11.52

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Minister! Werte Damen und Herren – nicht mehr so viele, aber doch noch ein paar – auf der Galerie! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer zu Hause via Livestream! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Laut Altersalma­nach gibt es heute bereits mehr als 450 000 Menschen, die auf Pflege ange­wiesen sind. Wenn man den Studien und den Schätzungen für die nächsten Jahre Glauben schenken darf, dann könnten das bis 2050 noch bis zu einer Million Menschen oder sogar mehr werden.

Ja, schön: Wir werden alle älter – aber wir bleiben nicht immer automatisch auch bis zum Lebensende gesund. Das heißt, wir brauchen infolgedessen auch – unter Umständen über eine längere Zeit hinweg – Pflege und Betreuung im Alter. Das heißt, das kann natürlich auch jeden von uns, wie wir hier sitzen, treffen. Ich glaube, auch wir würden uns über ein würdevolles und qualitätvolles Pflege­ange­­bot entsprechend freuen.

Auf der anderen Seite haben wir bereits jetzt, bereits heute einen immensen Personalmangel in diesem Bereich, der sich sowohl bei den Pflegeeinrich­tungen – in den Pflegeheimen –, aber auch bei den sozialen Diensten – egal ob Volkshilfe, Caritas, Hilfswerk, Asbö und wie sie alle heißen – bemerkbar macht. Sie suchen händeringend qualifiziertes Personal, um ihr Angebot entsprechend qualitativ hochwertig aufrechterhalten zu können. Jene, die im Beruf stehen, klagen über Burn-out – sie brennen aus – und vieles andere mehr. Sie klagen auch – das darf man nicht vergessen – über ein wirklich mangelhaftes oder schlechtes Image der Pflege, das dringendst aufgewertet gehört.

Insofern begrüßen wir natürlich auch seitens der Sozialdemokratie diese Initia­tive, die uns jetzt mit diesem Gesetzentwurf vorliegt, damit eben zumindest ein Teil des Bedarfs, den es auch in Zukunft noch geben wird und der anstehen wird, abgefedert werden kann. Es soll dann also – das haben wir schon gehört – im Vollausbau in Summe 8 000 zusätzliche Ausbildungsplätze in dem Bereich der Pflege geben: ein guter, wichtiger Schritt, wie wir glauben. Wir dürfen aber da, glaube ich, nicht der Illusion erliegen – ich muss zugeben, das ist auch mir fast passiert –, dass es dann am Ende auch tatsächlich diese 8 000 Absolventinnen und Absolventen gibt. Nochmals, aus unserer Sicht: Es ist durchaus begrüßens­wert – daher auch unsere Zustimmung –, aber ich glaube oder bin mir vielmehr sicher, dass es da noch ganz, ganz viele Aspekte gibt, auf die man in Zukunft wird schauen müssen und die man weiterentwickeln muss.

Zum einen: Wir haben gehört, das betrifft aktuell insgesamt 16 Standorte in ganz Österreich, an denen es bereits Schulversuche gibt – das sind neun höhere Lehr­anstalten, sieben Fachhochschulen –, aber der Experte im Ausschuss hat uns auch ganz klar bestätigt, dass es noch weit mehr Standorte braucht und dass da auch weitere Anstrengungen nötig sind. Wir wissen alle, wie lang so ein Projekt, ein Neubau dauern kann. Von der Planung bis zur Eröffnung eines derartigen Neubaus können durchaus schon einmal zehn Jahre oder mehr vergehen. Da ist also eine entsprechende Planung dringend notwendig.

Zum anderen muss ich auch dazusagen, ich bin durchaus skeptisch, was die nötigen Lehrkräfte betrifft. Ich wage schon zu bezweifeln, dass die Lehrkräfte – da es ohnehin schon einen eklatanten Lehrerinnen- und Lehrermangel gerade auch in diesem Fachbereich, im Fachbereich Pflege, gibt – vorhanden sind. Die wachsen, glaube ich, nicht auf den Bäumen, aber ich lasse mich da gerne eines Besseren belehren. Wenn es sich sozusagen ausgeht, freuen wir uns alle, aber ich bin da sehr skeptisch.

Zum Dritten muss man dazusagen, Ausbildungsplätze sind das eine, aber auf der anderen Seite muss man ganz, ganz intensiv auch darauf schauen, dass die künftigen Absolvent:innen dann auch im Bereich bleiben, also auch wirklich im Beruf arbeiten. Sonst haben wir eine Situation, wie wir sie in vielen, vielen anderen Bereichen auch sehen (Beifall bei der SPÖ): beispielsweise in der Kinder­betreuung, wo viele auch schon direkt nach der Bafep, wenn sie die Schule absolviert haben, gar nicht in den Beruf einsteigen, sondern gleich einen anderen Arbeitsweg gehen, weil eben die Arbeitsbedingungen im Bereich nicht wirklich attraktiv sind und offensichtlich in den letzten Jahren auch nicht besser gewor­den sind, oder auch – eine ähnliche Situation – im Pflichtschulbereich, wo ebenso viele, viele Junglehrer:innen – und in Wahrheit viel zu viele Jungleh­rer:innen – eine mögliche Neuanstellung dezidiert nicht annehmen, weil die Bedingungen sind, wie sie sind, nämlich nicht attraktiv.

Das heißt, gleichzeitig zu den neu geschaffenen Ausbildungsplätzen müssen natürlich auch und ganz besonders die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessert werden. Es braucht eine bessere Planbarkeit. Es braucht auch genü­gend Zeit am Patienten. Das ist so immens wichtig. Wir brauchen einen verbind­lichen Personalschlüssel. Wir müssen dafür sorgen, dass die Pflege auch das Image bekommt, das ihr zusteht, und – aus meiner Sicht ganz an oberster Stelle, da wir immer hören, wie wichtig die Pflege ist, und ich glaube, da sind wir uns einig – wir müssen die Menschen in der Pflege bitte auch ordentlich und angemessen bezahlen. (Beifall bei der SPÖ.) Es ist schon so oft zitiert worden, aber man kann es nicht oft genug sagen: Klatschen alleine wird wohl nicht genügen!

Wir sehen also, es ist über viele Ressorts hinweg noch ganz viel zu tun. Unsere Zustimmung wird es dazu natürlich geben, dennoch lautet unser dringender Appell, da auch noch weiterzuarbeiten und weiterzuentwickeln, denn – ich glaube, das muss uns allen klar sein –: Ein Bett alleine pflegt dich nicht. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. – Bitte, Herr Bundesrat.