11.32

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M. (erheitert): Bruder! Okay, Bro! (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren Bundesräte! (Bundesrat Buchmann: Mehr Netto vom Brunner!) Es ist immer lebhaft und immer lustig und interessant im Bundesrat. (Zwischenruf des Bun­desrates Steiner.) – Ich komme wirklich gerne her, Herr Kollege Steiner, es freut mich immer, wenn ich da bin. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, jetzt aber zum Inhaltlichen: Ich wollte mich eigentlich dem Tagesordnungspunkt Abschaffung der kalten Progression – neben dem Gutschein – widmen, aber es sind jetzt so viele Begriffe, die eigent­lich miteinander und interessanterweise auch mit der kalten Progression über­haupt nichts zu tun haben, in die Luft geworfen worden, dass ich doch zwei, drei Sätze dazu sagen muss, weil einige Dinge, glaube ich, zu Missverständnissen führen. Vielleicht kann ich zumindest einen Beitrag dazu leisten, diese Missver­ständnisse auszuräumen.

Ein paar Dinge, die nichts miteinander zu tun haben: Die Energiepreise bezie­hungsweise dann auch die Besteuerung von – Sie haben es Übergewinne genannt; Übergewinne halte ich für den falschen Ausdruck, das haben wir letztes Mal schon besprochen – Zufallsgewinnen, Krisengewinnen: Ja, darüber kann man natürlich reden, das hat jetzt aber nichts mit der kalten Progression zu tun. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Frau Kollegin Grossmann hat gesagt, man müsse deckeln, fast alles deckeln. Da sollte man vielleicht schon auch klar sagen: Nein! Ich glaube, es gibt intelligen­tere Lösungen, nämlich beispielsweise eine Strompreisbremse. Das ist etwas ganz anderes als ein Deckel. Ein Deckel kann nur auf europäischer Ebene funk­tionieren, und daran arbeitet die Europäische Kommission. (Bundesrat Egger-Kranzinger: Frankreich, Spanien, Portugal!)  Das ist das iberische Modell, nämlich ein Deckel auf Gas, das für die Verstromung verwendet wird. (Zwischenruf der Bundesrätin Grossmann.  Bundesrat Schennach: Hat der Bundeskanzler aber gestern im Fernsehen gesagt! – Bundesrat Himmer: Der Fernseher hat nicht immer recht!)

Ein Deckel auf Strom auf nationaler Ebene – nur zur Erklärung – hätte den Effekt, dass wir mit österreichischem Steuergeld den Strom subventionieren, und der Strommarkt ist natürlich europäisch, sodass dann auch unsere Nachbar­staa­ten, von Bayern bis Slowenien, bis Italien und andere, natürlich von öster­reichi­schem Steuergeld profitieren würden. Ob das der Sinne der Sache ist, wage ich, zu bezweifeln. Das sehen auch alle Expertinnen und Experten auf der ganzen Welt, aber auch in Österreich so. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das nur zum ersten Missverständnis. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum zweiten Missverständnis, Herr Kollege Egger-Kranzinger – Übergewinne haben Sie es genannt, nennen wir es Zufallsgewinne; darüber haben wir beim letzten Mal, glaube ich, auch schon geredet, wir wissen aber, wir reden vom Gleichen (Bundesrat Himmer: Vielleicht!) –: Ja, das ist jetzt auf europäischer Ebene angestoßen worden, und es gibt auch eine Verordnung, die wir in Österreich möglichst intelligent umsetzen müssen – das werden wir natürlich auch tun –, intelligent deswegen, weil es für die Investitionsfähigkeit der Energieunter­neh­men, die sehr viel in die Energiewende, in den Netzausbau, in den Speicheraus­bau investieren müssen – die Salzburg AG beispielsweise –, natürlich nicht zum Nachteil werden darf. Diese Investitionsfähigkeit für Unternehmen muss gegeben sein, und deswegen wird es hoffentlich eine intelligente Umsetzung dieser Verordnung, die wir auf europäischer Ebene ohnehin haben, geben. (Bundesrätin Hahn: Investitionen sind aber etwas anderes als diverse Ausschüt­tun­gen!) Da stellt sich also gar nicht mehr die Frage, ob wir es machen, das ist eine Verordnung, die unmittelbar auf die Republik Österreich als Mitgliedstaat der Europäischen Union anwendbar ist. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Zum Budget muss ich auch noch etwas sagen, weil Herr Prof. Schennach und andere auch das Budget angesprochen haben. Auf das Budget insgesamt und die Schwerpunkte dazu möchte ich jetzt gar nicht eingehen, aber auf zwei Punkte schon: Du (in Richtung Bundesrat Schennach) hast die Universitäten ange­sprochen, und ich erlaube mir, obwohl der Bildungs- und Wissenschaftsminister neben mir sitzt und sich natürlich viel besser auskennt, zu sagen, dass wir zusätzlich zu den Leistungsvereinbarungen, die ja über einige Jahre gelten, eben genau, um diese Teuerungen auszugleichen, 1 Milliarde Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Also das ist ja nicht nichts. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Hahn: ... schwarzer Tag für die Unis!)

Das Gleiche gilt für die Pflege, Herr Prof. Schennach: Auch da gibt es 1 Milliarde Euro und alles war mit Ihrem Parteikollegen Stadtrat Hacker abgesprochen. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Da müssen Sie bitte auch zu – jetzt sage ich Prof. Hacker – zu Stadtrat Hacker gehen, Herr Prof. Schennach. (Bundesrätin Schumann: Da sind Ihre Beliebtheitswerte hoch ...!)

Jetzt komme ich aber tatsächlich zum Tagesordnungspunkt Abschaffung der kal­ten Progression. Inhaltlich ist schon vieles gesagt worden. (Bundesrat Schennach: Aber den Vizekanzler müssen Sie auch informieren, oder?) – Ja, der Herr Vizekanzler hat dem Budget auch zugestimmt, genau. Das habe ich ihm natürlich gesagt. (Bundesrat Schennach: Ich kann mit Hacker reden, Sie reden mit dem Vizekanzler!) Zur kalten Progression: Ja, das ist wirklich historisch. Interessant ist – und dazu komme ich dann später noch einmal –, dass die Meinungen auseinandergehen, und ich glaube, da gibt es heute hier herinnen auch Missverständnisse, wenn es darum geht: 100 Prozent – ja oder nein, gut oder schlecht?

Zur Abschaffung der kalten Progression prinzipiell: Ja, wir schaffen sie ab und vor allem schaffen wir sie zu 100 Prozent ab. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Dieses Missverständnis möchte ich bitte auch aufklären: 100 Prozent deswegen, weil es zwei Drittel automatisch und ein Drittel dazu gibt. Es war interessant, zu sehen – und das war, glaube ich, das Missverständnis, wo vielleicht nicht alle zugehört haben –, dass Sie, als der Kollege von den NEOS (neuerlicher Zwischen­ruf der Bundesrätin Hahn) – ich kann alles nachvollziehen, überhaupt keine Frage – kritisiert hat und eine ganz andere Kritik aufgebracht hat, als Sie aufge­bracht haben, bei seiner Rede geklatscht haben. Das habe ich irgendwie skurril gefunden (Bundesrätin Hahn: Warum?), weil Sie natürlich genau das Gegenteil von dem wollen, was Kollege Arlamovsky will. (Bundesrätin Hahn: Das nennt man Fairness, glaube ich! – Bundesrätin Grossmann: Das ist Respekt! – Bundesrat Schennach: Fairness ist für euch ein Fremdwort! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Zuhören!)

Darf ich versuchen, das aufzuklären: Kollege Arlamovsky möchte, nachvoll­zieh­bar, wirklich 100 Prozent auf alle Tarifstufen haben – auf alle Tarifstufen. Sie möchten ja genau das Gegenteil, Sie möchten es nicht automatisch auf alle Tarifstufen haben, sondern Sie möchten innerhalb der Abschaffung der kalten Progression umverteilen, und zwar mehr umverteilen, als wir es machen. (Bun­desrätin Hahn: Es muss aber in die richtige Richtung umverteilt werden! – Bundes­rätin Grossmann: ... wollen jetzt schon ... erhöhen! ) Wir verteilen mit einem Drittel um, Sie hätten gerne drei Drittel zur Umverteilung. Das ist also genau das Gegenteil von dem, was Herr Arlamovsky will. Das war ein bisschen witzig und skurril, aber okay. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme noch zu dem verbleibenden Drittel, weil das jetzt so viel diskutiert wird: Ja, dazu stehen wir. Wir möchten das denen zugutekommen lassen, die weniger verdienen. (Bundesrätin Grossmann: Aha, wie geht das?) Die erste und zweite Einkommensteuerstufe werden zusätzlich entlastet. Das ist also auch das Gegenteil dessen, was Herr Prof. Schennach – ich darf du sagen, weil wir hier im Bundesrat ja unter uns sind, Entschuldigung (Bundesrat Schennach: Selbstver­ständlich!) –, was du gesagt hast. Das ist ja genau das Gegenteil. Wenn bei der Abschaffung der kalten Progression drei Drittel entlastet würden, dann würde es normalerweise über alle Steuerstufen verteilt; wir entlasten zusätzlich noch die erste und zweite Steuerstufe. Das ist also eine zusätzliche Entlastung für die­jenigen, die weniger verdienen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Kittl.)

Übrigens wird dieses Modell interessanterweise jetzt gerade von Deutschland, von einer rot geführten Regierung, ganz genau angescheit - - Entschuldigung, angeschaut und gilt als Vorbild für Deutschland, weil es dort anders ist. (Bun­desrätin Schumann: Gescheit, genau! Das war ein guter Freud’scher, ein ausgezeich­neter Freud’scher!) Ja, das stimmt, dort gibt es keinen Automatismus, da wurde die Abschaffung der kalten Progression vor einigen Jahren beschlossen, aber dort wird frei umverteilt. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Das, was wir in den letzten 40 Jahren alle paar Jahre in Steuerreformen gemacht haben, wird dort zwar verpflichtend gemacht, aber zur freien Verfügung der Bundesregie­rung. Das wollten wir eben nicht, sondern wir wollten es automatisch haben.

Noch ein Hinweis zur Entlastung, weil ich das auch oft von der Sozialdemokratie gehört habe: Ja um Gottes willen, diese Maßnahme ist ja nur etwas, das Steuer­zahlern und Steuerzahlerinnen zugutekommt! – Ja genau, das ist der Sinn der Abschaffung der kalten Progression, dass die, die Steuern zahlen, mit dieser einen Maßnahme auch entsprechend entlastet werden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Huber. – Rufe bei der SPÖ: Oh! Jeder zahlt Steuern! Mehr­wert­steuer! – Bundesrätin Schumann: Jeder Konsument zahlt Steuern!)

Zum Modell wurde, glaube ich, alles gesagt. Nur einen Hinweis noch zum Budget­dienst – weil das auch interessant ist, weil der Budgetdienst des Parlaments heute schon öfters zitiert worden ist –: Ja, der Budgetdienst des Parlaments hat sich dieses Paket, die Verteilungswirkung dieser beiden Maßnahmen, die natür­lich zusammengehören – Abschaffung der kalten Progression und die Valorisie­rung der Sozialleistungen –, angeschaut und ist zum Schluss gekommen, dass diese beiden Maßnahmen die Haushalte mit weniger Einkommen relativ mehr entlasten als alle anderen. Weil Sie den Budgetdienst angesprochen haben: Genau der hat das entsprechend festgestellt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

40 Jahre diskutiert, in allen Regierungsprogrammen der letzten 40 Jahre war es vorhanden, manche Regierungen haben es versucht, und wir haben es jetzt umgesetzt. Ich glaube, das kann man bei aller Kritik durchaus anerkennen, was die unterschiedlichen Modelle betrifft. (Bundesrat Schachner: Schauen wir ein­mal!) – Danke, Herr Kollege, dass Sie es anerkennen (Bundesrätin Schumann: Ja, schauen wir einmal!), und jedenfalls auch danke für die breite Unterstützung trotz aller unterschiedlichen Zugänge. (Bundesrätin Grimling: Wir stimmen nicht zu!)

Wichtig ist, dass die Menschen entlastet werden. Mit den Entlastungen durch die Bundesregierung haben wir, glaube ich, gezeigt, dass wir alle Menschen in Österreich, die von der Teuerung betroffen sind, entlasten, aber vor allem diejenigen, die überdimensional, überdurchschnittlich von der Teuerung betrof­fen sind. Das ist die Aufgabe der Regierung und der kommen wir natürlich sehr gerne nach. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

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