17.06

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer:innen auf der Galerie und zu Hause! Bevor ich auf das Thema eingehe, darf ich noch ein Wort zur Präsenz der ÖVP bei dieser Dringlichen Debatte sagen. (Bundesrat Schennach: Gemeinden und Städte interessieren sie nicht!) Wir sind fast am Ende dieser Debatte. Ich habe das verfolgt: Es sind zwischen sechs und acht Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP hier. Dafür kann es zwei Gründe geben: Entweder das Thema Gemeindefinanzen interessiert euch nicht oder ihr seid schon in Auflösung begriffen! (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Zwischen­ruf der Bundesrätin Zwazl. – Bundesrat Schennach: Aber der Herr Schwindsackl ist gekommen!)

Wir haben ein äußerst brisantes Thema am Tisch. Zuerst war es die Coronakrise, die uns in massive finanzielle Schwierigkeiten brachte, und jetzt ist es die Teue­rung, die in all ihren Ausprägungen auf die Städte und Gemeinden trifft. Die unmittelbaren Folgen, aber auch jene, die noch kommen werden – und das werden einige sein –, sind dramatisch. Das Wort Krise ist da wirklich richtig verwendet, und es braucht jetzt schnelle und vor allem die richtigen Entschei­dungen seitens der Bundesregierung.

Weil es die braucht, haben wir diese Dringliche Anfrage an den Herrn Finanz­minister gerichtet; zum einen, weil wir natürlich Antworten hören wollen, zum anderen, weil es uns wichtig ist, dass er auch zum Handeln aufgefordert wird. Es wäre grob fahrlässig, jetzt nichts zu tun. Leider war in dieser Beantwortung, abgesehen von viel Selbstbeweihräucherung, nicht viel zu hören. Aus meiner Sicht waren die Antworten auch über weite Strecken unbefriedigend, und es gab nichts Substanzielles zu hören. Es wurde aus meiner Sicht mehr über das Bun­desheer als über die Gemeinden gesprochen. Das ist enttäuschend und ein verheerendes Signal, das Sie damit an die Gemeinden und Städte aussenden. Sie können es rechnen, wie Sie wollen, Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, am Ende werden die Gemeinden an Finanzkraft verlieren, das ist Fakt.

Nur eine Notiz am Rande: Wir sollten uns dann schon auch einmal auf die rich­tigen Zahlen einigen. Herr Staatssekretär, Sie sprechen von Millionen, wenn es um Milliarden geht. Kollegin Kittl spricht von Milliarden, wenn es um Millionen geht. (Bundesrätin Kittl: Ja, tut mir leid!) Also es ist schon wichtig, dass die Zuhö­rerinnen und Zuhörer wissen, wovon wir heute hier reden! (Beifall bei der SPÖ.)

Was Sie in Ihrer Beantwortung heute gesagt haben, zeigt auch wieder das gleiche Bild: Sie werden dieselben Fehler machen wie schon in der Coronakrise. Dieses Hilfspaket ist aus unserer Sicht keine echte Hilfe. Es ist mehr – ich habe es schon gesagt – ein chinesisches Glückskeks. Recht viel mehr als nette Sprüche wird man da nicht finden. (Beifall bei der SPÖ.)

Um in der Bildsprache zu bleiben: Sie versuchen wieder, die Gemeinden und Städte mit einem Investitionsprogramm samt Hürden abzuspeisen. Davon werden wir in den Gemeinden aber sicherlich nicht satt werden.

Grundsätzlich – das wurde heute schon von meiner Kollegin und von meinen Kollegen erwähnt – ist ja ein Investitionsprogramm ganz okay, aber eben nur – und das haben wir über Monate getrommelt – begleitend beziehungsweise als zweiten Schritt. Wir brauchen jetzt in den Kommunen Strukturzuschüsse, Aus­gleichszahlungen für die immens hohen Energiekosten, für die Spritpreise, um liquid zu bleiben und um die laufenden Ausgaben decken zu können. Das ist das wirklich Wichtige in dieser schlimmen Phase. Dann, in weiterer Folge, können wir an Investitionen denken.

Die Inflation und die gestiegenen Baupreise zwingen die Kommunen in die Knie und nehmen uns die Spielräume für Investitionen. (Beifall bei der SPÖ.) Wir sind sozusagen in einem Teufelskreis: Die regionale Wertschöpfung wird sinken und wir gefährden dadurch Arbeitsplätze. Sehr viele Gemeinden werden in den Härteausgleich, also in den Abgang abrutschen. Um ein Beispiel zu nennen: In meinem Bezirk werden das mehr als zwei Drittel aller Gemeinden sein. An meinen, unseren Kollegen Auer darf ich mich hier auch noch wenden: Wenn du sozusagen den Gemeinden ausrichtest, sie sollen ihre Hausaufgaben machen, dann nehme ich das gerne mit. Von den 37 Gemeinden in meinem Bezirk sind 34 ÖVP-Gemeinden. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Jetzt ist er fertig, der Auer! – Zwischenruf des Bundesrates Auer.)

Ja, was ist die Konsequenz? – Wir sind im Härteausgleich. Wir müssen an allen Schrauben drehen, zuerst auf der Ausgabenseite, das heißt, es wird den ehren­amtlichen Bereich, die Vereine massiv treffen, und dann auf der Einnahmenseite. Was heißt das? Wir müssen – da können wir uns gar nicht wehren – die Gebüh­ren bei der Müllabfuhr, beim Wasser und beim Kanal – um nur einige zu nen­nen – massiv erhöhen. Alles in allem werden auch all diese Maßnahmen wieder die Menschen da draußen treffen, die ohnehin massiv von der Teuerung in allen anderen Lebensbereichen betroffen sind.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, um es auf den Punkt zu bringen: Die Gemein­den haben nicht genug Geld, um den Status quo der Daseinsvorsorge zu finan­zieren. Das ist das Problem, und das muss man endlich auch einmal erkennen. (Beifall bei der SPÖ.) Betroffen sind unsere Kindergärten, unsere Schulen, Infra­strukturprojekte, die Feuerwehren und vieles mehr. Seit Monaten, um nicht zu sagen seit Jahren, weisen wir als SPÖ-Fraktion, das KDZ, zahlreiche Experten, ja und auch alle Ihre ÖVP-Bürgermeister auf die verheerenden Auswirkungen bei den öffentlichen Leistungen auf Gemeindeebene hin. Die Prognosen lassen leider nichts Gutes erhoffen. Wir honorieren auch, wenn Geld in die Hand genom­men wird, aber leider kommt es nicht dort an, wo es ankommen muss. (Bundesrat Schennach: Herr Staatssekretär, haben Sie das gehört? – Staatssekretär Tursky nickt. – Bundesrat Schennach: Ich wollte nur sichergehen!)

Um zum Schluss zu kommen: Wie lange warten Sie bitte noch, bis Sie endlich in den Energiemarkt eingreifen und damit die Preise senken? Mit der Industriellen­vereinigung oder der Kommissionspräsidentin von der Leyen sind es ja gerade Ihre Leute, die das Tag für Tag fordern, nur: Von Ihnen kommt nichts.

Herr Staatssekretär, Herr Finanzminister in Abwesenheit, stellen Sie den Städten und den Gemeinden die dringend notwendigen Geldmittel zur Verfügung! Wir haben leider keine Zeit mehr. Handeln Sie jetzt und sofort! (Beifall bei der SPÖ.)

17.14

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Günter Pröller. – Bitte, Herr Bundesrat.