9.47

Bundesrätin Nicole Riepl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, heute über dieses Thema zu sprechen, da ich selbst aus erster Hand berichten kann. Wie viele von Ihnen wissen, bin ich selbst Nebenerwerbslandwirtin und kenne daher die Sorgen und Lebensumstände der Bäuerinnen und Bauern.

Wir Bauern sind 365 Tage im Jahr Tag und Nacht im Einsatz, um den bäuer­lichen Betrieb aufrechtzuerhalten. Die Wertschätzung gegenüber den bäuer­lichen Betrieben lässt seit Jahrzehnten zu wünschen übrig.

Aussagen über Durchschnittseinkommen im Bereich der landwirtschaftlichen Betriebe muss man hinterfragen, denn man muss, wenn laut Grünem Bericht 2022 das Einkommen durchschnittlich um 15 Prozent gestiegen ist – in absoluten Zahlen heißt das auf circa 30 000 Euro pro Betrieb –, schon genau hinschauen: Welche Betriebe sind das?

Wir dürfen nicht vergessen, dass ein Durchschnittswert nicht widerspiegelt, was der einzelne Betrieb erwirtschaftet, denn das Einkommen setzt sich aus dem Verkauf der landwirtschaftlichen Produkte und aus den Förderungen zusammen. Wie wir alle wissen, sind diese seit Jahrzehnten unfair verteilt: Die Großen pro­fitieren, die Klein- und Mittelbetriebe sind Bittsteller.

Vor allem werden in Österreich landwirtschaftliche Betriebe zum Großteil von Nebenerwerbslandwirten geführt. Ich kann Ihnen beschreiben, wie das im Alltag aussieht: Der Bauer und die Bäuerin müssen im Angestelltenverhältnis regulären Berufen nachgehen, um mit diesem Einkommen den bäuerlichen Betrieb zu erhalten. Nach einem 8-Stunden-Arbeitstag heißt es also, zu Hause weiterzuar­beiten. Die Tiere müssen an sieben Tagen in der Woche versorgt werden. Es gibt kein freies Wochenende, denn da muss der Hof erhalten werden. Die Produkte müssen verarbeitet und verkauft, die Wiesen und Äcker gepflegt werden. Es gibt keine Freizeit, keinen Urlaub, man muss ständig verfügbar sein und auch einmal um drei Uhr nachts aufstehen und Geburtshelfer sein.

Neben dem zeitlichen Aufwand gibt es auch finanzielle Belastungen für die Landwirtschaft. Vor allem durch die Energiekrise fallen deutlich höhere Betriebs­kosten an. Versicherungen müssen in der Regel privat bezahlt werden, um sich gegen Wetterextreme und den Klimawandel abzusichern. Viele können sich aber die Versicherung nicht leisten, und daher haben sie hohe Verluste zu verkraften.

Diese Punkte treffen alle Betriebe, finanziell schlagen sie jedoch wieder bei den kleinsten am stärksten durch. Da kann man nicht hergehen und sagen: Den Landwirten geht es gut! Das Einkommen ist ja schließlich gestiegen! – Die Reali­tät ist eine andere. (Bundesrat Steiner – in Richtung SPÖ –: Ihr müsst einmal klat­schen! – Bundesrätin Grimling: Geh, gib doch eine Ruhe!)

Durch die Klimaveränderung ergeben Wiesenbestände um mehr als die Hälfte weniger Ertrag. Zwei Hektar Wiese ergaben früher fünf Ballen Gras, jetzt ergibt diese Fläche nur noch einen Ballen. Das heißt, der Landwirt muss vier Ballen zukaufen, um seine Tiere zu versorgen, hat jedoch doppelte Dieselkosten, um mit dem eigenen Traktor das Futter zu mähen. Das kann sich unter dem Strich nicht mehr ausgehen, Herr Minister.

Die Förderungsstrukturen müssen sich endlich ändern, hin zu einer fairen Ver­teilung, damit wir die noch übrigen Klein- und Mittelbetriebe erhalten können. Es muss eine Entwicklung hin zu einer modernen Landwirtschaft, die ökologisch, nachhaltig und sinnvoll ist, passieren. Vergessen wir nicht: Die Bäuerinnen und Bauern in unserem Land versorgen die Bevölkerung mit Lebensmitteln, erhalten die Almen und bewirtschaften alle land- und forstwirtschaftlichen Flächen in Österreich – für diese wertvolle Tätigkeit allen Bäuerinnen und Bauern ein herz­liches Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der FPÖ sowie des Bundesrates Schreuder.)

9.52

Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Steinmaurer. – Bitte.