16.03

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Frau Staatssekretärin! Werte Bundesratskollegen und -kollegin­nen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher vor Ort und vor den Bildschirmen! Trist schaut es aus für unsere Gemeinden und Städte mit einer türkis-grünen Regie­rung bei multiplen Krisengeschehen. Der zuständige Finanzminister lässt sich vertreten. Wertschätzung gegenüber dem Bundesrat? – Fehlanzeige! Das ken­nen wir aber heute schon. (Beifall bei der SPÖ.)

Desinteresse an den berechtigten Anliegen der Gemeinden: das überrascht mich jetzt doch. Herr Staatssekretär Tursky, Sie spielen jetzt den Platzhalter für den sich drückenden Finanzminister. (Bundesrat Buchmann: Geh! Er war den ganzen Vormittag ...!) Vielleicht verkündet der Herr Minister im Augenblick ein neues nachhaltiges Gemeindepaket. Man weiß ja nie. Nur so könnte ich es entschul­di­gen.

Zur vorliegenden Dringlichen Anfrage: Den Teuerungsausgleich für die Gemein­den, um die lokalen, örtlichen Haushalte halbwegs abzusichern, Herr Staatss­ekretär, sucht man im Budgetentwurf Ihres Regierungskollegen vergeblich. Mit der groben Vernachlässigung der Kommunen im Budget riskiert die Regierung eine prekäre Situation bei der öffentlichen Infrastruktur und den öffentlichen Leis­tungen in den Gemeinden sowie hohe Belastungen für die Menschen.

Die kommunalen Finanzen stürzen ab. Die Prognosen zeigen für das Jahr 2023 fallende Ertragsanteile, laut KDZ bis zu 1,5 Milliarden Euro. Die Ursachen dafür liegen auch in der von den Regierungsparteien hochgepriesenen letzten Steuer­reform, die zuungunsten der Gemeinden ausging.

Die Energiekosten für kommunale Einrichtungen steigen in manchen Gemeinden um das Zigfache. Laufende Bauprojekte produzieren gravierende Kostensteige­rungen. Die Coronakrise hat den Gemeinden zudem schwer zugesetzt. Rück­lagen wurden aufgelöst: für den ordentlichen Haushalt, aber auch um KIP-Kofinan­zie­run­gen auf die Beine zu stellen – auch so eine nachhaltige Glanzleistung für die Gemeinden, die mithalf, dass die Rücklagenkassen vieler Gemeinden zu Beginn der Teuerungskrise bereits leer waren.

Herr Staatssekretär, richten Sie bitte dem Herrn Finanzminister aus: Die Rech­nung geht sich nicht mehr aus; es eilt! Die Gemeinden sind gerade im Begriff, ihre Rechnungsvoranschläge 2023 zu erstellen. Wir brauchen jetzt seine Ant­worten auf die brennenden Fragen Stromkostenzuschlag, Baukostenzuschlag und so weiter.

Dieses grün-türkise Budget riskiert die Verlässlichkeit der Kommunen bei der Erbringung der Daseinsvorsorge und der Gestaltung des sozialen Miteinanders. Das ist schlecht, schlecht für die Menschen in unserem Land, schlecht für unsere Gesellschaft und besonders schlecht für die Menschen im strukturschwachen ländlichen Raum, dessen Entwicklung der türkisen Fraktion ja so sehr am Herzen liegt. Wie es ausschaut, ist aber auch da viel Geschwafel und wenig bis nichts ernst Gemeintes dabei. (Beifall bei der SPÖ.)

Der abwesende Minister schafft mit seinem Budgetentwurf prekäre Zustände durch das Imstichlassen der Gemeinden. (Bundesrätin Kittl: Das stimmt doch nicht!) Zudem steht er nicht einmal für eine Debatte im Bundesrat zur Verfü­gung. Vor den Bürgerinnen und Bürgern müssen sich sowieso die Bürgermeis­terinnen und Bürgermeister verantworten. Der Minister oder auch Sie, Herr Staatssekretär, werden sich wohl kaum vor Ihrer Nachbarin für fehlende Elementarbildungsplätze, für zu hohe Bastel- und Essensbeiträge, für Schlag­löcher bei den Zufahrtsstraßen, für fehlendes Angebot an innerörtlichen öffentlichen Verkehrsmitteln, für hohe Trink- und Abwassergebühren und so weiter verantworten müssen.

Wie Sie sicher wissen, Herr Staatssekretär, sind die Aufgaben der Gemeinden vielfältig, und ihre Erledigung ist entscheidend für die Lebensqualität und Standortsicherheit in unserem Land. Auch Ihr Fachbereich – Glasfaser und Digitalisierung – produziert unaufschiebbare Ausgaben in unseren Gemeinden.

Es gibt aber auch andere Ausgaben: Auch den Theatervereinen, den Musik­vereinen, den Sportvereinen müssen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister immer häufiger mitteilen, dass es sich leider nicht mehr ausgeht und die jähr­lichen Förderungen mit sofortiger Wirkung eingestellt werden müssen. Letzt­genannte, die freiwilligen Ausgaben der Gemeinden, müssen bei der Rechnungs­voranschlagerstellung 2023 als erste gestrichen werden, und genau diese Ausgaben finanzieren den Kitt für das soziale Zusammenleben in unseren Gemein­den und sind daher von ungemeiner Wichtigkeit. Das nachhaltige Ange­bot in der Nähe des Wohnortes wird schwer unter der gegenwärtigen türkis-grünen Finanzpolitik leiden.

Die Leistungen der Gemeinden hat die Regierung anscheinend mit einer äußerst niedrigen Priorität belegt. Das tut weh und wird – ich wiederhole mich – durch die Abwesenheit des angesprochenen Finanzministers nochmals unterstrichen. Laut Gesprächen mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in Oberösterreich wird der Ausgleich des Haushalts im kommenden Jahr trotz massiver Streichun­gen und Einsparungen vielen nicht mehr gelingen. Es sind die vielen, die anzei­gen, dass es eine Schieflage zuungunsten der Gemeinden gibt.

Die sozialdemokratische Forderung für die Gemeinden lautet daher: Die durch die Teuerungswelle anfallenden Mehrkosten müssen im laufenden Haushalt 2023 für die Gemeinden dringendst durch nicht rückzahlbare Sonderzahlungen kompensiert werden. Für die Folgejahre braucht es jetzt Planungssicherheit in den Gemeinden. Die Zusage für eine gesicherte Finanzierung der Daseinsvor­sorge durch die Regierung ist dringend notwendig.

Jetzt noch zum angekündigten  KIP 2023 und dem Zweckzuschuss im Umfang von 500 Millionen Euro für Maßnahmen zur Energieeffizienz und zu erneuer­baren Energien: Ja, das ist im Ansatz sinnvoll. Gemeinden sind gefordert, ihre Bausubstanz enkeltauglich zu sanieren und das Energiepotenzial zu nutzen. Mehr noch: Kommunen haben Vorbildwirkung bei der Ökologisierung des Energiesektors. Gemeinden bereiten den Boden für lokale, aber auch regionale Energiegemeinschaften auf. (Beifall bei der SPÖ.) Gemeinden unterstützen nicht nur lokale Wärmenetze, sie sind mit ihren Gebäuden auch wichtige Kundinnen – in meiner Gemeinde seit über 30 Jahren.

Sinnhaft ist das KIP 2023 nur, wenn es gelingt, dass alle Gemeinden diesen Zweckzuschuss abrufen können – auch jene mit leeren Kassen und unausge­glichenen Rechnungsvoranschlägen. Sonst laufen wir Gefahr, dass die Menschen im strukturschwachen Raum wieder den Kürzeren ziehen. Das kann wohl nicht im Interesse der Türkisen sein – oder etwa doch?

Im Übrigen bin ich der Überzeugung, dass die nicht verwendeten Mittel der kommunalen Impfkampagnenzweckzuschüsse nicht als Bedarfsmittelzuweisung gelten sollen. Zwar verbleiben sie so in den Gemeinden, sind aber quasi nur eine Vorauszahlung dessen, was sowieso kommen sollte. Bitte keine Täuschungen! Wir wollen die nicht verbrauchten Mittel als Sonderzuschuss und nichts anderes.

Ich hoffe, dass den Regierungsparteien die Gemeinden noch etwas wert sind. Ich erwarte eine positive Beantwortung unserer Anfrage, denn als gelernte Kommu­nalpolitikerin kenne ich das Sprichwort: Die Hoffnung stirbt zuletzt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.12

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Zur Beantwortung hat sich Herr Staatssekretär Tursky zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.