21.41

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Ja, das gefällt Kollegen Bernard nicht, dass die Grünen die Energieministerin stellen. (Bundesrat Schreuder: Tja, so ist das in der Demokratie!) Jedenfalls bin ich aber sehr froh darüber. Ich bin schon lang genug im Klimaschutz tätig, und annähernd so viel wie jetzt ist in der Geschichte Österreichs niemals passiert. (Beifall bei den Grünen.)

Dass der Ausbau der Fotovoltaik boomt, ist schlichtweg eine Untertreibung. Es gibt einen unglaublichen Run. Die Branche ist de facto überhaupt nicht mehr in der Lage, das Nachgefragte auf die Dächer zu bekommen. Wir haben es gehört, inzwischen sind bei der PV drei Calls abgeschlossen, jeweils circa 35 000 Anträge mit jeweils rund 350 Kilowatt, das macht in Summe für die schon genannten 100 000 vollständigen Anträge rund 1 000 Megawatt Leistung. Ein bisschen umrechnen, dann sieht man: Allein das, was in den drei Calls bei den kleinen Anlagen vollständig abgewickelt wurde, bedeutet Strom für 250 000 Haushalte. Das ist schon etwas. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Sie haben sicher gelesen, im gestern gestarteten Call gab es nach 5 Minuten 20 000 Anträge. Das System funktioniert auf jeden Fall; dass es nicht zusam­men­gebrochen ist, ist fast ein Wunder. Was zeigt das? – Es zeigt zum einen, das EAG ist ein Erfolg. Das EAG ist wirklich ein guter Rechtsrahmen, der funktioniert. Und es zeigt zweitens etwas ganz besonders Wichtiges, dass nämlich Abertausende von Bürgerinnen und Bürgern bereit sind, zu investieren. Sie sind bereit, einen Bei­trag zur Energiewende zu leisten, und ihnen gebührt eigentlich der größte Dank.

Nicht verschwiegen werden soll, dass diese enorme Nachfrage zu Schwierig­keiten in der Abwicklung, in der Umsetzung führt. Die Förderabwicklungsstelle war phasenweise schlicht nicht mehr in der Lage, derart viele Anträge in einer, ich sage einmal, befriedigenden Frist abzuarbeiten. Das hat teils zu beträcht­lichen Verzögerungen bei den Förderzusagen geführt. Ich denke, da muss man ein gewisses Verständnis aufbringen. Die Oemag ist jedenfalls intensiv dabei, das zu verbessern.

Die Händler sind am Limit. Sie sind massiv unterbesetzt, suchen händeringend Fachkräfte. Auch das ist natürlich ein Prozess, der doch ein bisschen Zeit braucht.

Über die Schwierigkeiten bei der Lieferkette inklusive Preiserhöhungen haben wir schon gehört, aber das ist immerhin einmal etwas, das definitiv außerhalb unseres eigenen unmittelbaren Wirkungsbereiches ist. Das führt immer wieder einmal da und dort zu Unmut. Ich verstehe das, werde auch immer wieder mit solchen Mails konfrontiert. Andererseits bitte ich dann halt einfach auch die Betroffenen, zu sehen, wie da insgesamt die Post abgeht. Wir haben in Öster­reich noch nie so einen Ausbauboom gesehen, und das führt jedenfalls in der Übergangsphase natürlich auch ein bisschen zu einer Überforderung.

Der nächste Call kommt aber ganz bestimmt. So gesehen kann man sich darauf verlassen, wir haben mit dem EAG eine zehnjährige Zuverlässigkeit und eine garantierte Finanzierung. Man muss sich also nicht davor fürchten, dass man nicht zum Zug kommt.

Die Änderungen wiederhole ich jetzt nicht noch einmal, nur einen Punkt, der noch nicht erwähnt wurde: Es gibt eine Verordnungsermächtigung an die Ministerin, die Abläufe anders gestalten zu können. Man könnte jetzt also zum Beispiel hergehen und gerade für die kleinen Anlagen, für die Privaten das so gestalten, dass sie die Anlage bestellen können und den Förderantrag nachher einreichen können. Solche Dinge werden jetzt ermöglicht, und man wird darüber nachdenken, was man das für dieses Gros der Anträge noch einfacher machen kann.

Ich möchte aber schon noch einmal ganz kurz den größeren Zusammenhang betonen. (Bundesrat Schennach: Ja, unbedingt!) Gerade in Zeiten einer fossilen Energiekrise, der Klimakrise sowieso, die leider in der Debatte ein bisschen untergeht, sieht man, wie wichtig es ist, das Ziel definiert zu haben, 100 Prozent Ökostrom bis 2030 bereitzustellen. Der Ökostromausbau – das ist vielleicht nicht allen so bewusst – schafft nämlich gleichzeitig auch Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern. Wir brauchen weniger Gas in der Stromproduktion. Jede Wärmepumpe, die installiert wird, ersetzt Gas oder Öl. Jedes Elektroauto ersetzt Benzin oder Diesel. Jede Wasserstoffanlage in einem Industriebetrieb ersetzt ebenfalls Öl, Gas oder Kohle. Das ist wirklich ganz wichtig. Über die Schiene Ökostrom reduzieren wir also auch die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern in ganz anderen Bereichen, im Wärmebereich, im Prozessenergiebereich.

Etwas, das auch nicht unwichtig ist und uns sicher alle, in dem Fall die Betrof­fenen, freut: In Phasen, in denen die Strompreise so hoch sind, ist es schlicht und einfach betriebswirtschaftlich ziemlich schlau, eine Fotovoltaikanlage zu errich­ten. Milchmädchenrechnung: Bei einer kleineren Anlage kostet die Kilowatt­stunde produzierter Strom, sage ich jetzt einmal, etwas in der Dimension von 10 Cent. Ich habe vorhin erzählt, wenn man einen Stromneuvertrag abschließt, zahlt man schnell einmal 40 Cent. Da braucht man gar nicht Mathematik studiert zu haben, um zu sehen, was da los ist und dass eine Fotovoltaikanlage einen massiven Beitrag zur Entlastung der Stromkosten zu Hause leisten kann. (Bundesrat Schennach: Nur gibt es keine derzeit im Handel!) Das ist auch mit ein Grund für diesen Boom.

Erwähnen möchte ich noch kurz, dass vor zwei Wochen die Marktprämienver­ordnung in Kraft getreten ist, über die – bleiben wir bei der PV – heuer noch einmal 700 Megawatt Fotovoltaik ausgeschrieben werden. Das sind schon Dimensionen, die ich mir selber vor wenigen Jahren noch gar nicht hätte träu­men lassen.

Trotzdem ist noch viel zu tun. Bis zu 100 Prozent Ökostrom ist noch ein Stück des Weges, und das erfordert ein aktives Mittun, vor allem der Länder und Gemeinden. Da dürfen wir uns als Bundesrätinnen und Bundesräte an der Nase nehmen, denn ohne Erleichterungen in den Bauordnungen, ohne Akte für Ausweisung von Eignungszonen für Wind-, aber auch Fotovoltaikfreifläche wird es nicht klappen. Da sind einige Bundesländer noch nicht so weit – also anpacken! Das klappt, wenn alle mittun, die Bürger:innen sind bereit dazu. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

21.48

Präsidentin Korinna Schumann: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundes­ministerin Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesminis­terin.