13.48

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Zuseher! Ich freue mich wirklich sehr, dass wir heute diese Regierungsvorlage im Hohen Haus behandeln. Nach 50 Jahren Stillstand holen wir jetzt endlich diesen Maßnahmenvollzug ins 21. Jahr­hundert. Wir machen ihn gerechter, wir machen ihn menschenrechtskonformer und vor allem machen wir ihn treffsicherer. Es ist ein mutiger Schritt die­ser Bundesregierung, endlich diesen Maßnahmenvollzug anzugehen – immer wieder versprochen, jetzt setzen wir es um. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Dass der Maßnahmenvollzug in seinem Kernbestand seit nunmehr fast 50 Jahren unverändert ist, erweist sich insbesondere anhand nationaler und internationaler Entwicklungen als problematisch. Nicht zuletzt wurden wir auch insbesondere deswegen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt.

Genau deswegen braucht es auch diese Reform – um diesen menschen­rechtskonformer zu machen. Ja, wir haben diese Reform in zwei Teilen geplant. Warum zwei Teile? – Weil wir auch gesehen haben, wie schwierig es ist, so eine umfassende Reform auf den Weg zu bringen. Viele vor uns haben das versucht und haben es nicht geschafft, weil es einfach zu umfassend ist, und genau deswegen haben wir die Reform auch aufgeteilt.

Der erste Teil der Reform ist das sogenannte Maßnahmenvollzugsanpassungsge­setz, also jenes, das wir heute behandeln, und das regelt die Einweisungs­voraussetzungen für den Maßnahmenvollzug.

Der zweite Teil, der in manchen Ihrer Reden auch vorgekommen ist, befasst sich damit, wie der Maßnahmenvollzug tatsächlich abzulaufen hat. Wie viel Be­treuung und wie viel Behandlung wird den Betroffenen gewährt, und was pas­siert während der Unterbringung? Glauben Sie mir, dieser Teil wird gera­de ausgearbeitet, und wir als Bundesregierung haben uns in einem Ministerratsvortrag darauf verständigt, dass wir das in einem nächsten Schritt – wenn das Fundament heute hoffentlich steht – umsetzen wollen.

Was haben wir bei den Einweisungsvoraussetzungen geändert? Warum ist das jetzt anders und warum ist das jetzt gerechter? – Es ist gerechter, weil jetzt Personen, die eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen, natürlich auch weiterhin im Maßnahmenvollzug untergebracht werden sollen, gleichzeitig aber jene Personen, die keine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen, aber besser nach dem Unterbringungsgesetz behandelt werden sollen, eben nicht im Maßnahmenvollzug landen, eben nicht hinter Gitter kommen, wo sie womöglich ihr Leben lang auch eingesperrt bleiben, weil es leider, wie wir wissen – und das ist genau der Grund, warum Österreich auch verurteilt wurde –, sehr, sehr schwer ist, aus dem Maßnahmenvollzug herauszukommen. Wir haben schon viele Berichte darüber gelesen, dass auch Jugendliche, weil sie während einer Psychose eine gefährliche Drohung ausgesprochen ha­ben, ihr Leben lang hinter Gitter, nämlich in den Maßnahmenvollzug ge­kommen sind. Genau deswegen ist diese Reform auch so treffsicher und so wichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Darüber hinaus: Wer einen Blick in den Gesetzestext wagt, wird sehen, wie veraltet die Sprache darin ist. Wenn man sich das anschaut, dann sieht man, dass darin Dinge wie „geistige oder seelische Abartigkeit höheren Grades“ stehen. Wir wissen alle, das gehört in ein anderes Jahrhundert. Da geht es nicht darum, Sprachpolizei oder sonst irgendetwas zu sein, sondern es geht darum, das in eine moderne Sprache zu holen, und deshalb heißt es jetzt „schwerwie­gende und nachhaltige psychische Störung“.

Genau aus diesem Grund heißt es jetzt auch forensisch-therapeutisches Zentrum, denn es soll ja auch suggerieren, was dort passiert. Die Menschen, die psychisch krank sind, brauchen Betreuung, brauchen Therapie, und ge­nau das passiert in einem forensisch-therapeutischen Zentrum.

Die Regelung, die in diesem Gesetzespaket enthalten ist, die auch vielfach kritisiert wurde, möchte ich hier noch einmal erklären, weil ich glaube, dass das medial einfach für sehr, sehr viel Verwirrung gesorgt hat und viele sich auch das Gesetz nicht genau angeschaut haben: Das, was wir für die Terroris­tinnen und Terroristen regeln, ist ein Sonderfall einer bereits bestehen­den Regelung, nämlich der Regelung des § 23 StGB; § 23 StGB regelt den ge­fährlichen Rückfallstäter. Jetzt gibt es eine Untergruppe, nämlich den ge­fährlichen Terroristen, der nun auch nach § 23 eingewiesen werden kann. Die Voraussetzungen für die Einweisung eines gefährlichen Terroristen sind recht hoch. Und, meine Damen und Herren, wenn man sich das anhört, dann muss man sagen: Da möchte man sehr wohl, dass solche Menschen tat­sächlich im Maßnahmenvollzug für gefährliche Rückfallstäter untergebracht sind.

Es muss eine Anlasstat geben, nämlich ein Terrordelikt und eine Verurteilung zu mindestens 18 Monaten Freiheitsstrafe, und 18 Monate Freiheitsstrafe ist nicht ohne in Österreich. Eine schwere Vortat ist erforderlich. Das heißt, die Person muss vorher schon zwölf Monate lang in Haft gewesen sein – zwölf Monate lang in Haft, und diese Haft hat nichts genutzt, weil trotzdem wieder eine Anlasstat begangen wurde, nämlich ein Terrordelikt –, und es muss eine Befürchtung geben, dass weitere solcher Straftaten mit schweren Folgen begangen werden, nämlich weitere terroristische Straftaten. Meine Damen und Herren, ich glaube, dass es in so einem Fall durchaus gerechtfertigt ist, dass wir den § 23 auch für die terroristischen Rückfallstäter eingeführt haben.

Wenn jetzt behauptet wird, dass das eben nicht EMRK-konform ist, dann kann ich Sie beruhigen: Es ist EMRK-konform. Es ist menschenrechtskonform, wir haben uns das ganz genau angeschaut. Jedem, der behauptet, das wäre eine Sicherungshaft, kann ich noch einmal sagen: Eine Sicherungshaft, nämlich eine präventive Haft, wäre nicht menschenrechtskonform. Das, was wir hier ein­führen, ist menschenrechtskonform, und dazu stehe ich auch. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Meine Damen und Herren Bundesrätinnen und Bundesräte, mit der vorliegen­den Regierungsvorlage schaffen wir es endlich, diesen Maßnahmenvollzug ins 21. Jahrhundert zu bringen und den Stillstand in diesem Bereich zu beenden. Wir schaffen damit ein Fundament für einen menschenrechtskonformen Maßnahmenvollzug und für eine sichere Gesellschaft. Das ist ein erster Schritt, das ist mir klar, und es werden auch weitere, notwendige Verbesserungen kommen.

Ich freue mich sehr, dass wir dieses Vorhaben auf den Weg gebracht haben, und ich bitte Sie, dem Antrag, keinen Einspruch zu erheben, zuzustimmen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

13.55

Vizepräsident Günther Novak: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Mag. Grossmann zu Wort gemeldet. – Bitte.