9.26

Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zusehende! Landwirtschaft geht uns alle an, denn sie ist unsere Lebensgrundlage. Das ist kein Satz für Sonntagsreden, sondern das ist ein Grundsatz, nach dem wir alle angesichts der multiplen Krisen, in denen wir uns als Gesellschaft wiederfinden, handeln müssen, denn die Herausforderungen, vor denen unsere meist bäuer­lichen Familienbetriebe stehen, sind enorm.

Gerade die Klimakrise und ihre Folgen haben sehr starke Auswirkungen auf die heimische Landwirtschaft. In der Steiermark waren beispielsweise der Obst- und Weinbau in den letzten Jahren massiv von Schäden durch Spätfröste, Starkregen und Hagelunwetter betroffen. Die extreme Dürre in diesem Sommer sorgte für Ernteausfälle und belastet auch die Forstwirtschaft massiv. Da ist dringend ein Richtungswechsel erforderlich, um in Zukunft nicht nur das wirtschaftliche Überleben unserer Bäuerinnen und Bauern zu gewährleisten, sondern unser aller Versorgungssicherheit mit gesunden, regionalen Lebensmitteln sicherzustellen.

Erfreulicherweise bringt die neue Gemeinsame Agrarpolitik aus grüner Sicht auch einige Verbesserungen, auf die ich in der Folge gerne kurz eingehen möchte.

Besonders stolz sind wir darauf, dass wieder eine eigenständige Bioförderung zustande gebracht wurde und jährlich 40 Millionen Euro mehr als in der Vor­periode zur Verfügung stehen. Es gibt eine eigene Feldgemüseprämie, ein Top-up zu Untersaaten im Ackerbau, eine erhöhte Investitionsförderquote von 5 Prozent sowie eine eigene Bioprojektförderung für die Vermarktung und Ver­arbeitung, aber auch die Bildung und Beratung.

Die ökologische Landwirtschaft – wir haben das heute schon ein paar Mal gehört – kann vor allem für unsere kleinstrukturierte österreichische Land­wirt­schaft eine zukunftsfähige Lösung sein. Es freut mich wirklich besonders, dass wir uns offensichtlich alle in diesem Punkt einig sind. (Bundesrat Preineder: Ja, aber da muss man die Biobauern leben lassen!)

Biologische Betriebe nützen die Kreislaufwirtschaft. Alles, was am Hof wächst und anfällt, wird genutzt und wiederverwendet, so auch beispielsweise Kompost oder Wirtschaftsdünger wie Mist und Jauche. Es werden möglichst keine Betriebsmittel zugekauft, und gerade – das haben wir heute auch schon gehört – die hohen Betriebsmittelkosten von Importdünger und Importfuttermittel belasten im Moment viele Höfe, die konventionell betrieben werden. Russland ist nämlich auch ein weltweit wichtiger Erzeuger von Düngemitteln und übt dadurch in diesem Bereich einen enormen Preisdruck aus. Seit Beginn des Ukrainekriegs schnellten die Preise für Düngemittel in die Höhe, was sich auch auf die Preise landwirtschaftlicher Erzeugnisse auswirkte.

Wir alle haben es gemerkt: Die Preise für konventionelle Lebensmittel sind im ersten Halbjahr durchschnittlich um 7,8 Prozent gestiegen, für Biolebensmittel dagegen nur um rund 3,5 Prozent. Das zeigt – das haben wir heute auch schon ein-, zweimal gehört –, dass die ökologische Landwirtschaft auch krisenfester ist. Biologische Landwirtschaft schützt unser Klima, unseren Boden und unsere Artenvielfalt und macht uns demnach langfristig auch unabhängiger von Import­futtermitteln und Importhandelsdünger.

Verbesserungen durch die neue Gemeinsame Agrarpolitik gibt es auch im Bereich des Tierwohls. Für die Freilandhaltung von Schweinen gibt es erstmals eine Förderung. Zusätzlich kommen eine Ringelschwanzprämie, wenn alle gehaltenen Schweine unkupiert bleiben, sowie ein Zuschlag für gentechnikfreie Fütterung. Ich darf an dieser Stelle auch daran erinnern, dass wir endlich auch den Ausstieg aus dem Vollspaltenboden beschlossen haben.

Es gibt endlich auch eine Umverteilung von Groß zu Klein. Für die Umvertei­lungszahlungen stehen 10 Prozent des Budgets aus der ersten Säule zur Verfügung. Sie werden in zwei Stufen, zunächst für die ersten 20 Hektar und dann für die ersten 40 Hektar, verteilt. Es gibt erstmals auch ein Capping. Direktzahlungen aus der ersten Säule werden nach Anrechnung der Lohnkosten bei 100 000 Euro gedeckelt. Es ist also erstmals eine Förderobergrenze einge­zogen worden.

Zusätzlich zu den Umverteilungszahlungen wurde auch noch die Ausgleichs­zulage im Berggebiet erhöht. Mit zusätzlichen 5 Millionen Euro stützen wir gezielt kleine Betriebe in schwierigen Berglagen.

Zum ersten Mal gibt es auch so etwas wie eine soziale Konditionalität, denn die Lohnkosten werden beim Capping nur angerechnet, wenn alle arbeitsrechtlichen und kollektivvertraglichen Regelungen eingehalten werden. Soziale Konditionali­tät bedeutet demnach Kürzung der Förderung bei Verstößen gegen das Arbeits­recht. Österreich führt diese Änderung bereits ab 2023 ein und nicht, wie es EU-rechtlich auch möglich gewesen wäre, 2025. Soziale Konditionalität bezieht sich auf nationales Arbeitsrecht, wie beispielsweise das Landarbeitsgesetz und die darauf basierenden Verordnungen, und nicht nur auf die nationale Umsetzung einzelner Artikel von EU-Richtlinien. Die Rechte der Landarbeiterinnen und Landarbeiter werden dadurch gestärkt.

In die Zukunft gedacht wurde aber auch hinsichtlich der Transparenz. Ab 2025 gibt es erstmals einen jährlichen Bericht an den Nationalrat, der die Evaluie­rungen zusammenfasst und den Fortschritt hinsichtlich sämtlicher Wirkungs­indikatoren darstellt. Erstmals sorgen wir damit für eine transparente par­lamentarische Diskussion über die Wirkungen der Agrarförderungen. Ein beson­derer Fokus wird auf den Green-Deal-Zielen liegen. Der Fortschritt Öster­reichs, etwa bei der Halbierung des Pestizid-, Mineraldünger- und Anti­bio­tika­einsatzes, wird endlich öffentlich beobachtet und debattiert.

Insgesamt betrachtet ist die neue Gemeinsame Agrarpolitik aus grüner Sicht natürlich nicht von heute auf morgen komplett gewandelt worden. Das haben wir als grüne Partei aber, glaube ich, in den Verhandlungen auch nicht realistisch erwartet. Gelungen ist aus unserer Sicht aber doch einiges, und das möchte ich auch noch einmal kurz betonen, nämlich die erstmalige Förderobergrenze, die stärkere Förderung der ersten 20 Hektar und der Ausbau der Bioförderung. Wir sind im Bereich der Agrarpolitik sicher noch nicht dort, wo wir hinwollen, aber ich denke, es ist endlich ein Schritt in die richtige Richtung. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

9.33

Präsidentin Korinna Schumann: Für eine erste Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Land-, Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft. Ich erteile ihm das Wort. Auch seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten.