22.11

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen, falls noch jemand um diese Ta­geszeit zuschaut! Eigentlich wollte ich es ganz kurz machen, aber ich muss jetzt doch mehr zu diesem Tagesordnungspunkt sagen, denn das, was meine Vorrednerin gesagt hat, dass die Begründung des Europäischen Gerichtshofs war, dass der Oberste Ge­richtshof parteiisch sei, stimmt so einfach nicht, und das möchte ich jetzt auch näher aus­führen.

Das Übernahmegesetz reguliert die öffentlichen Angebote zum Erwerb von Beteiligungs­papieren, die von einer Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland ausgegeben wurden und an einer österreichischen Börse zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind. Wer eine unmittelbare oder mittelbare kontrollierende Beteiligung an einer Zielgesell­schaft erlangt, muss dies der Übernahmekommission unverzüglich mitteilen und inner­halb von 20 Börsentagen ab Kontrollerlangung ein Angebot für alle anderen Beteili­gungspapiere der Zielgesellschaft anzeigen.

Die gegenständliche Abänderung des Übernahmegesetzes wird durch die Rechtspre­chung des Europäischen Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren zu C-546/18 notwendig. Die geltende Rechtslage soll in Einklang mit den Vorgaben dieses Urteils gebracht werden. Zudem sollen im Zuge der gegenständlichen Gesetzesanpassung die Regelungen zum sogenannten Creeping-in angepasst werden.

Eigentlich wollte ich nicht wörtlich zitieren, was der Europäische Gerichtshof geschrieben hat, aber ich mache es jetzt doch. Also wörtlich hat der Europäische Gerichtshof im zu­grunde liegenden Verfahren festgestellt, dass die „Art. 4 und 17 der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahme­angebote [...] im Licht der durch das Unionsrecht garantierten Verteidigungsrechte, ins­besondere des Rechts auf Anhörung, sowie der Art. 47 und 48 der Charta der Grund­rechte der Europäischen Union dahin auszulegen“ sind, „dass sie einer Praxis eines Mit­gliedstaats entgegenstehen, nach der eine rechts- bzw. bestandskräftige Entscheidung, mit der ein Verstoß gegen diese Richtlinie festgestellt wurde, in einem späteren wegen dieses Verstoßes geführten Verwaltungsstrafverfahren Bindungswirkung entfaltet, so­weit die Parteien dieses Verfahrens im vorangegangenen Verfahren zur Feststellung dieses Verstoßes die Verteidigungsrechte, insbesondere das Recht auf Anhörung, nicht uneingeschränkt wahrnehmen konnten sowie das Aussageverweigerungsrecht und die Unschuldsvermutung nicht in Bezug auf Tatsachen geltend machen bzw. nutzen konn­ten, auf die später der Tatvorwurf gestützt wird, oder soweit ihnen gegen eine solche Entscheidung kein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem sowohl in Sach- als auch in Rechtsfragen zuständigen Gericht gewährt wird.“ – Das war die wörtliche Begründung des Europäischen Gerichtshofs.

Vereinfacht beziehungsweise zusammengefasst gesagt hat der Europäische Gerichts­hof somit festgestellt, dass Entscheidungen der Übernahmekommission von einem Ge­richt überprüfbar sein müssen, welches über die Kompetenz zur Prüfung aller relevanten Sach- und Rechtsfragen befugt ist. Die derzeitige Rechtslage wird dieser Vorgabe nicht gerecht. Im geregelten Recht, namentlich in § 30a des Übernahmegesetzes, ist eine Re­kursmöglichkeit an den Obersten Gerichtshof vorgesehen.

Aufgrund der dabei zur Anwendung gelangenden Bestimmungen über den Revisions­rekurs stellt eine unrichtige Tatsachenfeststellung keinen Revisionsrekursgrund dar. Daher soll nun § 30a des Übernahmegesetzes angepasst werden, sodass künftig eine Rekursmöglichkeit an das Oberlandesgericht Wien nach den Bestimmungen des Außerstreitgesetzes besteht und somit künftig sichergestellt ist, dass nun auch zusätz­lich eine Überprüfung von Tatsachenfeststellungen möglich ist – an das Oberlandesge­richt Wien deshalb, weil unsere österreichische Börse in Wien angesiedelt ist. Alles an­dere werde ich jetzt nicht weiter ausführen, aber es war mir wichtig, das zu sagen.

Weil die Kollegin auch das Creeping-in genannt hat: Das wundert mich, denn wir haben ja in unseren Ausschusssitzungen von den Experten gehört, dass dies mit keinen Nach­teilen für die kleineren Aktionäre verbunden ist. 3 Prozent Beteiligungsausbau pro Jahr, wenn ein Aktionär bereits zwischen 30 und 50 Prozent der Anteile hält, ist kein wesent­licher Ausbau der Beteiligungsverhältnisse.

Insgesamt sind die vorgeschlagenen Anpassungen des Übernahmegesetzes aus meiner Sicht zu begrüßen, da diese nicht nur eine Liberalisierung der heute eher stren­gen Regelung zum Creeping-in beinhalten, sondern auch eine europarechtskonforme Ausgestaltung des Rechtsmittelverfahrens mit sich bringen und zudem die Rechte der Verfahrensbeteiligten stärken. Aus all diesen Gründen unterstütze ich die gegenständ­liche Gesetzesvorlage und möchte Sie bitten, dieser Gesetzesvorlage ebenfalls zuzu­stimmen.

Da ich die letzte Rednerin heute Abend bin, wünsche ich allen einen schönen und er­holsamen Sommer. – Bleiben Sie gesund! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesrä­tInnen von SPÖ und Grünen.)

22.17

Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Stei­ner. Ich erteile ihm dieses. (Ruf bei der ÖVP: Na, bitte! – Bundesrat Bader: Der will uns nur einen schönen Sommer wünschen! – Ruf bei der ÖVP: Ist der Ruf einmal ruiniert, lebt es sich gänzlich ungeniert!)