10.27

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Schülerinnen und Schüler auf der Galerie! Vielleicht noch einmal ganz kurz, worum es in diesem Gesetz geht, weil jetzt so getan wurde, als würden wir den Föderalismus abschaffen. Also ganz so dramatisch, wie es der Vorredner gesagt hat, ist es nicht.

Um es zusammenzufassen: Ein Teil der Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland ist ein Verbot der Vergabe öffentlicher Aufträge an russische Un­ternehmen, die direkt mit diesem Krieg, mit dem Regime verbunden sind und dazu beitragen würden, dass noch mehr Menschen getötet, verschleppt, verge­waltigt, zwangsadoptiert oder in Massengräbern bestattet werden. Darum geht es. (Bundesrat Steiner: Ich bin für den Frieden!)

In bestimmten Fällen können aber nach EU-Recht Ausnahmegenehmigungen erteilt werden. Das haben wir in der Europäischen Union so ausgemacht. Diese Ausnahmen betreffen etwa Erdgas, Nickel oder Palladium. Bisher gibt es kei­ne für solche Genehmigungen zuständige Stelle – und das ist genau das, was wir jetzt schaffen. Ein Gutachten des Verfassungsdienstes hat nämlich ergeben, dass die Kompetenzlage zwischen Bund und Ländern tatsächlich nicht geklärt war. Das betrifft uns natürlich im Bundesrat auch in einem besonderen Ausmaß.

Aus diesem Grund – um das zu klären und um auch für die Unternehmen Rechtssicherheit zu schaffen – schaffen wir diese Stelle. Aus diesem Grund wird mit diesem Gesetz bis Ende 2023 – also wirklich befristet – eine Bundeskom­petenz eingeführt, die dann ausnahmsweise Genehmigungen von bestimm­ten öffentlichen Aufträgen erteilt. Diese Stelle wird eben im Bundesministerium für Justiz angesiedelt sein.

Ich möchte natürlich schon noch ein paar Worte zu diesen Sanktionen sagen, denn wie wir wissen, sind die Freiheitlichen gegen diese Sanktionen, die wir gemeinsam als Europäische Union beschlossen haben. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin allerdings davon überzeugt, dass diese Einigkeit der Europäischen Union ungeheuer wichtig ist, und wenn wie vorhin so getan wird, als wäre Russland so viel mächtiger, dann muss ich schon sagen: Die Wirtschaftsleistung der Euro­päischen Union ist schon um ein Zigfaches höher als jene Russlands. Russland braucht unser Geld in ganz besonderem Maße.

Die Europäische Union – und das ist mir schon auch wichtig – wurde als Frie­densprojekt gegründet. Das dürfen wir nie aus dem Auge verlieren. (Bundes­rat Steiner: Jetzt sind wir Kriegstreiber!) Das ist mir auch deshalb wichtig, weil noch unsere Großväter – mein Großvater war ja aus Rotterdam – gegenein­ander haben kämpfen müssen. Wir haben jetzt – auch mit dieser Europäi­schen Union – für viele Generationen auf diesem Kontinent Frieden geschaffen. Das ist eine Leistung, die auf diesem Planeten außergewöhnlich ist und die wir nie – nie! – vergessen dürfen.

Die Europäische Union ist wirklich das Gegenteil von dem, was Wladimir Putin repräsentiert – das sind Angriffskriege, das sind Eroberungsfeldzüge, das ist das Missachten der Souveränität von Staaten, das ist antidemokratisch, das ist, die universellen Bürger- und Menschenrechte einfach mit den Füßen treten, einfach ein Land angreifen und die Grenzen verändern wollen. (Bundesrat Steiner: Wie die Amis! Wie Amerika!)

Eines ist schon wichtig: Wer die ökonomische Versorgung der Nachschublinien – die Finanzierung von diesem Krieg, von diesem Horror, von diesen Toten, von diesen Verbrechen an der Zivilbevölkerung – nicht unterbrechen will, der macht keine Friedenspolitik, der ist auch nicht neutral.

Neutralitätspolitik hat noch nie bedeutet, die Augen vor Verbrechen zu ver­schließen, im Gegenteil: Frieden zu wollen bedeutet auch, dafür einzutreten, für eine Welt zu kämpfen, in der unsere Kinder wieder das haben können, wofür wir uns so lange eingesetzt haben: dass wir in einem Europa der Kooperation le­ben, in einem Europa der Zusammenarbeit und in einem Europa ohne Krieg. Uns dafür einzusetzen ist richtig, und diese Sanktionen sind ein wichtiger Be­standteil für diese Zukunft. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

10.32

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Jo­hannes Hübner. Ich erteile ihm das Wort.