13.42

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen und Zuschau­er:in­nen via Livestream! Irgendwie verwundert mich dieses Oppositionsbashing (Bundesrat Gross: Na!), das da gerade passiert. Kollege Krumböck gesteht uns als Opposition Meinungsfreiheit zu, das spricht für sich, das ist ein bisschen lächer­lich; genauso das Bashing, das Sie, Kollegin Kittl, in den letzten Redebeiträgen gemacht haben. (Bundesrat Himmer: ... kein Bashing der Opposition! – Zwischenruf der Bundesrätin Kittl.) – O ja! (Bundesrat Himmer: Austeilen, aber nicht einstecken können!)

Ich möchte darauf hinweisen, dass der aktuelle Sozialstaat, auf dem auch diese Maßnahmen beruhen, die heute gesetzt werden – sie werden zu Recht gesetzt, und wir stimmen da auch mit (Beifall des Bundesrates Krumböck), denn wir sind froh, dass in diesen Bereichen etwas erhöht wird –, schon auch mit großer Beteiligung der SPÖ stattgefunden hat; ohne die Grünen, wofür Sie jetzt nichts können. Sie betonen aber die ganze Zeit, was alles nicht passiert ist, dabei trägt dieser Sozialstaat, über den wir zu Recht alle sehr froh sind und der uns auch ein Stück weit durch die bisherigen Krisen getragen hat, schon eine starke rote Handschrift, auf die wir sehr stolz sind, und das lassen wir uns von Ihnen auch nicht schlechtreden. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Kittl: Genauso wie unsere Maßnahmen nicht schlechtzureden sind!)

Ich komme aber zurück zu den Menschen in diesem Land, die sich zu Recht – auch das ist natürlich nicht von uns verschuldet und nicht so gewollt – sorgen, weil die aktuelle Lebenssituation leider dazu Anlass gibt, sich Sorgen zu machen. Die wirtschaftlichen Dynamiken – auch für diese können wir aktiv nichts – und die steigenden Preise, die uns aktuell beschäftigen, bereiten vielen Menschen tatsächlich große Sorgen und verunsichern sie in ihrer Existenz. Es steht ein Winter vor der Tür, die Temperaturen werden nach und nach niedriger, und viele fragen sich, ob sie sich das Heizen in diesem Winter werden leisten können. Das sind keine Plattitüden, sondern Menschen, die ich kenne, machen sich in Bezug auf die nächste Rechnung tatsächlich große, große Sorgen.

In unserem Land ist es nach wie vor so, dass Krisen am meisten jene Menschen betreffen, die sowieso schon prekär leben und prekär leben müssen, und genau auf sie muss man schauen: auf jene Menschen, die an oder unter der Armuts­grenze leben müssen und sich vor jedem Extraeuro, den es auszugeben gilt, fürchten. Das sind vor allem Einelternhaushalte und auch Mehrkinderhaushalte, das sind die Pensionist:innen, das sind die arbeitslosen Menschen; ihnen gilt unser starker Fokus.

Ja, ich gestehe das sehr, sehr gerne ein: Wir Sozialdemokrat:innen begrüßen heute die Maßnahmen, die hier gesetzt werden (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), denn jede Bedrohung, die weniger wird, ist natürlich gut für die Menschen, und eine Valorisierung, eine Wertanpassung bei Sozialleistungen, die vorgenommen wird, ist gut. Der Wertverlust wird damit nicht in jedem Bereich vollständig aufgeholt, aber zumindest teilweise, und da sind wir dabei.

Trotzdem haben wir die Meinungsfreiheit und als Opposition auch die Aufgabe, auf jene Punkte zu schauen, die in diesem Fall nicht dabei sind und bei denen es gut gewesen wäre, wenn sie dabei wären, und ich möchte sie thematisieren.

Eines, was in diesem Zusammenhang aufpoppt, ist, dass die Valorisierung und die Erhöhung der Leistungen mit 1. Jänner 2023 in Kraft treten werden. Bis dahin sind es noch zweieinhalb Monate, die den Menschen Sorgen machen. Das heißt, es ist noch eine Zeit lang hin, die überbrückt gehört, was die Menschen verunsichert.

Ein zweiter, für uns ganz massiver Kritikpunkt ist, dass die Tagessätze beim Arbeitslosengeld und bei der Notstandshilfe in diesem Fall nicht indexiert wurden, obwohl das auch eine Versicherungsleistung ist und die Arbeitslosigkeit zurzeit ein massiver Faktor dafür ist, dass teilweise ganze Familien in Armut leben oder jetzt in die Armut schlittern. Niemand von uns kann sich vorstellen und niemand kann es sich leisten, mit der Hälfte des bisherigen Einkommens auskommen zu müssen, und es wäre relativ einfach zu beheben, indem man die Nettoersatzrate auf zumindest 70, 75 Prozent erhöht. Offensichtlich will die Regierung das aber nicht, denn diese Erhöhung hätte man jetzt auch vornehmen können.

Noch ein Gedanke: Wenn man im Kinder-, Jugend- und Familienbereich arbeitet, dann merkt man nach und nach, dass die Fülle an unterschiedlichsten Sozial-, Versicherungs-, Familienleistungen mittlerweile dermaßen komplex ist, dass man als einfache Bürgerin, als einfacher Bürger, aber selbst als Experte oder Expertin kaum mehr durchblickt, was wem zu welchem Zeitpunkt in welcher Lebensphase zusteht. Man braucht fast eine persönliche Steuerberatung, damit man sich alles abholen kann, was es abzuholen gäbe. Wir plädieren darum immer mehr und auch mit Experten dafür, da sozusagen eine Grundabsicherung von Menschen und speziell von Kindern in Armut anzudenken, die dieses komplexe, undurch­sichtige System möglicherweise ersetzt und Klarheit schafft.

Die Absicherung von Kindern in Österreich ist der SPÖ-Fraktion und mir ein besonderes Herzensanliegen, weil sie eine Zukunftsfrage ist. Wir alle wissen mittlerweile – niemand behauptet mehr etwas anderes –, dass es immer der bessere und billigere Weg ist, Armut präventiv zu behandeln, als Armutskon­se­quenzen später zu behandeln. Auch die Kindergarantie der EU hätte das so vorgesehen und hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, diesbezüglich Maßnahmen zu ergreifen. Österreich ist im Liefern der Maßnahmen und sozusagen in der Rückspielung an die EU übrigens noch säumig. Es wäre jetzt dringend an der Zeit dafür.

Auch die Kinder- und Jugendhilfereferenten der Länder haben – das war letzte Woche, glaube ich – den gemeinsamen Beschluss gefasst, Kinderarmut zu bekämpfen und Kinder nachhaltig konsequent grundabzusichern. Mit welchem Modell auch immer: In Deutschland gibt es in der Regierung mittlerweile einen Beschluss für eine Kindergrundsicherung. Es gibt ein Modell der Volkshilfe.

Für welches Modell auch immer man sich entscheiden möchte: Es wäre jeden­falls notwendig, eine solche Grundabsicherung dauerhaft einzuführen. Das ist eine Zukunftsfrage und eine Zukunftsentscheidung, die notwendig wäre. Deshalb bringe ich einen Entschließungsantrag ein, der genau das zum Inhalt hat: nämlich dass Kinder und Jugendliche in verschiedensten Bereichen nachhaltig abgesichert werden.

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Mag.a Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wir lassen kein Kind zurück – Kinderarmut endlich langfristig bekämpfen!“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat sowie dem Bundesrat umgehend ein Sofortmaßnahmenpaket zur effektiven und nachhaltigen Bekämp­fung von Kinderarmut vorzulegen und dafür Sorge zu tragen, dass in Österreich kein Kind zurückgelassen wird. Des Weiteren sollen rasch Maßnahmen ergriffen werden, welche die materielle Versorgung, die gesundheitliche Entwicklung, die soziale Teilhabe und die Wahrnehmung von Bildungschancen aller Kindern in Österreich garantieren.“

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Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.51

Präsidentin Korinna Schumann: Der von den Bundesräten Mag.a Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Wir lassen kein Kind zurück – Kinderarmut endlich langfristig bekämpfen!“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Steiner-Wieser. – Bitte, Frau Bun­des­rätin.