16.12

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Florian Tursky, MBA MSc: Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesrätinnen! Sehr geehrte Bundesräte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf als Staatssekretär im Finanzministe­rium heute den Herrn Bundesminister vertreten.

Er hat ja vergangene Woche im Nationalrat mit seiner ersten Budgetrede auch den Budgetentwurf für das Jahr 2023 präsentiert, der sich aktuell in Verhand­lung befindet. Wir übernehmen mit diesem Budget für das Jahr 2023 Verant­wortung für morgen und reagieren auf diese besonderen Herausforderungen, denen wir uns in den letzten Jahren und insbesondere auch in den letzten Monaten entgegenstellen.

Wir investieren in Themen der Zukunft, in die Sicherheit – in die militärische Sicherheit, in die wirtschaftliche Sicherheit, aber auch in die soziale Sicherheit und maßgeblich in die ökologische – und, was mir als Digitalisierungsstaats­sekretär natürlich auch besonders wichtig ist, in die digitale Transformation. Wir geben damit natürlich einerseits kurzfristig Antworten, andererseits investieren wir aber auch gezielt in Bereiche, die Österreich für die gesamte Zukunft stär­ken.

Es sind unsichere Zeiten, und auch die Inflationsentwicklung ist unsicher. Die Prognose der Europäischen Zentralbank hat sich, was die Inflationsrate betrifft, für die Eurozone von 0,9 Prozent im ersten Quartal 2021 hin zu 7,3 Prozent im dritten Quartal 2022 verändert.

Es ist für uns aber ganz klar: Wir müssen jetzt investieren, jedoch nach der Krise die Schulden wieder reduzieren – und das nicht als Selbstzweck, sondern weil es eine Vorsorge für kommende Krisen ist.

Jetzt ist es unsere oberste Priorität, die Kaufkraft zu stärken und den Menschen Sicherheit zu geben. Das tun wir mit der Abschaffung der kalten Progression, mit der Valorisierung der Sozialleistungen und auch mit der Senkung der dritten Tarifstufe (Bundesrat Hübner: Was hat das mit den Gemeinden zu tun?) – ich komme gleich auf die Gemeinden zu sprechen, selbstverständlich – nach dem Motto: Wir können es uns nicht leisten, jetzt nicht zu helfen.

Das haben wir auch in der Coronapandemie mit einem Gesamtvolumen von 46,5 Milliarden Euro bereits getan. So sind wir auch schneller aus der Krise herausgekommen. (Bundesrätin Schumann: Die bleibt aber! Die bleibt, die Krise!)

Neben der Coronakrise hat uns natürlich insbesondere der Angriff Russlands auf die Ukraine beschäftigt – neben dem unermesslichen menschlichen Leid dort die unglaublich steigenden Energiemarktpreise in Europa. Auch diese Preisanstiege treffen Österreich finanziell stark – nicht nur die Bevölkerung, nicht nur die Unternehmen, nicht nur die Bundesländer, sondern, wie bereits von der Frau Bundesrätin ausgeführt, natürlich auch die Kommunen.

Zu den gesetzten Maßnahmen, die für die Menschen in unserem Land bereits jetzt spürbar sind, kommen noch weitere: der Stromkostenzuschuss, die Strom­kostenbremse, der Teuerungsabsetzbetrag oder auch die Anhebung der Pend­lerpauschale. Trotzdem setzen wir im zukünftigen Budget Schwerpunkte – ich habe es zuvor erwähnt –: 5,3 Milliarden Euro für das österreichische Bundesheer, 4,9 Milliarden Euro investieren wir in die ökologische und digitale Transformation. (Bundesrat Hübner: Kommt auch nicht den Gemeinden zugute!)

Daneben unterstützen wir die Familien: Ab dem 1.1.2023 werden die Familien­beihilfe, der Mehrkindzuschlag, das Kinderbetreuungsgeld und der Familien­zeit­bonus valorisiert. Das sind 253 Millionen Euro für höhere Sozialleistungen.

Auch im Pflegebereich werden mit der Pflegereform bis ins Jahr 2026 1,7 Mil­liarden Euro mehr investiert. Es wurde schon gesagt: Das sind Maßnahmen zur Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger.

Ganz klar ist aber auch, eine Gemeinde ist nur dann lebensfähig, wenn es auch den Gemeindemitgliedern gut geht. Die Bundesregierung hat bei diesem Budget natürlich nicht auf die Gemeinden vergessen (Bundesrat Schennach: Stimmt ja nicht!), ebenso wenig, wie wir es in der Vergangenheit getan haben, als infolge reduzierter Steuereinnahmen die Gemeinden diese massiven Herausforderungen hatten. Wir haben immer unter die Arme gegriffen. Wir haben Investitionen in den Gemeinden besonders unterstützt, weil wir sie als Konjunkturmotoren, Arbeit­geber und auch unerlässliche Partner für uns gesehen haben.

Auch im Jahr 2022 steigen die Ertragsanteile deutlich: bei den Ländern laut den aktuellen Prognosen um 3,572 Millionen Euro beziehungsweise über 22 Prozent, bei den Gemeinden um 1,601 Millionen Euro beziehungsweise 13,6 Prozent. Auch in den kommenden Jahren – das ist leider nicht so, wie Sie es ausgeführt haben – wird sich das positiv weiterentwickeln. (Bundesrätin Schumann: Haben wir ein Kostenproblem?) Gemäß dem Bundesvoranschlag 2023 und dem Bundes­finanzrahmen 2023 bis 2026 werden Steigerungen auf hohem Niveau prognos­tiziert: im Jahr 2023 um 1,1 Prozent, im Jahr 2024 um 6 Prozent, im Jahr 2025 um 4,5 Prozent, im Jahr 2026 um 4,2 Prozent.

Die Ertragsanteile der Länder und Gemeinden steigen im Bundesfinanz­rah­men 2023 bis 2026 noch einmal deutlich gegenüber der ursprünglichen Annahme im Bundesfinanzrahmen 2022 bis 2025. Die Ertragsanteile der Gemeinden sind im Jahr 2023 um 811,4 Millionen Euro, im Jahr 2024 um 1,8843 Milliarden Euro und im Jahr 2025 um 1,953 Milliarden Euro höher als im letzten Finanzrahmen.

Das ist das Gegenteil von Ihren Ausführungen. (Zwischenruf des Bundesrates Egger-Kranzinger.) Sie haben schlichtweg die Vorzeichen vertauscht: Die Ertrags­anteile sind im Bundesbudget als negative Einnahmen, sogenannte Abüberwei­sungen, in der UG 16 veranschlagt. Das bedeutet daher, ein höheres Minus in den veranschlagten Beträgen ist für das Bundesbudget und für den Finanz­minis­ter zwar schlecht, aber für die Länder und Gemeinden positiv.

Auch 2023 geht dieses hohe Investment, das wir mit den letzten drei Gemeinde­paketen gemacht haben, daher weiter – Sie haben es ausgeführt –, auch das Kommunalinvestitionsgesetz 2023, womit der Bund den Gemeinden bei Inves­titionen in den effizienten Einsatz von Energie, den Umstieg auf erneuer­bare Energieträger sowie den Ausbau und die Dekarbonisierung von Fernwärme- und Fernkältesystemen helfen will.

Genauso wie in der Covid-Krise sind natürlich Prognosen darüber, wie es in Zukunft weitergeht, schwierig. Die Gemeindeebene – und auch da haben wir gesehen, wie schwierig Prognosen in Zeiten wie diesen sind – hat im Jahr 2021 letztlich sogar einen Maastricht-Überschuss erwirtschaftet, anders als der Bund, bei dem das nicht so war.

Lassen Sie mich jetzt aber im Sinne einer konkreten Beantwortung auf die Fragen im Einzelnen eingehen:

Zu den Fragen 1 und 2 möchte ich auf meine einleitenden Ausführungen, insbe­sondere auf die drei Gemeindepakete sowie die in den kommenden Jahren stei­genden Ertragsanteile der Länder und der Gemeinden, verweisen.

Zu den Fragen 3 bis 5:

Zur Beurteilung der allgemeinen Situation der Gemeinden kann bei subsektoraler Betrachtung darauf verwiesen werden, dass die Gemeindeebene ohne Wien gemäß ESVG im Jahr 2021 einen Maastrichtüberschuss erzielt hat. Im Gegensatz und im Vergleich dazu weist der Bundessektor für das Jahr 2021 ein Maastricht­defizit von fast 22 Milliarden Euro aus.

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, können die Gemeinden mit deutlichen Ertragsanteilssteigerungen gegenüber den ursprünglichen Prognosen rechnen. Bei Vorliegen von individuellen finanziellen Schwierigkeiten von Gemeinden kann auf das bewährte System der Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel ver­wiesen werden. Im Jahr 2023 sind für die Gemeinden – ohne Wien – auf Basis der aktuellen Zahlen rund 1,3 Milliarden Euro vorgesehen.

Zu den Fragen 6 und 7:

Ja, mit dem Budgetentwurf für das Jahr 2023 wurde im Rahmen des Budgetbe­gleit­gesetzes, siehe Artikel 6, ein neues Kommunalinvestitionsgesetz – KIG 2023 – vorgelegt. Der Antragszeitraum läuft bis 30. Juni 2024, die Umsetzung selbst hat bis 30. Juni 2025 zu erfolgen. Diese Zeiträume sollen den Gemeinden Flexibilität bei der Auftragsvergabe gewähren.

Das Finanzministerium beobachtet selbstverständlich laufend die finanzielle Situation der Gemeinden und wird, sollte es erforderlich sein, Gespräche mit den Finanzausgleichspartnern aufnehmen.

Zur Frage 8:

Eine Beantwortung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Für nähere Informationen verweise ich auf das für die Richtlinienerstellung zuständige BMAW.

Zu den Fragen 9, 10 und 12:

Das Marktdesign im Energiebereich ist ein europäisches, deshalb macht es auch nur Sinn, europäisch einzugreifen: keine nationalen Preisdeckel, sondern europäische Lösungen – sei es ein europaweiter Deckel auf Gas nach dem iberi­schen Vorbild, sei es eine Entkoppelung von Gas- und Strommarkt oder sei es eine Entkoppelung von fossiler und erneuerbarer Energie.

Wie schon während der Coronakrise stehen wir im regen Austausch mit dem Gemeinde- und dem Städtebund und stimmen uns zu etwaigen Hilfsmaßnahmen entsprechend ab.

Zu den Fragen 11 und 26:

Mit dem Stromkostenzuschussgesetz werden die Bürgerinnen und Bürger ent­lastet. Weiters werden Unternehmen auf Basis des Unternehmens-Energiekos­tenzuschussgesetzes bei zu hohen Energiekosten entlastet.

Die Gemeinden soll das KIG 2023 im Hinblick auf Maßnahmen für Energie­effizienz sowie betreffend Umstieg auf erneuerbare Energieträger unterstützen. Der Bund gewährt den Gemeinden Zweckzuschüsse. (Bundesrätin Hahn: Die haben viele aber nicht ...!)

Zu den Fragen 13 und 14:

Ich ersuche um Verständnis, dass das Finanzministerium aus Gründen einer effizienten Verwaltung keine Statistiken über Resolutionen und sonstige Schreiben von Städten und Gemeinden führt. Ansprechpartner für finanzaus­gleichsrechtliche Themen sind der Österreichische Gemeindebund und der Österreichische Städtebund, mit denen auf verschiedenen Ebenen regelmäßig Gespräche zu den gemeinsamen Themen geführt werden.

Zur Frage 15:

Gemäß der WFA zur Regierungsvorlage des Teuerungs-Entlastungspakets Teil II wirkt sich die Abschaffung der kalten Progression auf Städte und Gemeinden folgendermaßen aus: Nettofinanzierung der Gemeinden: rund 180 Millionen Euro Minus im Jahr 2023, rund 385 Millionen Euro Minus im Jahr 2024, rund 551 Millionen Euro Minus im Jahr 2025 und rund 680 Millionen Euro Minus im Jahr 2026.

Mir ist es hierbei aber wichtig zu betonen, dass in der Schätzung der Ertrags­anteile im Bundesfinanzrahmen 2023/24 die Abschaffung der kalten Progression bereits berücksichtigt ist. Trotzdem kommt es insgesamt zu der von mir erwähn­ten Steigerung der Ertragsanteile.

Zur Frage 16:

Im Zuge der Erstellung und Darstellung der Ertragsanteilprognosen wird nicht zwischen Städten und Nicht-Städten unterschieden.

Zur Frage 17:

Sämtliche Auswirkungen, welche durch steuerliche Maßnahmen hervorgerufen werden, verteilen sich auf Städte und Gemeinden auf Basis des einschlägigen FAG-Schlüssels. Prozentuell wirken sich die steuerlichen Maßnahmen bei allen Gemeinden gleich aus.

Zur Frage 18:

Die Einschätzungen des Zentrums für Verwaltungsforschung sind nicht mehr aktuell, weil die die Ausführungen leitenden Aussagen des KDZ auf der Ertrags­anteilprognose vom Juli 2022 aufbauen. An dieser Stelle sei auf die Entwicklung der Ertragsanteile laut BFRG 2023 bis 2026 verwiesen.

Zu den Fragen 19 bis 25:

Es darf an dieser Stelle auf die Feststellung in der Einleitung verwiesen werden. Insbesondere wird auf den Umstand hingewiesen, dass die Ertragsanteile der Länder und Gemeinden im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr außerordentlich steigen werden. Die Ertragsanteile werden sich, wie bereits von mir ange­sprochen, auch in den weiteren Jahren sehr positiv entwickeln.

Da in den Fragen einige relativ konkrete potenzielle Maßnahmen erwähnt wer­den, sei an dieser Stelle auf den Umstand hingewiesen, dass bei der konkreten Setzung von Maßnahmen auf kommunaler Ebene die Autonomie der Gemeinden und ihre Kenntnis der individuellen Lage vor Ort nicht außer Acht gelassen wer­den können.

Zur Frage 27:

Im Rahmen des Bundesvoranschlages 2023 wurden sämtliche Maßnahmen zur Absicherung der klimaschutzrelevanten Investitionen in der UG 43: Klima, Um­welt und Energie aufgestockt.

Abschließend zur Frage 28:

Die Gespräche über den Finanzausgleich ab dem Jänner 2024 werden allen Gebietskörperschaften Gelegenheit geben, Änderungen beim Finanzausgleich entsprechend anzuregen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.26

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Staatssekretär.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Egger-Kranzinger. – Bitte, Herr Bundesrat.