilligung kommen können. Denn in Wirklichkeit möchten geflüchtete Menschen – auch das kann ich aus meiner jahrzehn­telangen Erfahrung sagen – nicht auf Unterstützung angewiesen sein, sondern für sich selber sorgen können. (Bundesrat Ofner: Ja genau, die Schwarzarbeiter!) Das ist nicht immer möglich, und deshalb brauchen wir eben die Grundversorgung.

Ich denke, dass es in unser aller Sinn ist, diese Änderungen in der 15a-Vereinbarung auf den Weg zu schicken. Wir sichern mit der Erhöhung der Kostensätze die Lebens­grundlage für schutzbedürftige Menschen. Vielleicht ist es dadurch auch möglich, dass die eine oder andere NGO ihr organisiertes Quartier erhalten kann, denn nicht für alle Flüchtlinge ist es möglich, ein privates Quartierangebot, ein Wohnangebot zu erhalten. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Und in noch einem sind wir uns hoffentlich einig (Rufe bei der FPÖ: Nein! Nein!): Wer vor dem Krieg flieht und sein Zuhause verloren hat, dem sollten wir Unterkunft, Verpfle­gung, Krankenversorgung und Schutz bieten. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ.)

22.00

Präsidentin Korinna Schumann: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Karner gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.