10.54

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Minister! Eigentlich wollte ich nicht, aber es ist schon schwer auszuhalten. (Bundesrat Steiner: Aber das geht sich schon aus für deine Gage! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich frage mich immer wieder: Was machen FPÖ-Abgeordnete eigentlich im Europäischen Parlament, wenn es einfach nur darum geht, selbiges zu zerstören? Das verstehe ich nicht. Ich kann nur sagen: Das Europäische Parlament ist keine Plattform für rechtsradikalen Nationalismus, das gehört dort nicht hin. (Beifall bei den Grünen. – Ruf: Bravo, Adi! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

So ziemlich alle großen Herausforderungen (Bundesrat Steiner: Was hat er jetzt gesagt? – Bundesrat Spanring: Unfassbar!) und Krisen sind nämlich nur ge­meinsam und solidarisch zu bewältigen; ganz bestimmt nicht national – und schon gar nicht von einem so kleinen Land wie Österreich. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Warum sagt denn der Präsident da nichts dazu? Gibt es dafür keinen Ordnungsruf, Herr Präsident? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Solidarität, um das noch einmal zu erklären, bedeutet, den Fokus auf Interessen im Sinne des Gemeinsamen, des Gemeinwohls und der Gemeinschaft höher zu bewerten als nationale Einzelinteressen, denn nur dann kann eine Gemeinschaft letztlich auch funktionieren. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Ihr seid die Radikalen ...!) Und ich denke, das ist ja eigentlich etwas, was wir auch täglich selbst erfahren. Nur dann, wenn wir gemeinsam denken, geht es uns dann auch selber gut. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Geh, lach ein bisserl!)

Europa ist unser gemeinsamer Lebensraum, mit sehr ähnlichen kulturellen Prägungen, und es ist auch ein Raum, der wirtschaftlich extrem stark ineinander verflochten ist. Ich erinnere: 70 Prozent – 70 Prozent! – des Außenhandels Österreichs findet innerhalb der EU statt. Der Europäische Wirtschaftsraum ist also einfach eine Überlebensfrage für uns. (Bundesrat Schennach: Ja eh!) Und schon allein deshalb ist vieles am besten auf europäischer Ebene geregelt, jedenfalls in Grundsätzen, vieles wird auch in Grundsätzen geregelt, und innerhalb dieser ist Platz genug für nationale Ausprägungen und Schwerpunkt­setzungen. Und ein Beispiel dafür, das ist ganz jung, ist die Autoindustrie, die mit zahllosen Zulieferern vernetzt ist, auch in Österreich. Eine Transforma­tion, eine große Transformation der Antriebstechnologie, wie sie jetzt an­steht, mit der Vorgabe, 2035 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zuzulassen, braucht unabdingbar einen gemeinsamen Rahmen, so etwas kann ein Staat für sich allein schlicht und einfach nicht machen.

Eine besonders große Herausforderung ist das Ziel, Europa bis 2050 in einen klimaneutralen Kontinent zu transformieren. Und das ist absolut kein Selbstzweck, sondern es ist eine Notwendigkeit und es ist auch eine historische Verantwortung, aufgrund der bisher freigesetzten Emissionen seitens der Europäischen Union und der Länder in Europa. Es ist auch eine Verantwortung gegenüber der Zukunft, gegenüber kommenden Generationen, die ein Recht darauf haben, auf diesem wunderbaren Planeten auch noch gut leben zu können; eine sehr vornehme Aufgabe, die die Europäische Union da hat.

Mit dem Green Deal (Bundesrätin Steiner-Wieser: Ja, mit eurem Green Deal wird die Inflation ...!) hat die Kommission wirklich einen globalen und ambitio­nierten Meilenstein gesetzt. Richtig wurde erkannt, dass die EU mit ihren Mit­gliedstaaten hier international ein Vorreiter werden kann, mit den dafür notwendigen technologischen Entwicklungen, Innovationen, die in der Folge die Konkurrenzfähigkeit stärken und natürlich auch die Beschäftigung in Euro­pa sichern. Und das geht nur gemeinsam.

Damit solch eine Transformation funktioniert, brauchen wir europaweit vernetzte Strukturen (Bundesrätin Steiner-Wieser: Sind jetzt nicht schon 5 Minuten vorbei?), etwa was den Ausbau regional vorhandener Energieerzeugungs­potenziale betrifft, was Stromnetze betrifft, was in Zukunft Wasserstoffnetze betrifft, den Ausbau europaweiter Schienennetze, den Ausbau von Spei­chern, Implementierung von Ladesystemen, E-Mobilität und so weiter; das könn­te man lange fortsetzen.

Ein Beispiel für eine wirtschaftspolitische Begleitmaßnahme von ganz großer Be­deutung, die nur im europäischen Maßstab möglich ist, ist das Vorhaben, ein CO2-Grenzausgleichssystem zu installieren. Das ist essenziell, nämlich für die ganze europäische Wirtschaft, auch für die österreichische übrigens, siehe Voest und andere Industriebetriebe, und da ist ja gerade in der vergangenen Wo­che ein großer Durchbruch gelungen.

Ebenso verständigen konnte man sich am vergangenen Wochenende auf den im Green Deal angekündigten Klima-Sozialfonds mit 86 Milliarden Euro zum sozialen Ausgleich. Das ist für die soziale Absicherung in der Phase des Über­gangs wirklich wichtig, und so etwas geht halt nur in Europa.

Österreich befindet sich bekannterweise im geografischen Herzen Europas und profitiert auch ganz besonders von der Europäischen Union und von ihren Erweiterungsschritten. Das nicht zu sehen, da muss man wirklich auf beiden Au­gen blind sein.

Wir sind aus vielerlei Gründen gut beraten, uns mit dem Blick auf die großen Herausforderungen solidarisch im Sinne des Ganzen in der EU einzu­setzen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

10.59

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als nächster und letzter Mandatar dazu zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Dr. Arthur Arlamovsky. – Bitte, Herr Bun­desrat.