15.28

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es ist ja alles so wunderbar, wir haben faktisch paradiesische Zustände (Beifall bei Bundesrät:in­nen der ÖVP) – applaudieren Sie, jawohl! –, aber leider kommt es bei den Leuten nicht an. (Bundesrat Preineder: Weil Sie es wegreden!) Ich weiß nicht, mit wem bitte reden Sie? Reden Sie mit den Menschen im Supermarkt? Reden Sie mit denen! Reden Sie mit den Menschen, die verzweifelt versuchen, irgendwie ihre Rechnungen zu bezahlen? Reden Sie mit denen? – Ich glaube nicht, denn wenn man davon redet, es seien paradiesische Zustände, dann muss ich dazu sagen, das entspricht einfach nicht der Lebensrealität der Menschen.

Wir reden mit sehr vielen Menschen, und ich als Gewerkschafterin sowieso, und die Verzweiflung ist extrem groß. Jede Maßnahme, die ein bisschen hilft, ist schon gut, aber sie hilft nicht im Gesamten. Und vor allen Dingen haben wir die Problematik: Es ist nett, wenn man Einmalzahlungen und Ausgleichszahlungen und eine Erhöhung der Sozialleistungen macht, das ist alles gut, aber wichtiger wäre es gewesen, die Inflation zu dämpfen. Das ist etwas, was hilft. Da gilt es, Maßnahmen zu setzen. (Bundesrat Preineder: Dann darf ich die Löhne nicht so erhöhen!) Dann braucht es auch nicht so viele Ausgleichszahlungen. Darum geht es. (Beifall bei der SPÖ.) Wir haben eine extrem hohe Inflation im europäischen Vergleich, darum geht es – und dann bräuchte man auch nicht so viel abzufe­dern. Die Menschen sind verzweifelt.

Die Sonderbetreuungszeit ist wieder ein Zeichen. Die ÖVP und auch die Grünen sagen, sie tun so viel für die Familien – ist schon alles gut, aber: Wie kommt es denn dazu, dass man die Sonderbetreuungszeit jetzt rückwirkend wieder einfüh­ren will? – Sie haben es nicht am Radar gehabt! Sie haben die Situation der Eltern nicht am Radar gehabt, und wir haben schreien müssen: Bitte, die Sonder­betreuungszeit gehört wieder verlängert! (Beifall bei der SPÖ.) Natürlich haben Sie es nicht gemacht, nur auf Druck ist es wieder passiert, weil Sie die Lebens­realität der Menschen einfach nicht im Blick haben. Ihr Himmel ist ein abge­hobener, unser Leben ist die Realität der Menschen und denen zu helfen.

Lassen Sie mich noch einmal ein bisschen die Thematik der gesamten Betreu­ungsstruktur ansprechen, denn da geht es um sehr viel – die Frau Staatssekre­tärin wird es auch wissen –, denn es geht auch um den Tourismus, es geht auch um die Gastronomie und es geht um die Arbeitskräfte. Und es geht um die Frage: Wie sehr habe ich die Chance, Beruf und Familie zu vereinbaren? Da wäre es extrem wichtig gewesen, im Ausbau der elementarpädagogischen Einrichtun­gen einen großen Schub zu machen, aber das ist nicht passiert. (Bundesrat Preineder: Niederösterreich macht es jetzt!) – Geh! Dreimal haben Sie es versaut, ganz eindeutig. (Bundesrat Steiner: Frau Präsidentin!) – Ich nehme das Wort „versaut“ zurück. Dreimal haben Sie nicht richtig gehandelt. – Ich entschuldige mich für „versaut“, das war nicht gut, das war aus der Emotion, das war nicht richtig.

Das erste Mal wäre es im Resilienzfonds möglich gewesen. Es wäre europäisches Geld da gewesen, um einen wirklichen Schub im Ausbau der Kinderbetreuung zu machen. Das zweite Mal war bei der 15a-Vereinbarung, da ist nur gekleckert worden und nicht geklotzt. Von einem Ausbau in Milliardenhöhe kann doch nicht die Rede sein. Sie haben halt über fünf Jahre die Summen zusammengerechnet, dann kommen Sie auf 1 Milliarde. Das ist nicht das, was es im Ausbau der Elemen­tarpädagogik braucht. (Beifall bei der SPÖ.)

Und das dritte Mal jetzt im Budget: Für die Bildung ist einfach kein zusätzliches Geld da. Die Menschen, die Familien leiden darunter, dass sie keine Betreuungs­plätze haben, es ist ein riesiges Problem – keine Betreuungsplätze, die leistbar sind, die ganztags geöffnet sind und die überhaupt mit Vollzeitarbeit vereinbar sind.

Ein nächster Punkt: Schauen Sie sich bitte die Fragen der Ganztagsschule und der Nachmittagsbetreuung an, das ist ein weiteres riesiges Problem! Sie haben versprochen, bis 2022 haben 40 Prozent aller Kinder die Chance auf einen Ganztagsschulplatz. Das ist aber nicht der Fall, nur Wien und das Burgenland haben das geschafft, alle anderen Bundesländer nicht. In Tirol haben wir eine Quote von 11 Prozent. Das ist wirklich ein Problem, denn es geht darum, wie man Beruf und Familie vereinbaren kann, und das ist ganz, ganz schwierig. Ganztagsschulformen sind sehr gut und bieten die Möglichkeit, dass man das Kind wirklich gut – in verzahnter Form – betreut hat. Auch die Nachmittags­be­treuung ist richtig, aber da sind die Bedingungen für die Freizeitpädagog:innen ganz, ganz schwierig, man findet sehr schwer Kräfte.

Und was die Menschen jetzt wirklich drückt und wirklich belastet, das ist die Teuerung. Wir haben zig Abmeldungen von der Nachmittagsbetreuung, weil sich die Eltern die Betreuung, auch wenn sie sozial gestaffelt ist, nicht mehr leisten können, weil 70 Euro oder 140 Euro monatlich pro Kind einfach nicht leistbar sind.

Was heißt das aber in der Konsequenz? – Die Frauen stecken zurück, arbeiten wieder weniger Stunden oder gehen ganz aus dem Erwerbsleben, oder es heißt auf der anderen Seite, die Kinder sitzen allein daheim vor dem Computer oder vor dem Fernseher. Das kann es doch nicht sein, das ist ja nicht das, was man in einer wissens- und bildungsorientierten Gesellschaft möchte. Da hinzuschauen und da hinzugreifen wäre Ihre Aufgabe, um den Familien wirklich zu helfen und einem Wissensland wie Österreich eine Zukunft und eine Vision zu geben, dahin gehend, wie es ausschauen kann und wie man die Fragen der Digitalisierung wirklich umsetzen kann. Die Universität in Linz allein wird es nicht sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Universitäten sei auch noch gesagt: Im Bildungsbudget nicht genügend auszugeben und zu sparen, indem man Planstellen einfach nicht nachbesetzt, ist für ein Land wie Österreich, das die Wissenschaft so dringend braucht, um konkurrenzstark zu bleiben – wir sind kein Billigproduktionsland, wir sind ein Wissensland –, das Schlimmste, was uns passieren kann. (Bundesrat Preineder: Es gibt 1 Milliarde mehr für die Universitäten!)

Wir brauchen gescheite, flächendeckende elementarpädagogische Angebote, wir brauchen gescheite Ganztagsschulangebote, wir brauchen gescheite Nachmit­tagsbetreuungsangebote.

Und eines noch zum ländlichen Raum, weil das so wichtig ist: Sie haben in vielen Präsidentschaften der ÖVP gesagt, wie wichtig die Stützung des ländlichen Raumes ist. – Da ist es ganz wichtig, Nachmittags- und Ganztagsbetreuung zu haben, ganz einfach. (Beifall bei der SPÖ.) Das sagen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister genauso, denn sie brauchen das, erstens um einen lebenswerten Raum in ihrem Ort, in ihrer Gemeinde zu haben und zweitens auch um als Betriebs­standort attraktiv zu sein. Dafür braucht es diese Betreuungseinrichtungen.

Das heißt, Sie haben den Familien keinen Dienst getan, indem Sie hier alles ver­schlafen haben, was man verschlafen kann. So kann man den Familien nicht hel­fen, in dieser Form auf keinen Fall. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.35

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächster ist Herr Bundesrat Markus Steinmaurer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.