16.26

Bundesrat David Egger-Kranzinger (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr schön, dass Sie anstelle des Herrn Finanzministers heute den Weg zu uns gefun­den haben! Wahrscheinlich war ihm die Debatte am Vormittag ein bisschen zu hitzig und er braucht jetzt ein bisschen Pause, oder er tut es Liz Truss gleich und tritt nach einer kurzen Zeit wieder zurück. (Bundesrat Buchmann: Ganz großartig! Ganz groß­artig!)

Sie haben nicht nur die Budgetprobleme angesprochen, Sie haben auch die För­derproblematik für die Gemeinden angesprochen. In diesem Land haben wir aber auch ein Systemproblem, und das Systemproblem heißt ganz klar Volkspartei, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schwindsackl: Na geh!) Einen Satz möchte ich noch dazu sagen: Nicht nur, dass die letzten 48 Stun­den extrem schockierend waren – natürlich nichts Neues, was die ÖVP angeht, die Grünen gewinnen mittlerweile wieder die Überhand, was die Regie­rungs­macht und den Ton innerhalb der Regierung angeht –, aber jedes Mal, wenn die ÖVP ein Budget erstellt, so kommt es mir vor, profitieren nicht die Gemeinden, nicht die arbeitenden Menschen in diesem Land, nein, da profitieren die Superreichen in diesem Land, die Benkos, die Hos und die Sigi Wolfs, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Da das Budget heute schon angesprochen worden ist: Neben dem Motto der ÖVP: Wer zahlt, schafft an!, wie wir in den Chats zu lesen haben, kommt es mir auch so vor, als wäre das zweite Motto der ÖVP: Geht es den Millionären gut, geht es allen gut! – Da, wo ÖVP draufsteht, sind nicht nur Steuergeschenke für die Superreichen und die Milliardäre bei uns in Österreich drinnen, sondern da ermittelt verdächtig oft auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalt­schaft. Wenn sich die ÖVP – nur einen Satz dazu – weiterhin so an Macht und Posten klammert, wird uns irgendwann einmal Nordkorea im Demokratieranking überholen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Bundesrat Hübner: Gott sei Dank haben wir die SPÖ, die klammert ...! – Heiterkeit bei der FPÖ.) Die ÖVP regiert dieses Land, als ob es ihr gehört, aber dieses Land gehört den Menschen, und das vergessen Sie!

Zum Budget zu den Gemeindefinanzen, Herr Staatssekretär: Es kommt mir vor, dass ein paar wenige ein Stück vom Kuchen oder eigentlich den ganzen Kuchen bekommen, während die Menschen immer nur Brösel bekommen: Einmalzu­schüsse, zweckgebundene Zuschüsse, Finanzierungszuschüsse, zweckgebunden für die Gemeinden. Die bekommen gar kein flexibles, freies Geld, mit dem sie die Teuerung abfedern können. Die paar wenigen, die wirklich den Brocken an Geld bekommen, das sind die ÖVP-Freunde. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Ein kleiner Sidestep zur Steuergerechtigkeit: Da möchte ich nur kurz auf die Eigentümerfamilie der Firma Samsung in Südkorea verweisen. Die zahlt gerne 9 Milliarden Euro an Erbschaftssteuer, da sie damit etwas für den Wohlstand, für die Pflege und für die Bildung in ihrem Land tut. Sie sorgt dafür, dass dieser Wohlstand erhalten bleibt. Davon könnte sich die ÖVP einmal ein Stückchen abschneiden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben die Coronamilliarden angesprochen, Herr Staatssekretär, 40 Milliarden Euro. Reden wir einmal davon! Die Profiteure sind die Unternehmerinnen und Unternehmer. Die fleißigen, normalen Leute in diesem Land, die in den Gemein­den wohnen, in den Gemeinden arbeiten und für die Gemeinden oft auch ehrenamtlich als Gemeindevertreter da sind, haben nichts davon. Die vielen jun­gen Menschen können sich mit viel Arbeit mittlerweile nichts mehr aufbauen – sie können sich kein Eigentum mehr aufbauen, weil die Wohnpreise davongalop­pieren, zum Beispiel in Salzburg. Die vielen Arbeitnehmer, die jeden Tag ihren Beitrag leisten, müssen sich vor der nächsten Energiekostenabrechnung fürch­ten.

Ganz schlimm ist es für die Pensionistinnen und Pensionisten. Ich habe mich neulich vor den Interspar in Lehen hingestellt. Die Angst ist groß. Sie bekommen 1 100 Euro – das muss man sich einmal vorstellen –, und dann flattert die nächste Stromkostenabrechnung ins Haus. Für die haben wir nichts über.

Die Bürgermeister – ich bin davon überzeugt, es sitzen einige in diesen Reihen, es sitzen da so viele Bürgermeister, auch bei der ÖVP – rufen teilweise mich an und sagen, sie kommen mit dem Geld nicht mehr aus. Da muss doch ein gewisser Wahrheitsgehalt drinnen sein, wenn selbst die ÖVP-Bürgermeister sagen, dass ihnen das Geld in den Gemeinden fehlt, dass ihnen das Geld ausgeht.

Sie sind dafür zuständig – das brauche ich euch da herinnen nicht zu sagen –: von der Wasserversorgung über den Kanal bis zur Müllentsorgung, von den Kleinkindgruppen bis hin zu den Seniorenwohnhäusern, von der Straßenlaterne über die Kinderspielplätze bis zu den Freibädern. Stichwort Freibäder: Die sind extrem große Stromfresser. Mit diesen Zuschüssen werden die Gemeinden nicht auskommen, sie werden damit die Freibäder nicht weiter betreiben können.

Wissen Sie nicht, dass den Gemeinden das Geld ausgeht? Dazu brauchen wir ja nur ein, zwei Bürgermeister anzurufen. Sie haben ja teilweise recht, was die Ertragsanteile angeht. Man kann die einen Zahlen nehmen, man kann die ande­ren Zahlen nehmen: Real gesehen steigen die Ertragsanteile, aber sie wer­den von der Teuerung, von der Inflation aufgefressen, also kommt unterm Strich ein Minus heraus, wenn man die Rechnung richtig anstellt, liebe ÖVP. (Beifall bei der SPÖ.)

Unterm Strich werden 1,5 Milliarden Euro fehlen: 1,5 Milliarden Euro für Schulen, 1,5 Milliarden Euro für die Kinderbetreuung, 1,5 Milliarden Euro für die Infra­struktur, die Wasserversorgung in den Gemeinden, für die Straßensanierung. Noch einmal zur Erinnerung: 40 Milliarden Euro gibt es für die Unternehmerin­nen und Unternehmer und nicht einmal 1 Milliarde Euro für die Menschen in den Gemeinden dieses Landes. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen!

Ein Beispiel aus der Gemeinde Sankt Andrä: 2 Millionen Euro braucht es für den Kindergarten, durch die Teuerung sind es jetzt 3 Millionen Euro. Woher soll diese Gemeinde das Geld nehmen? Woher soll die Gemeinde das nehmen? Diese Beispiele setzen sich durch das ganze Land fort, von Bregenz bis nach Eisenstadt. Fragen Sie die Bürgermeister! Die ÖVP zwingt die Gemeinden in die Knie.

Was machen die Gemeinden? – Auf der einen Seite sehen sie sich gezwungen, die Kosten über Gebühren wieder auf die Gemeindebürgerinnen und -bürger, auf die Einwohner abzuwälzen: Plus 5 Prozent, plus 6 Prozent, plus 9 Prozent, plus 10 Prozent schlagen sie jetzt drauf. Wer zahlt das am Ende? – Es sind die Leute, die jeden Tag hackeln gehen. Die müssen die erhöhten Gebühren zah­len. – Sie aber zwingen die Gemeinden dazu, weil Sie ihnen zu wenig Geld geben. Das ist eine ganz einfache Rechnung. (Bundesrat Schennach: Die trifft ja der Minister auch gar nicht! – Ruf bei der ÖVP: Natürlich!)

Zweitens wird gespart werden. Sie zwingen die Gemeinden zum Sparen, und Sie haben es richtig gesagt: Die Gemeinden sind der Konjunkturmotor, sie sind Arbeitgeber, sie sind eine Absicherung für die regionale Wertschöpfungskette, für die Betriebe vor Ort und die Mitarbeiter. Mit Ihrer Politik zwingen Sie die Gemeinden aber dazu, einzusparen. (Bundesrätin Hahn – in Richtung ÖVP –: Angeblich sind Ihnen die Gemeinden so wichtig, aber es ist keiner da!)

Die ÖVP will also einsparen: im Bildungswesen, in den Betreuungseinrichtungen, bei den Vereinen, bei den Musikerheimen und bei den Sportplätzen. Während Sie die Gemeinden finanziell in die Knie zwingen, bauen sich Energieunter­neh­men statt Gasspeichern Geldspeicher, weil sie gar nicht mehr wissen, wo sie das Geld lagern sollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Rund um Österreich – ich habe es dem Finanzminister heute schon gesagt, Sie wissen das wahrscheinlich besser – greifen die Staaten ein. Sie greifen ein, sie führen eine Übergewinnsteuer ein – wir können uns über den Begriff streiten –, sie führen einen Preisdeckel ein. Sie tun etwas, um die Menschen zu entlasten: Übergewinnsteuer in Belgien, Spanien, Italien, Griechenland, Ungarn, Rumänien und Großbritannien; Mehrwertsteuersenkung auf Strom und Gas in den Nieder­landen, in Spanien, Polen, Kroatien; Preisdeckel in Frankreich, Spanien, Portugal, Polen, Bulgarien und auch in Großbritannien.

Durch Ihre Maßnahmen aber wird in keiner Gemeinde die Müllgebühr niedriger, in keiner Gemeinde werden die Mieten niedriger, in keiner Gemeinde werden die Lebensmittel beim Krämer billiger, und in keiner Gemeinde werden die Men­schen profitieren. Das ist zum Schämen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen wieder Preise wie vor Corona und vor dem Krieg. Mit den Koch­topfdeckelspartipps der Grünen werden wir nicht weit kommen. Wir müssen das Problem an der Wurzel packen. Davon profitieren dann wirklich alle. Fragen Sie die Unternehmer! Wenn wir dieses Problem an der Wurzel packen, profitieren die Unternehmen, die Haushalte und auch die Gemeinden. Wir brauchen einen Eingriff in den Markt, denn dieser Markt funktioniert nicht mehr.

Deswegen möchte ich auch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen David Egger-Kranzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Preisdeckel für Gas und Strom und Übergewinnsteuern für Energiekonzerne“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort mit den Vorbereitungs­hand­lungen für einen nationalen Gaspreisdeckel bzw. eine nationale Gaspreisbremse zu beginnen und dem Nationalrat sowie dem Bundesrat so schnell wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der geeignet ist, die Preise für Strom- und Gas für Haushalte, Wirtschaft und Industrie erheblich zu senken und gleichzeitig eine Gegenfinanzierung durch eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne sicherstellt.“

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Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.37

Vizepräsident Günther Novak: Der von den Bundesräten David Egger-Kranzinger, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Preis­deckel für Gas und Strom und Übergewinnsteuern für Energiekonzerne“ ist genü­gend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Kollege Otto Auer. – Bitte, Herr Bundesrat. (Bundes­rat Schennach: Der ist ja auch ein Bürgermeister! – Bundesrätin Schumann: Aber seiner Gemeinde geht es sicher gut!)