20.59

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Herr Vizepräsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Titel der heutigen Dringlichen Anfrage der Freiheitlichen lautet: „Türkis-Grün zerstört das österreichische Gesundheits­system“. Ich ergänze: und Blau hat damit vor einigen Jahren begonnen. (Beifall bei der SPÖ.) Das möchte ich hier ganz klar festhalten.

Es hat sogar der Herr Minister vorhin erwähnt, was vor Jahren passiert ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Die Zerschlagung der Gebietskran­kenkassen war die Ursache. Sie können mir da glauben. Ich war selbst 30 Jahre bei der Burgenländischen Gebietskrankenkasse beschäftigt. Ich weiß, was das in den letzten Jahren bedeutet hat, wie es da in den letzten Jahren zugegangen ist

Man hat den Bundesländern die Selbstverwaltung, die dann vorliegt, wenn der Staat einen Teil seiner Verwaltung jenen Personen überträgt, die unmittelbares Interesse haben, weggenommen. Man hat das Ganze zentralisiert, und heute beschwert man sich darüber. Oft werden hier Enqueten zum Thema Stärkung des ländlichen Raums veranstaltet (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel), sehr oft von der ÖVP, aber man hat genau das Gegenteil von der Stärkung des ländlichen Raums gelebt.

Herr Dr. Kornhäusl – er ist jetzt leider nicht hier –, ich muss Ihnen schon sagen: Ich frage mich, wie man das alles so schönreden kann. Wir haben in Österreich einen Ärztemangel, wir haben in Österreich einen Mangel in den Spitälern, wir können keine Patienten aufnehmen, weil es oft eben keine Plätze oder, wie Kollege Leinfellner gesagt hat, lange Wartezeiten gibt. Wir haben in Österreich ein Pflegeproblem, und wir haben vor allem im ländlichen Raum, in den Gemeinden ein Ärzteproblem. Sie reden also von etwas, was nicht ist, und es ist für mich eigentlich unfassbar, dass man das noch schönreden kann.

Natürlich kann man sagen: Wir haben das beste System. Wir reden uns selbst ein, dass wir immer noch das weltweit beste System haben. Da frage ich mich aber schon, ob die Experten der ÖGK sich alle irren, ob sie alle falsch liegen, wenn sie sagen, dass es schlecht ist. Es gibt keine Vertragsvereinbarungen, weil man nicht imstande ist, im Nationalrat einen Beschluss zu fassen, der es zum Beispiel möglich macht, dass Ärzte am Wochenende Bereitschaftsdienst machen müssen – ich sage: müssen –, wenn sie einen Vertrag mit der ÖGK haben.

Man müsste diesen Beschluss im Nationalrat nur fassen, dann wäre das Ganze nicht auf die Kurie der Ärztekammer verschoben. Die ist natürlich die Stan­desvertretung der Ärzte und man kann ja nicht erwarten, dass die Standesver­tretung der Ärzte gegen die Ärzte arbeitet, wenn diese sagen, sie wollen zu diesen Konditionen am Wochenende keinen Bereitschaftsdienst machen.

Ich kann Ihnen aus Erfahrung sagen – Kollege Arlamovsky hat es vorhin auch gesagt –: In den Neunzigerjahren gab es eine Schwemme von Ärzten. Ich gehe noch weiter zurück in die Siebziger- und Achtzigerjahre: Auch da gab es sehr viele Ärzte. Die gab es aber aus dem Grund, dass die Rahmenbedingungen gestimmt haben. Die Rahmenbedingungen haben gestimmt: Die Gebietskran­kenkassen und die Sozialversicherungen waren sehr, sehr stark aufgestellt, die Sozialdemokratie hat die Minister gestellt, und da war – unter Anführungs­zeichen – „die Welt noch in Ordnung“.

Vor einigen Jahren – ich habe es vorhin erwähnt und ich erwähne es jetzt noch einmal – hat man dieses System zerschlagen. Man hat 1 Milliarde Euro versprochen, von der für die Patienten nichts übrig geblieben ist, man hat keine gleichen Verhältnisse für die Angestellten, die Beamten, man hat eigentlich nichts geschafft.

Herr Minister, ich habe genau aufgepasst, was Sie vorhin gesagt haben: Sie haben kritisiert, dass Sie nach der Amtszeit von Frau Hartinger-Klein das ganze Ministerium haben aufräumen müssen, dass da vieles, vieles passiert ist.

Sie haben aber jetzt als Minister ja vielleicht die Möglichkeit, auf Ihre Regierung einzuwirken, um dieses System wieder umzudrehen, um eventuell wieder eine Gebietskrankenkassa, eine Selbstverwaltung möglich zu machen und es nicht so zu zentralisieren, wie es momentan ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, das wäre dringend, dringend notwendig. In diesem Sinne möchte ich mich für die Aufmerksamkeit bedanken. – Frohe Weihnachten! Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.03

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. – Bitte, Herr Bundesrat.