9.31

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Mit­glieder des Europäischen Parlaments! Zuerst möchte ich als Fraktionsvorsitzen­der unserer Präsidentin Korinna Schumann zu dieser außergewöhnlich erfolgreichen und spannenden Präsidentschaft des Bundesrates gratulieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Und auch dazu, dass sie zwei Dinge ganz klar in den Vordergrund gerückt hat: zum Ersten die Notwendigkeit der Daseinsvorsorge gerade in Zeiten wie diesen und zum Zweiten die Bedeutung kommunaler Dienstleistungen. Das ist, glaube ich etwas, das wir gerade in einer Zeit der Krise wie jetzt sehen.

Nun zur Aktuellen Stunde: Mein Vorredner hat schon die multiplen Krisen angesprochen. Das heißt, was es derzeit gibt, sind viele übereinander lagernde Krisen, und zwar solche, bei denen wir manchmal die eine Krise zur Bewälti­gung der anderen Krise angehen müssen – eine unglaubliche Herausforderung. Dann kommen noch Dinge dazu, die wir auch selbst mitverschuldet haben. Kollege Buchmann hat das so nonchalant angesprochen, aber dieses völlig aus der Luft gegriffene Veto gegen den Schengenbeitritt Bulgariens und Rumä­niens ist (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder) einzig und allein der Niederösterreichwahl geschuldet (Zwischenruf des Bundesrates Kornhäusl) und hat nichts, aber gar nichts mit der Sache zu tun. (Bundesrat Kornhäusl: Sie wissen es ja!)

Ja, Kollege Kornhäusl, es ist so. Denn von 2016 (Ruf bei der ÖVP: Wie der Schelm denkt!) – einfach einmal zuhören! – bis 2020 wurden sowohl Kroatien als auch Bulgarien als auch Rumänien genauestens überprüft. Die Kommission macht keinen Vorschlag aus Jux und Tollerei – das sind dann eher die Reaktionen unserer Regierung. Jetzt kommt noch dazu, lieber Herr Kornhäusl: Fragen Sie einmal die Mitglieder des Europäischen Parlaments von Ihrer Fraktion, von den Grünen, von den NEOS und von den Sozialdemokraten! (Zwischenruf des Bundesrates Kornhäusl.) Die haben nämlich alle dafür gestimmt, dass Bulgarien und Rumänien aufgenommen werden.

Wir sind sehr wohl dankbar, dass rumänische Frauen hier 24-Stunden-Pflege machen, aber dass wir, wenn es einmal darum geht, nicht – nicht! – die Hand zu reichen bereit sind, ist ein unglaublicher Affront. Was wir schon auch gese­hen haben: Die Einberufung von Botschaftern und so weiter sind schon Folgen, die wir jetzt in dieser Zeit der vielen Krisen absolut nicht notwendig haben.

Was wir auch schweren Herzens irgendwie durchkämpfen müssen, ist der Um­gang mit anderen Mitgliedstaaten wie Ungarn. Immer wieder Blockade­drohungen: 18 Milliarden Euro Hilfsprogramm: Blockadedrohung; Blockade der globalen Mindeststeuer; der Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens: jetzt kein Ja, auch da warten wir wiederum auf das nächste Jahr – und das bei all die­sen Rechtsstaatlichkeitsverstößen im Land, bei diesem hohen Level an Korruption, das ist sehr bedauerlich. (Bundesrat Steiner: Wie heißt die Präsidentin von den Sozialisten? Korruption, gell!)

Lieber Kollege Steiner, du hast ja viele Möglichkeiten, nur: Der Unterschied (Bundesrat Steiner: Wie heißt sie?) in diesem Fall, dem Fall Kaili, ist, dass man nicht wie eine Regierungspartei auf Urteile wartet, sondern dass gehandelt wurde. Wenn sozusagen die EU durch Korruption - - (MEP Mayer: In flagranti ...!) – Komm, jetzt gib ein bisschen eine Ruh’, sei einfach ein bisschen still! (Weiterer Zwi­schenruf des MEPs Mayer. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Wenn sozusagen die EU durch Korruption von innen angegriffen wird, ist das extrem bedauerlich. Ich bin sehr froh (Bundesrat Steiner: Deshalb sollten wir uns, was Ungarn betrifft, ...!), dass die Parlamentspräsidentin die richtigen Worte dafür gefunden hat. Ja, das Ausmaß der Korruption in Ungarn stellt, glau­be ich, alles in Europa in den Schatten. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei Bun­desrät:innen der FPÖ. – MEP Mayer: ... Sozialisten verbieten das noch! – Rufe bei der FPÖ: Und Österreich?) – Das wissen wir, das wissen wir. (Bundesrat Steiner: Österreich nicht! Mit der Regierung! – Ruf: Gebt eine Ruhe!)

Nein, nein! Schau, er hat bei jeder Sitzung diese Notwendigkeit, sich ein bisschen emotional zu erleichtern (Bundesrat Steiner: Danke!), und das soll man ihm auch einräumen. Das ist so dem Zillertal geschuldet. (Bundesrat Steiner: Wa­rum? – Rufe bei der FPÖ: He! – Heiterkeit bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.) Du willst ja, dass man dich sieht und dass man dich hört. Also, liebe Ziller­taler und Zillertalerinnen, jetzt habt ihr den Christoph Steiner gehört! (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Gehen wir zu etwas ganz anderem! Kollege Buchmann hat auch den unfassbaren Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, die Notwendigkeit der Solidarität und der Hilfeleistungen angesprochen. Da hat die EU einen Rechtsmechanismus in Kraft gesetzt, dass Menschen auf der Flucht – es sind hauptsächlich Frau­en, Mütter mit ihren Kindern – nicht in das Asylverfahren müssen, sondern dass wir da großzügige Formen der Solidarität walten lassen. Das unterstreicht auch die österreichische Bevölkerung, dass sie dazu bereit ist.

Wichtig ist auch die Bekämpfung der Teuerung und der Inflation, die es derzeit gibt. Umso wichtiger sind Maßnahmen wie, dass es endlich zu einem echten Preisdeckel im Bereich der Energie und zu gemeinsamen Einkäufen kommt. All das gehört dazu, denn gerade diese Inflation in Europa können wir nur gemeinsam – die Nationalstaaten gemeinsam mit der Europäischen Union – bekämpfen.

Dann gibt es die allerallergrößten Probleme, das sind der Klimawandel und die Energiekrise. Hinsichtlich Klimawandel hat jetzt die Europäische Union noch einmal mit Nachdruck die Ziele erhöht, die wir einzuhalten haben und die wir einhalten müssen, weil das sonst auf Dauer extrem teuer wird. Wir haben nur diesen, es gibt keinen , wir müssen den Klimawandel jetzt und wirk­sam bekämpfen. Bei der Energiekrise kommt es dazu, dass wir die fossile Energie aus Europa so weit verbannen, dass es erneuerbare Energie, grüne Energie und eine nachhaltige Energienutzung gibt.

Ein letztes Wort noch: Es gibt so viele Krisen, aber wir sollten – wir werden, glaube ich, heute auch einen gemeinsamen Entschließungsantrag dazu machen – nicht die mutigen Frauen und die Jugend aller Gesellschaftsschichten im Iran vergessen, die uns in den letzten Wochen – wie soll ich sagen? – jegliche Achtung abverlangt haben. Wir werden heute auch im Bundesrat ein ge­meinsames Zeichen dafür setzen und darüber bin ich froh. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen sowie des Bundes­rates Arlamovsky.)

9.39

Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort ist Herr Bundesrat Hübner gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.