13.19

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Justizministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und vor den Bildschirmen! Ich danke Frau Kollegin Grossmann, meiner Vorrednerin, fast, denn alles, was Sie sich wünschen und was auch angeschaut werden soll, wird gerade angeschaut – ich bin mir sicher, Frau Justizminis­terin Zadić wird das nachher noch genauer ausführen.

Ich danke an dieser Stelle auch der Tatkraft der Justizministerin, die nämlich heute mit einem Teil der Reform eine Modernisierung, eine menschen­rechtskonforme Modernisierung, im Maßnahmenvollzug für Rechtsbrecher:innen mit schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störungen macht.

Nach zig Jahren werden nun endlich Maßnahmen gesetzt, damit Menschen mit geringen Vergehen nicht auf unbestimmte Zeit in einer geschlossenen An­stalt landen. – Ja, und diese Anstalten heißen forensisch-therapeutische Zentren, und es ist gut so, dass diese Umbenennung stattgefunden hat, nämlich auch gesetzlich stattgefunden hat, und dass man jetzt auch nicht mehr von geistig abnormen Rechtsbrecher:innen, abartigen Rechtsbrecher:innen oder eben Anstalten spricht.

Die Einweisungsbedingungen in diese Zentren werden heute verschärft und sie werden nur mehr auf jene Personen anwendbar sein, die eine echte Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen. Wer sind diese Personen? – Es sind Rechtsbrecher:innen mit starken psychischen Störungen, die schwere Kör­perverletzungen, Sexualdelikte oder Taten, die mit mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind, begangen haben und – das ist wichtig – ein Straf­delikt mit schweren Folgen mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder bege­hen werden. Das sind viele Voraussetzungen, die da vorliegen müssen, um in den Maßnahmenvollzug zu kommen.

Das heißt aber, auch bei Delikten mit einer Strafdrohung von weniger als drei Jahren muss natürlich auch eine fachgerechte Behandlung in den ande­ren strafrechtlichen Unterbringungen durchgeführt werden, und dass das nicht immer so ist, wissen wir, weiß das Justizministerium, und genau deswegen wird das Thema auch angegangen.

Ein weiterer, auch schon lange notwendiger Reformschritt – die Frau Kollegin hat es angesprochen – ist, dass Jugendliche mit psychischen Störungen nun endlich auch wie Jugendliche behandelt werden und nicht wie Erwachsene. Sie sollen erst ab einer Strafdrohung von zehn Jahren in den Maßnahmen­vollzug kommen, und eine spezielle jugendpsychiatrische Sachverständige muss dem Verfahren zugezogen werden.

Wichtig ist bei all dem: Der Maßnahmenvollzug muss Ultima Ratio sein, nicht nur aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention, sondern – das ha­ben wir heute auch schon gehört – aufgrund der UN-Behindertenrechtskonven­tion, denn ja, auch eine psychische Erkrankung ist eine Behinderung, und diese muss extra und genau geprüft werden. Das wird sie zum Beispiel dadurch, dass Betreuer:innen, die diese Personen vorher schon gekannt haben, in die Verhandlungen mit einbezogen werden, dass Sachverständige bei den Ver­handlungen dabei sein müssen und dass die Verteidiger:innen auch dabei sein müssen. Eine wichtige Neuerung ist diesbezüglich auch, dass innerhalb eines Jahres die Sinnhaftigkeit der Unterbringung im Maßnahmenvollzug nicht nur wie bisher geprüft, sondern auch entschieden werden muss. Das ist ein großer Unterschied zu vorher.

Ja, es wird zu Recht kritisiert, es bedarf besserer und mehr forensisch-therapeu­tischer Zentren, ja, es bedarf auch mehr Budget für das Personal zur Betreu­ung und Behandlung von Rechtsbrecher:innen mit schweren psychischen Störungen, und ja, das erfordern auch die stark gestiegenen Unterbringungszah­len. Die gute Nachricht ist aber, das wurde und wird jetzt unter einer grü­nen Justizministerin angegangen.

„Gestern“ – unter Anführungszeichen – hat sie auch das Budget für mehr Personal für eine fachgerechte Behandlung und Betreuung der Untergebrachten verhandelt, heute legt sie uns strengere Einweisungskriterien für den Maßnahmenvollzug vor und morgen – und das ist das, was auch gefordert wurde und was auch getan wird; nicht so Gott will, sondern was auch wirklich ge­tan wird –, das heißt 2023, gibt es eine zweite Reform, in der es um den verbesserten Rechtsschutz im Maßnahmenvollzug gehen wird. Nach fünf Jahren wird das alles auch unter Einbeziehung von Opferschutzeinrich­tungen evaluiert.

Das alles ist richtig, das alles ist wichtig und lange überfällig, und ich finde, da könnten sich die Kritiker:innen gerne selbst an der Nase nehmen, da nicht früher gehandelt zu haben.

Eines ist mir noch wichtig, zum Maßnahmenvollzug zu sagen: Es geht dabei, ja, um die öffentliche Sicherheit, aber im Vordergrund des Maßnahmenvoll­zugs – und nicht nur im Maßnahmenvollzug, auch bei der sonstigen Inhaftie­rung – steht, dass Rechtsbrecher:innen resozialisiert werden, um wieder Teil der Gesellschaft sein zu können. Um das zu erreichen, braucht es viel Zeit, es braucht viel Aufmerksamkeit, es braucht viele Mittel und viel Personal für die Betreuung, und es braucht auch neue Konzepte – und genau das steht auf der Agenda der Justizministerin.

Ich ziehe hier auch meinen – vielleicht nur imaginären – Hut vor den Menschen, die mit Straftäter:innen arbeiten. Es ist eine sehr herausfordernde und nicht immer von Erfolg gekrönte Arbeit, aber sie ist immens wichtig für eine auf Menschenrechten basierende Gesellschaft, die so gut es geht integrieren und nicht ausschließen will. Mein herzliches und großes Danke für ihre Arbeit! (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Abschließend noch zu einer Neuerung, die schon länger – und das ist der Punkt – diskutiert wurde und daher keine Anlassgesetzgebung ist, aber jetzt ins Gesetz mit aufgenommen wurde – und dieser Punkt wird, wie es scheint, auch von manchen, von denen man es nicht gewohnt ist, bewusst falsch verstan­den und vor allem falsch bezeichnet, daher erkläre ich es jetzt –: Es geht um die Aufnahme von Terrordelikten in den Maßnahmenvollzug.

Es handelt sich dabei nicht um eine präventive Sicherungshaft, bei der aufgrund eines bloßen Terrorverdachts eine präventive Wegsperrung ohne Gerichts­verfahren, wie es unter Schwarz-Blau angedacht war, erfolgt, sondern es geht um eine klar geregelte, menschenrechtskonforme Maßnahme bei verur­teilten Terrorist:innen. Verurteilte Terrorist:innen sollen nun eben ähnlich wie gefährliche Rückfallstäter:innen behandelt werden und nach Verbüßung der Haftstrafe im Maßnahmenvollzug untergebracht werden, wenn das von Amts wegen als notwendig erkannt wird.

Was notwendig ist, regelt das Gesetz: Notwendig ist es dann, wenn die Anlasstat ein Terrordelikt ist, es zu einer Verurteilung zu mindestens eineinhalb Jahren Freiheitsstrafe kam, wenn zusätzlich eine schwere Vortat begangen wurde und wenn befürchtet wird, dass weitere schwere Taten begangen werden. Erst wenn diese drei Voraussetzungen – Terrordelikt, zusätzliche schwere Vortat, Be­fürchtung der Wiederholungstat – vorliegen, können wegen Terrordelikten Verurteilte im Maßnahmenvollzug untergebracht werden.

Das ist etwas ganz anderes als eine Sicherungshaft! Ich unterstelle jenen, die da eine Sicherungshaft sehen, eine populistische Verdrehung oder schlichtweg Unkenntnis des Gesetzesvorschlags. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:in­nen der ÖVP.)

Alles in allem freue ich mich, dass die Justizministerin die nun schon lange im Raum stehende Reform des Maßnahmenvollzugs angegangen ist und wei­ter betreiben wird. Es ist eine herausfordernde, aber wichtige Aufgabe, die auf Reintegration und nicht auf Segregation abzielt. Und ja, da müssen wir viel­leicht auch früher in der Kausalkette ansetzen, nämlich indem wir Menschen ein sicheres, chancengleiches Leben ermöglichen, das von der ersten Sekunde des Lebens in Österreich an frei von Gewalt und Ausschluss ist. Dann würden wohl so einige psychische Störungen oder schwere Rechtsbrüche verhin­dert werden. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

13.28

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Markus Leinfellner. – Bitte, Herr Bundesrat.