12.16
Bundesrat Ernest Schwindsackl (ÖVP, Steiermark): Herr Vizepräsident! Geschätzter Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Saal! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen! Man braucht sich in Österreich ja nur nach den Jahreszeiten zu orientieren: Wenn von den Bäumen die Blätter fallen und der herannahende raue Wintermonat Dezember ins Land zieht, treffen sich in traditioneller Art und Weise in den unterschiedlichsten Verhandlungs- und Besprechungsräumlichkeiten die Vertreterinnen und Vertreter von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, vulgo Unternehmer und Gewerkschafter, also die Sozialpartner. (Bundesrätin Schumann: Na die treffen sich im Frühjahr auch, ...! Es gibt Frühjahrs...!)
Gelernte Österreicher kennen dieses schon zu einem Ritual gewordenen Zeremoniell. (Ruf bei der SPÖ: Keine Ahnung ...!) Die meisten kennen nicht das genaue Verhandlungsergebnis, aber die strategische Vorgangsweise und den Stil: Konfliktvermeidung ist ausgeschlossen, man hat ja schließlich eine Klientel zu vertreten. Durchsetzung ist verletzend, hat ein Sieger- und Verliererimage – wer will schon als Verlierer aus der Arena gehen? Laisser-faire, schleifen lassen, gilt vor allem nicht als verantwortungsvoll und wird auch als Führungsschwäche ausgelegt. Also wird man sich wieder für die altbewährte Form, den Kompromiss, entscheiden: Man trifft sich in der Mitte.
Nicht die inhaltlichen Ergebnisse waren in den verschiedensten Gremien überraschend, sondern wie die einzelnen Interessengruppierungen miteinander umgegangen sind, wie ernsthaft ihnen das Ergebnis für die Betroffenen oder die eigene Eitelkeit wichtig waren.
Wie wirklich konstruktive und sachliche Verhandlungen aus- und durchgeführt werden können, zeigten der Herr Vizekanzler und der Vorsitzende der Gewerkschaft öffentlicher Dienst Norbert Schnedl. Das sollte als Lehrbeispiel auch an der Otto-Möbes Akademie oder an sonstigen Institutionen der Gewerkschaft öfter gezeigt werden. Klüger und gescheiter kann man immer werden, hat auch jemand von der linken Reichshälfte einmal gesagt. So macht man also professionelle Gehaltsverhandlungen.
Künstliches Gepoltere, permanente Streikdrohungen und deren Umsetzungen am Beispiel der ÖBB sind verantwortungslos und zeugen eigentlich von rücksichtslosem Machtgehabe und von Machtgier. (Beifall bei der ÖVP.)
Was hat sich bloß der Vorsitzende der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft Vida, Roman Hebenstreik, pardon, Hebenstreit (Heiterkeit bei der ÖVP) – der Name ist anscheinend gleichzeitig Programm –, gedacht, als er zur Stilllegung aller Zugverbindungen in ganz Österreich aufgerufen hat? (Bundesrätin Grimling: Wir sind bei der 2. Dienstrechts-Novelle! – Bundesrat Schennach: Macht und Gier war das am Anfang?) Was hat er sich gedacht, als er Ärzte, Kranken- und Heimpfleger, Pädagogen, Schüler und Schülerinnen, Sicherheitsorgane, Polizei, Bundesheer et cetera an der pünktlichen, pflichtbewussten Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert hat? (Bundesrat Schennach: Aha!)
Er hat an sich gedacht. Er hat aus persönlichen Gründen mit der zu erwartenden Medienpräsenz hinsichtlich seiner weiteren Gewerkschaftskarriere spekuliert. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Schmid.) Das ist letztklassig! Das ist letztklassig und wurde sogar von ÖBB-Generaldirektor Andreas Matthä (Bundesrätin Grimling: Wir sind bei der 2. Dienstrechts-Novelle!) – Sie brauchen nur zuzuhören; die Wahrheit tut weh, der Schmerz ist verständlich –, übrigens ein Mitglied der SPÖ, scharf verurteilt. (Bundesrat Schmid: Das ist eine Frechheit!) Vielleicht könnte das Christkind dem Herrn Vorsitzenden der Gewerkschaft zu Weihnachten eine Eisenbahn schenken, die kann er stoppen (Beifall bei Bundesrät:innen der ÖVP), da kann er tun und lassen, was er will – aber nicht pflichtbewusste Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber von ihrer Arbeit abhalten!
Nun aber zum Positiven, und das gibt es Gott sei Dank ja auch: Ich darf festhalten, dass mit der 2. Dienstrechts-Novelle in diesem Jahr ein wirklich großer Wurf gelungen ist. Der Gehaltsabschluss ist mit 7,32 Prozent im Schnitt – die Bandbreite geht ja von 7,15 bis 9,41 Prozent – wirklich ordentlich ausgefallen. (Beifall bei der ÖVP.)
Das deckt zum einen eine Abgeltung der Leistungen der öffentlich Bediensteten ab, und zum anderen ist das in Zeiten der Teuerung natürlich auch ein wichtiges Signal, das gesetzt wird. Gerade aufgrund der bevorstehenden Pensionierungswelle ist dies ein wichtiger Schritt, um den Nachwuchs, um die Jüngeren in allen Bereichen, in denen wir im öffentlichen Dienst Nachwuchsprobleme haben – wir sprechen de facto von allen Bereichen –, zu sichern. Dies gelingt mit dieser Novelle.
Wir müssen mittelfristig und langfristig ganz allgemein – wir haben das in der Steiermark unter dem damaligen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes schon umgesetzt, sein Nachfolger, Mag. Christian, ah, Christopher Drexler (Bundesrätin Grossmann: Kennen Sie ihn nicht so gut, gell?), setzt dieses Erfolgsmodell dort fort und modifiziert dieses – für die Jüngeren höhere und attraktivere Einstiegsgehälter gewährleisten.
Stellt man sich die Frage: Was beschäftigt die jungen Menschen?, sieht man: Es stehen in erster Linie Wohnen, Eigentum schaffen, Familiengründung an oberster Stelle. Es ist daher klar, dass es gerade in Zeiten wie diesen durch die weltweite Krisenentwicklung darum gehen muss, die Lebensverdienstkurve etwas auszuschwenken, sodass auch jüngere Menschen höhere Gehälter bekommen können.
Wesentliche Punkte sind auch die Erweiterung des Benachteiligungsschutzes und des Kündigungsschutzes sowie die Gleichstellung von Teilzeitbeschäftigten mit Vollzeitbeschäftigten, wenn es darum geht, Mehrleistungen abzugelten. Das war bis jetzt in dieser Form nicht möglich und wird mit dieser Novelle auch entsprechend angepasst.
Auch im Bereich der Exekutive, im Bereich der Justizwache und des Bundesheeres werden Verbesserungen geschaffen. Eine Nachschärfung beim Bundesheer sowohl bei Chargen als auch bei der Funktionszulage der Unteroffiziere wird hier folgen, daran wird noch gearbeitet.
Die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, sei es auf Bundes-, Landes- oder Gemeindeebene, stellen vielfach unter Beweis, dass sie in wichtigen Bereichen wie Gesundheit, Sicherheit, Bildung und vielen anderen gesetzlichen Administrationen erfolgreich tätig sind, stehen sie in manchen Bereichen auch privatwirtschaftlicher Konkurrenz gegenüber, ohne diese scheuen zu müssen. Wir können auf unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst stolz sein, denn noch nie in der Geschichte der Zweiten Republik hat der öffentliche Dienst seine Verlässlichkeit, seine Schlagkraft, seine Kompetenz und seine Wichtigkeit so zeigen können und müssen wie in der jetzigen weltumspannenden Krisenzeit.
Schöne vorweihnachtliche Wünsche, ein steirisches Glückauf! (Beifall bei der ÖVP.)
12.23
Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Elisabeth Grimling. – Bitte, Frau Bundesrätin.