11.19

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Bundes­minister! Liebe Besucherinnen und Besucher auf der Galerie! Liebe Schülerinnen und Schüler! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Seit ich als junges Mädchen, so wie (in Richtung Galerie) ihr es seid oder ein bisschen jünger, begonnen habe, mich für Politik zu interessieren, beinhaltete der Diskurs der österreichischen Steuerpolitik immer schon einen zentralen Punkt, nämlich die kalte Progression.

Die Tageszeitung „Die Presse“ schrieb in ihrem Leitartikel vom 14. September deshalb über eine „steuerpolitische Revolution“, welche unter den Stillstands­koalitionen mit der SPÖ undenkbar war. Die an Auflagen stärkste Tageszeitung, die „Krone“, betitelte diese Abschaffung sogar als „Verdienst eines Finanz­minis­ters, der von vielen unterschätzt wurde“. (Bundesrat Bader: Von uns nicht!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen der SPÖ! Die Abschaffung der kalten Pro­gression wurde unter Schwarz-Grün endlich nicht nur diskutiert, sondern auch zu 100 Prozent umgesetzt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.) Das ist eine wichtige Maßnahme, welche in der aktuellen Zeit der Teuerungen nachhaltig Menschen entlastet. Unser Kollege Franz Ebner hat die Entlastungen vorhin in seiner Rede sehr gut mit Beispielen dargestellt und erklärt. Die Berück­sichtigung der Inflation, oder nennen wir es in dieser Situation besser Teue­rungsrate, ist ein klares Bekenntnis – für eine ehrliche Steuerpolitik, gegen die schleichende Steuererhöhung. Diese Ehrlichkeit wirkt sich dahin gehend aus, dass den Menschen deutlich mehr Netto vom Brutto bleibt. Bis 2026 werden den Menschen dadurch laut Berechnungen rund 18,7 Milliarden Euro an Steuer­geldern zurückgegeben, welche ihnen durch die schleichende Steuererhöhung sonst weggenommen worden wären.

Ich will jetzt hier nicht zu viele Zahlen nennen, aber erlauben Sie mir, nur ein Beispiel zu wiederholen, das die Abschaffung der kalten Progression gut verständlich macht, denn man kann es nicht oft genug sagen: Wir haben bis jetzt die Einkommensgrenze von 11 000 Euro gehabt – bis zu 11 000 Euro Jahresein­kommen sind steuerfrei. Mit diesem Gesetzesbeschluss verschieben wir im kommenden Jahr diese Grenze auf 11 693 Euro, das heißt, bis zu einem Jahres­einkommen von 11 693 Euro müssen nächstes Jahr keine Lohnsteuern bezahlt werden. Die Abschaffung der kalten Progression bedeutet: Die Menschen werden ab dem nächsten Jahr automatisch Geld bei sich behalten können. Das ist eine Maßnahme, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, die die Menschen entlastet, und zwar sofort.

Meine Vorredner Elisabeth Grossmann und David Egger-Kranzinger von der SPÖ haben den Vorwurf in den Raum gestellt, dass die Abschaffung der kalten Progression denjenigen, die ein hohes Einkommen haben, auch mehr bringt. Die prozentuelle Inflationsanpassung macht sich in Zahlen natürlich stärker bemerk­bar, wenn das Einkommen, das zur Berechnung herangezogen wird, höher ist. (Bundesrat Egger-Kranzinger: ... mehr, und die, die es brauchen, weniger! ÖVP halt! – Zwischenruf der Bundesrätin Grossmann.) Das Ziel war die Entlastung aller Men­schen, aber natürlich auch jener, die ein geringeres Einkommen haben. Des­halb ist die Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen jene Maßnahme, welche den wirtschaftlich stärker belasteten Teil unserer Gesellschaft zusätzlich direkt unterstützen soll. (Beifall bei der ÖVP.) Wir lassen die Bürgerinnen und Bürger nicht im Stich, sondern wir setzen treffsichere Maßnahmen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Kollegin Grossmann hat außerdem gesagt, dass Frauen durch die Abschaffung der kalten Progression weniger profitieren würden als Männer. (Bundesrätin Grossmann: Ist ja auch so! Das sagt der Budgetdienst! – Bundesrat Schennach: Das ist so!) Das kann ich als Frau nicht unkommentiert lassen. (Zwischenruf der Bundesrätin Huber.) Man muss nämlich schon sagen, dass Frauen häufiger in jenen Bereichen arbeiten, in denen die Einkommen geringer sind, und dass Frauen auch einen Großteil der unbezahlten Pflegearbeit übernehmen. Folglich – und das ist natürlich wenig verwunderlich – profitieren Frauen in der Regel weniger von Steuerentlastungen. (Bundesrätin Grossmann: Also geben Sie mir recht?) Wir wollen natürlich auch in diesem Bereich weiterkommen, um die Frauen in Österreich zu unterstützen. Es geht ja nicht nur um die aktuellen Steuerentlastungen, von denen die Frauen im Gros aktuell nicht so profitieren, sondern wir brauchen unsere weibliche Bevölkerung, unsere Frauen, auch dringend mehr am Arbeitsmarkt – Stichwort Arbeitskräftemangel. Es geht auch um die Altersarmut der Frauen, die wir in Zukunft reduzieren wollen.

Im letzten Halbjahr, während meiner Bundesratspräsidentschaft, gab es dazu einige Schwerpunkte und unsere Bundesregierung war diesbezüglich bisher nicht untätig. Denken Sie unter anderem an die Kindergartenmilliarde und die große Offensive zum Ausbau der Elementarpädagogik. (Zwischenruf der Bundesrätin Grossmann.) Das wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nachhaltig verbessern. Wir haben auch eine Pflegereform auf den Weg gebracht, das ist frauenpolitisch auch sehr wichtig, weil in der Pflege vor allem Frauen arbeiten. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Das sind alles Maßnahmen, die dazu beitragen werden, dass auch die Frauen im Durchschnitt in Zukunft mehr verdienen werden, und dadurch werden sie auch in Zukunft von der Maßnahme der Abschaffung der kalten Progression mehr profitieren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Auch wenn dieser Meilenstein der österreichischen Steuerpolitik seitens der Opposition, vor allem seitens der SPÖ – warum auch immer –, nicht honoriert wird (Bundesrat Buchmann: Unverständlich!), stehen die Regierungsparteien zu 100 Prozent hinter der Abschaffung der kalten Progression.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen der SPÖ! Die Regierungsvorlage zur Ent­lastung der Bevölkerung ist treffsicher und wird die privaten Haushalte sehr schnell merkbar entlasten. Mehr Netto vom Brutto wird bei den Menschen nicht unbemerkt bleiben, und dann stellt sich meiner Meinung nach nicht mehr die Frage, ob unsere erwerbstätige Bevölkerung diese Maßnahme dann wirklich als nicht treffsicher interpretieren wird. (Bundesrätin Grossmann: Treffsicher! – Bun­desrat Egger-Kranzinger: ... für die ÖVP mit Sicherheit!) Dieser historische Meilenstein der Abschaffung der kalten Progression zeigt wieder einmal, dass unsere Bundesregierung konstruktiv zusammenarbeitet (Oh-Rufe bei der SPÖ) und das Wohl der Menschen in Österreich als oberstes Ziel hat. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder. – Rufe bei der SPÖ: Danke! Danke!)

Die gute Zusammenarbeit der Bundesregierung für die Menschen ist aber nicht nur in der Abschaffung der kalten Progression bemerkbar, sondern findet sich auch in weiteren Entlastungen wieder. Österreich war in den letzten Jahr­zehnten im internationalen Vergleich immer ein Höchststeuerland. Der Trend der Entlastungen geht mit Schwarz-Grün aber über die Abschaffung der kalten Progression hinaus und macht sich unter anderem auch in der Senkung der Lohnnebenkosten bemerkbar. Wir valorisieren außerdem, wie bereits erwähnt, die Familien- und Sozialleistungen. Die Familienbeihilfe wird in Zukunft jährlich automatisch angehoben, auch das Kinderbetreuungsgeld wird automatisch jährlich valorisiert. Auch die Absetzbeträge wie etwa der Alleinverdiener­absetz­betrag und der Pensionistenabsetzbetrag werden im nächsten Jahr um die volle Inflationshöhe angehoben. Das sind Milliardenbeträge, die wir den Menschen in Österreich geben. Wir helfen damit den Menschen in unserem Land, denn sie leiden natürlich unter der Inflation beziehungsweise der Teuerung.

Ich gratuliere unserem Finanzminister Magnus Brunner wirklich dazu, was in unserem Budget alles inkludiert ist. Es sind Maßnahmen, die den Menschen auch in den nächsten Jahren Sicherheit geben – und das ist wichtig –, es sind Maß­nahmen, die bei den Menschen ankommen. Wir setzen um, und zwar nicht nur kurzfristige Maßnahmen, sondern Maßnahmen, die auch in die Zukunft gerichtet sind. So ist die Abschaffung der kalten Progression, die wir in diesem Tages­ordnungspunkt behandeln, eine laufende Steuerreform für die Ewigkeit. Wir vollziehen damit einen nachhaltigen Systemwechsel zugunsten der in Österreich lebenden Bevölkerung, denn genau diese schleichende Steuererhöhung, diese schleichende Belastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wird abge­schafft.

Die kalte Progression wird übrigens sehr wohl zu 100 Prozent abgeschafft, da muss ich meinen Vorrednern – Kollegen Hübner von der FPÖ und Kollegen Schennach von der SPÖ – schon widersprechen, sie wird nämlich zu zwei Drit­teln automatisch abgeschafft und das restliche Drittel kriegen auch die Steu­erzahlerinnen und Steuerzahler zurück. Dieses letzte Drittel wird die Politik jeweils flexibel und solidarisch verteilen, dieses dritte Drittel wird in Umvertei­lungsmaßnahmen gehen und ganz stark die unteren Einkommen adressieren. Wir geben also den Menschen sehr wohl das Geld zurück, das ihnen die Inflation genommen hat. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Inflation ... CO2 ...! – Zwischenruf des Bundesrates Schennach. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte an dieser Stelle aber auch noch den volkswirtschaftlichen Effekt dieser Maßnahmen nicht unerwähnt lassen. Die Wirtschaftsforscher von Eco Austria gehen davon aus, dass die Wirtschaft durch die Abschaffung der kalten Progression zusätzlich um 1 Prozent wachsen wird, und es werden allein durch diese Maßnahme 36 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Aber wenn es keine Unternehmen mehr gibt ...!)

Die Anhebung der Pauschalierungsgrenze für Landwirte von 400 000 auf 600 000 Euro begrüße ich ebenfalls. Für die Bäuerinnen und Bauern wird damit erstmals seit rund 20 Jahren die Umsatzgrenze der Pauschalierung angehoben. Auch ihre Produkte, die sie verkaufen, werden durch die Inflation teurer, wo­durch sich ihre Umsätze automatisch erhöhen werden. Daher ist es wichtig, dass in diesem Zusammenhang auch die Landwirte, die tagtäglich für unsere Lebens­mittel sorgen, nicht vergessen werden. (Zwischenruf der Bundes­rätin Grossmann.)

Gerade in Zeiten, in denen sich ganz Europa durch den Angriffskrieg von Russ­land auf die Ukraine mit dessen Auswirkungen beschäftigen muss, wäre bei uns ein Zusammenhalt dringend notwendig. Ich bin daher der Meinung, dass wir in Zeiten wie diesen dem populistischen Diskurs weniger Energie widmen und zu einer konstruktiven Gesprächskultur zurückkehren sollten. (Zwischenruf der Bundesrätin Grossmann.) Ich muss nämlich schon - -

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Ich darf an die freiwillige Redezeitbeschränkung erinnern.

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (fortsetzend): Ich muss schon ganz ehrlich sagen: Wir setzen zahlreiche sinnvolle Maßnahmen um, die jahrzehn­telang von allen politischen Kräften in Österreich gefordert wurden. Trotzdem kritisiert die derzeitige Opposition die Regierungsparteien für die Umsetzung genau dieser Maßnahmen. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen: Ich bitte Sie um Zustimmung zu den genannten Maßnahmen im Sinne aller Menschen in Österreich, die in schwie­rigen Zeiten unbedingt Entlastung benötigen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

11.31

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Ich darf den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Herrn Dr. Martin Polaschek, recht herzlich im Sitzungssaal begrüßen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Bundesminister Dr. Magnus Brutter - - Brunner. – Bitte, Herr Bundesminister.