10.38

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren zu Hause, die Sie sich für diese heutige Europastunde interessieren: Europa in herausfordernden Zeiten! – Europa wurde von Politikern mit Weit­blick und entsprechendem Verständnis für Frieden gegründet. Erinnern Sie sich zurück: Vor 1945 lagen sich Deutsche und Franzosen noch am Schlachtfeld gegenüber, einige Monate später begannen sie Verhandlungen zu führen.

Wir sind nun gemeinsam auf dem Spielfeld Europa, und dieses Spielfeld Europa fordert uns tagtäglich. Es hat uns vor 70 Jahren gefordert und es wird uns in Zukunft fordern. Daher ist es wichtig, zuerst in die Vergangenheit zu schauen, damit wir wissen, woher wir kommen, damit wir unseren Standpunkt bestim­men können, um dann zu wissen, wohin wir hoffentlich in Frieden gehen werden.

Europa musste viele Krisen durchmachen, vom Tschechienkonflikt über den Ungarnkonflikt bis hinauf zu der Banken- und Finanzkrise, die nicht von Europa ausgelöst wurde, sondern von den USA gekommen ist. Europa hat es bewäl­tigt – mit einer schlechten Prognose, und trotzdem ist Europa besser dagestanden als vor der Krise und besser aus dieser Krise herausgekommen.

Der Arabische Frühling hat uns in Europa beschäftigt: Auch da hat Europa vieles gemeistert, nicht alles gemeistert. Der Arabische Frühling wurde auch nicht von Europa ausgelöst, sondern durch den Umbruch in Nordafrika. Ja, sogar ein Schiff im Sueskanal hat uns eine große Krise bereitet, und diese Krise hätte uns eigentlich schon darauf vorbereiten müssen, was als Nächstes auf uns zukommt. Wir haben gesehen: Weder im Energiebereich noch im Techno­logiebereich noch im Lebensmittelbereich gibt es ausreichend Vorsorge und Sicherheit, als dass wir hier in Europa von Lebensmittelversorgungssicher­heit oder Energieversorgungssicherheit sprechen könnten.

Der internationale Handel wird uns auch in Zukunft fordern, denn China wird oder ist schon einer der größten Player am Weltmarkt, Afrika ist mit einer Population von über einer Milliarde Menschen entsprechend gewachsen. Wenn wir zurückschauen: Bei der Gründung der Europäischen Union waren wir nicht einmal drei Milliarden Menschen – jetzt gehen wir auf neun Milliarden Menschen zu. Diese Herausforderungen werden uns im Bereich des Kli­mas treffen, diese Herausforderungen werden uns im Bereich der Völkerwande­rung treffen, die wir ja jetzt schon spüren.

Was daher wichtig sein wird – wie auch schon meine Vorredner gesagt haben –, ist der Bereich des Schengenabkommens, das uns viel bringt, das insbeson­dere der Jugend viel bringt, ob es das Erasmusprogramm für Studierende, das Lehrlingsprogramm oder die Euroskills, bei denen Österreich immer her­vorragend abschneidet, sind. Wichtig sind aber auch das Thema Europol, die hervorragende Zusammenarbeit gegen die Kriminalität, die Währungs­union, die Reisefreiheit, all das sind Punkte, positive Erscheinungen des Schen­genabkommens. Wir müssen aber im Hinblick auf den Schengenraum auch daran denken, dass die Außengrenzen irgendwo zu sichern sind, und diese He­rausforderung müssen wir angehen, wie auch schon die Frau Bundesmi­nister gesagt hat. Wir werden weder bei Bulgarien noch bei Rumänien dagegen sein, dass sie dem Schengenraum beitreten, wir müssen aber schauen, dass wir in Europa Sicherheit schaffen, dass die Außengrenzen gesichert sind. Europa ist einfach ein Ort, an den die Menschen gerne ziehen, weil bei uns bis vor Kurzem auf dem ganzen Kontinent Frieden geherrscht hat.

Der Frieden, das friedliche Zusammenleben der Menschen in Europa, wird auch in Zukunft die Herausforderung sein, und da spielen insbesondere auch die sozialen Medien eine Rolle, denn Manipulation wird über die sozialen Medien, teilweise auch über andere Medien gespielt, in denen wir Informationen erhalten, die einseitig sind. – Wir müssen das Gesamte betrachten.

Ich glaube, Europa wird auch diese Krise des Ukrainekrieges überstehen. Wir werden aus diesem Krieg wahrscheinlich gemeinsam stärker hervorge­hen. Wir müssen aber auch auf Russland zugehen, denn es wird keinen Frieden geben, ohne dass Friedensgespräche geführt werden, denn die Friedens­gespräche sind die Voraussetzung dafür, dass in späterer Folge wieder Frieden in Europa herrschen wird.

Ich bin sicher, dass es in Europa auch in Zukunft Politiker wie die Gründungs­väter der Europäischen Union geben wird, dass die Europäische Union in Zukunft bestehen und sich weiterentwickeln wird. Daher danke ich für die Europastunde und wünsche unserem Europa – auch für die Zukunft und für die jungen Menschen –, dass es sich weiterentwickelt, dass der Prozess der Europäischen Union in eine positive Richtung geht.

In diesem Sinne noch einmal ein herzliches Dankeschön für die hervorragende Diskussion in diesem Plenum. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.43

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Gross­mann. – Bitte, Frau Bundesrätin.