22.19

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn mich von den Kolleginnen und Kollegen aus Tirol verabschieden, auch wenn manche nicht da sind! Wir haben ja auch eine Tiroler Präsidentschaft erlebt, und für mich als Wiener war das tatsächlich ein großes Erlebnis. Also die Aufmärsche der Tiroler da draußen (erheitert): Das habe ich in Wien wirklich noch nie erlebt. Da habt ihr mir wirklich ein Erlebnis beschert. (Bundesrat Schennach: Du musst halt nach Tirol auf Urlaub kommen! Dann erlebst du das ständig!) – Ich fahre gerne nach Tirol, kein Problem.

Auf jeden Fall danke für die gute Zusammenarbeit! Ich wünsche euch für die Zeit nach dem Bundesrat, auch für die vielen spannenden Aufgaben, die auf euch warten, alles erdenklich Gute! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Für mich bedeuten viele der Gesetze, die wir heute beschlossen haben, einen Tag der Freude. Das Zwischenergebnis im Match zwischen dem Wiener Sport-Club und der Austria bedeutet für mich auch gerade einen Moment der Freude, aber auch dieses Gesetz bedeutet für mich einen Moment der Freude. Ich möchte daran erinnern, dass Kim de l’Horizon, der Gewinner des Deutschen Buchpreises 2022, in dieser Woche gesagt hat: „Ich denke, die Jury“ – nämlich die Jury des Deutschen Buchpreises 2022 – „hat [...] ein Zeichen gegen Hass, für Liebe, für den Kampf aller Menschen, die wegen ihres Körpers unterdrückt werden“, gesetzt.

Kim de l’Horizon definiert sich selbst als nicht binär, und das ist nicht binär, aber nicht abartig, Herr Kollege Ofner. Das Wort Abartigkeit gegenüber sexuellen Minderheiten ist in diesem Haus einfach nicht akzeptabel. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Auf einem Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofes – das wurde schon gesagt – basiert, dass wir jetzt das Meldegesetz ändern. Wir voll­ziehen etwas, das schon längst beschlossen wurde, nämlich das Personen­standsgesetz. Es wäre ja auch irgendwie absurd, wenn die Meldezettel andere Geschlechtsbezeichnungen hätten, als es dem Personenstandsgesetz entspricht. Das würde keinen Sinn ergeben.

Der österreichische Verfassungsgerichtshof folgt mit seinem Erkenntnis vom 15. Juni 2018 auch einem Spruch des Europäischen Gerichtshofes für Men­schenrechte, weil dieser bereits 2003 – in diesem Fall ging es um Transidenti­tät – ausgesprochen hat, dass die selbstbestimmte Wahl der Geschlechts­identität ein fundamentales Menschenrecht ist.

Im Dezember 2018 bestätigte der Verwaltungsgerichtshof übrigens ein Erkennt­nis des oberösterreichischen Landesverwaltungsgerichts. Auch da wurde wie bereits davor vom Verfassungsgerichtshof geurteilt, dass der begehrte Perso­nen­standseintrag, in diesem Fall zum Beispiel inter, ausdrücklich zulässig sei. Dies gilt für intergeschlechtliche Personen. Für Transgendermenschen oder Non-Binary-Personen stehen die anderen Personenstandseinträge offen. Deswegen sind sie ja drinnen.

Diese Liste an Personenstandseinträgen kam zustande, weil das VfGH-Urteil sich wiederum auf die Liste der Bioethikkommission – das ist eine unabhängige Stelle im Bundeskanzleramt – beruft. Diese hat genau das vorgeschlagen, und das Ganze, sowohl der Text der Bioethikkommission als auch das Urteil des Verfas­sungsgerichtshofes, kam übrigens zustande, als der Innenminister Herbert Kickl hieß. Damals trat das in Kraft, meine Damen und Herren. Seit 2020 gibt es auch einen Erlass, der das verdeutlicht, und jetzt ändern wir es auch, spät, aber doch. Wir ziehen ja bei den Meldezetteln nur nach.

Meine Damen und Herren, solche Dinge – und das ist mir schon wichtig zu betonen – nehmen niemandem etwas weg! Man kann ja nach wie vor, wenn man das möchte, männlich oder weiblich sein, und das wird eine riesige Mehrheit von Menschen auch sein. Das wissen ja die Intersexuellen, die Transgender­per­so­nen und die Non-Binarys auch. Es wird eine riesige Mehrheit von Menschen geben, die nach wie vor einfach männlich oder weiblich sein wollen, und das ist in Ordnung. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ja! Sehen Sie? Es wird niemandem etwas weggenommen! (Beifall der Bundesrät:innen Kittl und Raggl.)

Für diese Menschen aber, für Transgendermenschen, nicht binäre Menschen und intersexuelle Menschen, und auch für deren Angehörige – das halte ich auch für wichtig, sie haben ja auch ein Netzwerk – ist dieses kleine Stück Anerken­nung ihrer Identität enorm wichtig. Es kostet nichts, es nimmt niemandem etwas weg, und es ist keine Frage der politischen Ideologie, sondern es ist einfach nur eine Frage der Menschlichkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Glauben Sie mir, Herr Kollege Ofner – Sie haben gesagt: als ob wir keine anderen Probleme hätten! –: Auch LGBTIQ-Personen haben andere Probleme, und vielleicht ist dieses nicht das Wichtigste. Es kostet aber nichts, es ist eine Kleinigkeit, und man erkennt sie an. So einfach ist das. Es ist eine Existenz­bejahung, und das ist ja nicht nichts.

Vielleicht darf ich zum Schluss für so eine Art Poesiealbum des Bundesrates noch einmal zitieren, was Kim de l’Horizon nach der Auszeichnung mit dem Deutschen Buchpreis 2022 sagte, und zwar diesen einen Satz: „Ich glaube, Empathie ist magisch, ist für alles möglich.“ (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

22.26

Präsidentin Korinna Schumann: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Josef Ofner zu Wort gemeldet. – Bitte.