22.08

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Brüder Lumière, so hießen die Erfinder des Films, haben 1896 auch das erste Mal in Österreich gedreht, und als sich dann im Wiener Prater die Österreicherinnen und Österreicher zum ersten Mal bewegte Bilder anschauen konnten, konnte man wahrscheinlich schon ahnen, dass das wirklich eine Revolution des Kunstschaffens, des kreativen Schaffens ist und da etwas geleistet wurde, was ziemlich viel verändern würde.

Was sie wohl kaum wissen konnten, ist, wie sich der Konsum des Films ändern wird und geändert hat. Angefangen hat es mit diesen Panoramen im Wiener Prater, als man durch einen Guckkasten geschaut hat, dann kamen die Kinos, dann kamen die Fernseher, dann kamen die Videotheken, dann kamen die DVDs, dann kam das Streaming und plötzlich sieht man Menschen in Straßenbahnen Filme schauen. Das hätten sich die Filmemacherinnen und Filmemacher in Österreichs bewegter Geschichte des bewegten Bildes vor einigen Jahren wahrscheinlich auch noch nicht vorstellen können.

Österreich hat ja eine sehr, sehr große, eine sehr bedeutende Filmgeschichte im Stummfilm. Die Höhepunkte des Filmschaffens in Österreich waren ja ganz eindeutig in den Dreißigerjahren, auch wenn die großen Regisseure der damali­gen Zeit dann fliehen mussten, weil es zum größten Teil Juden, österreichische Juden waren, die diese Filme drehten, und dann in Hollywood Erfolge hatten, weil ihnen das Österreich nicht mehr ermöglicht hat.

Es dauerte sehr lange – in Österreich hat man den Film noch sehr lange als eine kommerzielle Frage gesehen –, es dauerte bis 1980, als es das erste Mal ein Filmförderungsgesetz gab. Dieses bekommt eben heute eine sehr, sehr große und sehr bedeutende Novelle. Ich kann nur allen Beteiligten aus allen Ministerien und auch Ihnen, Frau Staatssekretärin, zu diesem wirklichen – ja, das kann man sagen – Gamechanger, zu dieser großen Neuerung des Filmförder­wesens in Österreich gratulieren, die tatsächlich bahnbrechend ist.

Österreich soll und kann auch als kleines Land gerade im internationalen Wett­bewerb – deswegen verstehe ich irgendwie die Ablehnung der Freiheitlichen Partei überhaupt nicht, ich kann auch die Aussage meines Vorredners nicht nachvollziehen; ich meine, wir werden zwar nicht Hollywood oder Indien wer­den, aber darum geht es jetzt auch nicht –schon eine bedeutende Rolle spielen und mit erhobenem Haupt seine Filmbranche präsentieren und fördern.

Die Wertschöpfung des Filmemachens in Österreich hat einen wirtschaftlichen Nutzen. Kulturell möchte ich das einmal überhaupt außer Frage stellen, was Kunst und Kultur betrifft, aber es hat ja auch einen wirtschaftlichen Nutzen, was wir hier tun. Wir haben es im Ausschuss gehört, Sie haben es auch gehört, Herr Kollege (in Richtung Bundesrat Pröller): 4 000 Frauen und 7 000 Männer sind im Filmbereich selbstständig tätig. Es gibt 100 Produktionsfirmen und zwölf Verleihfirmen, hinzu kommen Tausende von Arbeitsplätzen, denn dann gibt es ja noch eine ganze Reihe von Menschen, die beauftragt werden: die Visagist:innen, die Friseure, die Ausstatter, die Maler, und so weiter, und so weiter, und die Caterings, die man braucht. Wir haben es auch gehört, Sie haben es auch genau gehört: Jeden Euro – und deswegen ist das eine Investition –, den wir investieren, bekommen wir zweieinhalbfach durch die Wertschöpfung wieder zurück; das ist nämlich ein ganz wichtiger Punkt.

Jetzt kommt aber der wesentliche Punkt – und da verstehe ich die Freiheitliche Partei überhaupt nicht –: Es ist ganz wichtig, dass die großen internationalen Produktionen hierzulande auch drehen und filmen können. Herr Kollege, sind Sie nicht auch stolz, wenn ein HBO-Sender eine amerikanische Produktion in Wien dreht (Bundesrat Pröller: ... Förderrichtlinie!), wenn Kate Winslet hier in Wien dreht? Dahin gehend hat die Vienna Film Commission von der Stadt Wien hervorragende Arbeit geleistet, dass das hier gefilmt wird, eine riesige Wert­schöp­fungskette stattfindet und ganz, ganz viele Menschen eine Arbeit finden, weil wir sie fördern. Die kommen nur hierher, wenn man sie auch fördert. Und ja, die haben zwar keinen Wohnsitz in Österreich, aber patriotisch, wenn ich das einmal aus Ihrer Perspektive so sagen darf, ist das nicht, wenn Sie das hier ablehnen.

Diese neue Filmförderung basiert auf drei Säulen: das Österreichische Film­institut, also ÖFI plus ist das. Da gibt es Zuschüsse für österreichische, unabhängig produzierte Filme für das Kino. Die zweite Säule ist der Film­stand­ort Austria, also Fisa plus; da geht es um die Zuschüsse und Anreize für internationale Produktionen – die Sie ablehnen –, die aber vorwiegend in Öster­reich gedreht werden. Die werden dann vom AWS abgewickelt. Als dritte Säule gibt es dann Zuschüsse für TV- und Streamingproduktionen, weil natürlich jetzt sehr viele nicht mehr klassisch für das Kino produzieren, sondern eben zum Beispiel für Virtual Reality, zum Beispiel für Streamingangebote.

Ich möchte hier betonen, dass wir diese Förderungen wirklich nachhaltig für die Qualität des Filmstandortes Österreich nützen, mit ganz gezielten Maßnahmen, unter anderem auch in Bezug auf klimafreundliche Produktionen, die wir hier haben, und auch zur Stärkung von Frauen in der Branche. Das ist auch ein ganz wichtiger Punkt, den wir hier berücksichtigen. Man glaubt immer, die Film­branche ist so eine Branche, in der schon alles erreicht wurde. Wenn man dann genauer hinschaut, merkt man, auch in diesen Branchen muss man gezielte Förderungen haben – und wir werden darauf auch ein Augenmerk haben.

Die Filmbranche war sicher in der Pandemie eine sehr gebeutelte Branche. Zum Glück sind viele Produktionen nur verschoben worden und wir dürfen uns demnächst auf viele Starts freuen. Es gibt ja immer so diese Tendenz, dass Poli­tikerinnen und Politiker besonders bei Kulturpunkten irgendwelche Weih­nachtstipps geben, welche Bücher man kaufen soll oder welche Theatervor­stel­lungen man besuchen soll. Deswegen wäre mein Vorschlag für das nächste Jahr, für 2023: Beschenken Sie sich einmal selbst mit einem schönen Kinobe­such eines tollen Films, am besten einer österreichischen Produktion! Vielleicht gefällt Ihnen das neue Streamingangebot der Kinos in Österreich, die zu einer Flatrate Kino anbieten. Dann kann man um rund 22 Euro, glaube ich, im Monat in so viele Kinos so oft gehen, so oft man will. Das ist ein Geschenk, das kann man sich selber schenken. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

22.16

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Christian Buchmann. – Bitte.