12.24

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Ich möchte gleich am Anfang sagen: Ich möchte über die 2. Dienstrechts-Novelle sprechen und nicht ein Hickhack herbeiführen.

Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Der Überbegriff Bundesdienstrecht umfasst alle Regelungen zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Bundesdienstes. Es bildet daher den recht­lichen Rahmen für die Tätigkeit beim Bund. Der Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichert die Kontinuität der Bundesverwaltung, trotz der ständi­gen Mehrbelastungen durch Personalabbau, Nichtnachbesetzungen von frei werdenden Planstellen, Aufnahmestopps und völliger Zurücknahme des öf­fentlich-rechtlichen zugunsten des privatrechtlichen Dienstverhältnisses.

Trotz vieler dringend erforderlicher Maßnahmen im öffentlichen Dienst herrschte seitens der Bundesregierung durch Monate hindurch völliger Still­stand. Man kann daher endlich – ich möchte fast sagen: in freudiger Erre­gung (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der SPÖ) – dem vorliegenden umfangreichen Gesetzesvorhaben entgegenblicken, mit dem ein immenser Nachholbedarf an längst fälligen Regelungen für die Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Verwaltung auf den Weg gebracht werden soll.

Dieses Gesetzeswerk, das die schlichte Bezeichnung 2. Dienstrechts-Novel­le 2022 trägt, beinhaltet in Wirklichkeit die Novellierung von nicht weniger als 24 Bundesgesetzen, die entweder ausschließlich oder auch nur mitumfas­send  den Bundesdienst betreffen. Ich habe schon wiederholt moniert, dass die­se Verschachtelung, auch wenn dies eine legitime legistische Methode ist, zu einer unübersichtlichen Informationslage führt und bei jenen, die in den je­weiligen Personalabteilungen für die Vollziehung zuständig sind, auf erheblichen Unwillen stößt. Auch für den Bundesrat sind solche Sammelnovellen verfas­sungsrechtlich bedenklich, da wir nur zur Gänze Einspruch erheben oder zustim­men können, was die verfassungsrechtlichen Mitwirkungsrechte des Bun­desrates beschneidet. – Das ist nun einmal so, ich will mich aber mit dem positi­ven Inhalt befassen.

Was bringt das Gesetzeswerk also Neues? – Neben zahlreichen Detailmaß­nahmen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst ist zusätzlich eine Erhöhung der Einstiegsgehälter sehr wichtig. Diese waren bisher im Vergleich zur Privat­wirtschaft nur teilweise konkurrenzfähig. Die Erhöhung ist daher insbesondere für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger mit Berufserfahrung sehr wich­tig. Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger in den Bundesdienst werden auch während der Grundausbildung das ihrer Verwendung entspre­chende Grundgehalt bekommen. Ebenfalls steigen werden die Grundgehälter für Polizeischülerinnen und Polizeischüler, Aspirantinnen und Aspiranten in der Justizwache und Militärpersonen auf Zeit.

Etwas unklar erscheint mir das Projekt, wonach langjährige Führungskräfte, die ihre Leitungsposition abgeben wollen, weiterhin als Fachexpertinnen beziehungsweise als Fachexperten zur Verfügung stehen können. Sie sollen di­rekt einer Sektionsleitung, einer Gruppenleitung oder auch einem General­sekretär oder einer Generalsekretärin unterstellt werden. Dies ist für mich inso­weit fragwürdig, weil man dahinter die Absicht vermuten könnte, bei einem allfälligen Regierungs- oder Ressortchefwechsel für bestimmte Funktionen einen politischen Fortbestand zu sichern.

Dass in der Umsetzung von EU-Richtlinien oft Nachholbedarf besteht, darf ich als bekannt voraussetzen. Mit entsprechender Verzögerung wird nun­mehr die Ausweitung der Informationspflichten des Dienstgebers über wesent­liche Rechte und Pflichten betreffend das Dienstverhältnis in Form einer Mitteilung an Beamtinnen und Beamte beziehungsweise im Dienstvertrag für vertragliche Bedienstete in das Dienstrecht übernommen. Die Informa­tionspflicht umfasst präzise Angaben über das Ausmaß der Wochendienstzeit und des Erholungsurlaubes, die Bezüge samt Nebengebühren, den zustän­digen Sozialversicherungsträger, die Modalitäten der Grundausbildung, etwaige Befristungen und weitere für das Dienstverhältnis wesentliche Punkte.

Hierzu gehören die sinnvolle Erweiterung des Anspruchs auf Pflegefreistellung sowie ein Ausbau des Benachteiligungs- und Kündigungsschutzes. Positiv ist die neue Bestimmung zu sehen, wonach Beschäftigte nicht aufgrund der Re­duzierung ihrer Wochenarbeitszeit zur Betreuung eines Kindes, wegen einer zulässigen Nebenbeschäftigung oder aufgrund der Inanspruchnahme von Pflegezeit, Pflegefreistellung, Frühkarenzurlaub und Telearbeit benachtei­ligt beziehungsweise gekündigt werden dürfen.

Aus der Vielzahl weiterer Neuregelungen möchte ich noch jene Bestimmungen hervorheben, die allgemein und nicht nur für bestimmte Bedienstetengrup­pen gelten.

Anspruch auf Pflegefreistellung besteht hinkünftig auch, wenn die erkrankte oder verunglückte Person ohne Erfüllung des Kriteriums eines nahen An­gehörigen mit dem betreffenden Bediensteten im gemeinsamen Haushalt lebt.

Im Disziplinarrecht sind unter anderem Anpassungen bei der Bemessung von Geldbußen und Geldstrafen, bei den Verjährungsbestimmungen sowie bei der Übernahme von Verfahrenskosten geplant.

Für die einheitliche elektronische Zustellung von Bescheiden und anderen Do­kumenten wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen.

Hinsichtlich der bei 25 und 40 Dienstjahren gewährten Jubiläumszuwendung wird klargestellt, dass sich deren Höhe nach der mit Ablauf der Dienstzeit erreichten besoldungsrechtlichen Stellung richtet.

Bei Gleitzeitdienstplänen kann in Hinkunft von der Festlegung der Blockzeit abgesehen werden.

Bei Dienstreisen sollen ökologische Aspekte berücksichtigt werden. Aufträge für Dienstreisen sollen nur dann erteilt werden dürfen, wenn der Zweck durch nichts anderes, etwa durch Webmeetings, erreicht werden kann. Zudem werden verschiedene Anreize für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für not­wendige Dienstreisen und für den Arbeitsweg geschaffen.

Neu ist ferner die Einbindung eines Personalsenats bei der Bestellung der Spitzenpositionen des Obersten Gerichtshofes; wünschenswert wä­re die Objektivierung der Besetzung aber auch für andere rechtsstaatliche Einrichtungen, wie zum Beispiel den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof.

Für alle Bundesbediensteten besonders wichtig ist aber die Umsetzung des Gehaltsabkommens mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst über die Gehaltsregelung für 2023 vom 23. November 2022. Die Gehälter werden staffelwirksam – zwischen 9,41 Prozent und 7,15 Prozent – erhöht, aber mindestens um 170 Euro. Die Erhöhung der Zulagen beträgt 7,32 Prozent.

Ich darf mich, und damit bin ich jetzt schon beim Schluss, bei allen öffentlich Bediensteten – ob es, wie es mein Vorredner gesagt hat, bei Bund, Land, Gemeinde, Bezirk ist – herzlich für ihr Engagement bedanken, für ihr immerwäh­rendes Zurverfügungstehen für die Bevölkerung und wünsche allen ein schönes Fest, einen guten Rutsch ins Jahr 2023 – bitte nicht ausrutschen, son­dern gut hinüberkommen –, und ich wünsche mir, dass ihr Engagement weiter bestehen bleibt.

Im Hinblick auf all das, was ich gesagt habe, wird unsere Fraktion dieser Dienst­rechts-Novelle ihre Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.34

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte, Herr Bundesrat.