14.34

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Hohen Haus und zu Hause! Wir beschließen heute eine Regelung, die wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten natürlich begrüßen, bedeutet sie doch, dass das Leben von Familien mit Kindern mit Einschränkungen und besonderen Be­dürfnissen erleichtert wird.

Wir bauen somit finanzielle Belastungen und bürokratische Hürden für Familien mit behinderten Kindern ab. Mit 1. März 2023 wird der Behindertenpass ausreichen, um eine erhebliche Behinderung nachzuweisen. Zusätzliche ärztliche Untersuchungen oder Befunde sind nicht mehr nötig, Sachverständigengut­achten werden automatisch übermittelt und die Betroffenen ersparen sich somit zusätzliche Behördenwege.

Vor über eineinhalb Jahren hat man schon davon gesprochen, für Menschen mit Behinderung One-Stop-Shops einzurichten, also eine zentrale Anlaufstelle, um Leistungen leichter zugänglich zu machen. Es ist mir schon klar, dass das jetzt nicht Ihr Ressort ist, aber vielleicht könnte man darüber nachdenken, das jetzt wirklich umzusetzen.

Ja, es ist ein unbestrittener Fakt, dass Familien mit Kindern vor vielen Heraus­forderungen stehen, ganz besonders merkt man das in den Sommerferien. Wie stemmt man diese neun Wochen Sommerferien? Das ist für Familien mit Kindern, die keine besonderen Bedürfnisse haben, schon eine große He­rausforderung, aber für Familien mit Kindern mit Behinderungen noch eine viel größere Herausforderung.

Man greift auf Hilfen und Angebote zurück, die verfügbar sind: Großeltern, Freundinnen, Freunde, Ferienbetreuungen und Sommercamps. Natürlich sind auch Eltern von Kindern mit Behinderungen immer wieder vor diese He­rausforderungen gestellt, aber da tun sich gewaltige Unterschiede auf. Auch da ist mir bewusst, dass das nicht Ihr Ressort ist, aber sprechen Sie bitte mit Ihrem Kollegen. Großeltern können mit zunehmendem Alter die Pflege von be­einträchtigten Kindern nur mehr bedingt übernehmen, wenn sie nicht so­wieso durch Berufstätigkeit oder eigene Erkrankung die Betreuung nicht übernehmen können.

Kinder mit Behinderungen ziehen auch nicht mit Freunden oder allein einfach los und unternehmen spannende Dinge, sie brauchen Begleitung, Aufsicht und Betreuung. Sommercamps oder spezielle Betreuungsangebote für beeinträchtig­te Kinder gibt es mittlerweile, allerdings nur einige wenige. Eltern sind auf sich selbst gestellt, diese neun Wochen zu überbrücken. Wie man das mit einer Berufstätigkeit schaffen soll, das ist sowieso die große Frage, und das will eigentlich gar niemand wissen.

Auch Kinder mit Handicap haben aber ein Recht auf Abwechslung in den Ferien, auf spannende, auf lustige Erlebnisse mit Freundinnen und Freunden, ohne immer die Eltern mit dabeizuhaben, aber auch und vor allem die betroffe­nen Eltern brauchen diese Entlastung. (Beifall bei der SPÖ.) 2021 gab es dazu auf Initiative der Kinderfreunde Burgenland und der Familienlandesrätin Daniela Winkler – Sie werden sie sicher kennen – eine Ferienbetreuung für besondere Kinder. 2022 hat sich der Verein Dahuam4Kids mit den Kinder­freunden Burgenland zusammengetan, um ein Angebot in meinem Hei­matbezirk Oberpullendorf zu schaffen.

Wie ich erfahren konnte, waren es geniale fünf Tage für Eltern und für Kinder, und genau so etwas braucht es. Solche Strukturen darf es aber nicht geben, weil es Privatinitiativen gibt oder Pilotprojekte initiiert werden, sondern weil der Staat seine Aufgaben wahrnehmen und eine entsprechende Leistung zur Verfügung stellen muss.

Ein gleichberechtigtes Leben für alle Kinder schaut, zusammengefasst, anders aus. Gerade im Bereich der Kinder und Jugendlichen mit besonderen Be­dürfnissen gibt es Aufholbedarf, denn da heißt es leider noch immer oder oft­mals: von der Sonderschule in die Werkstätte. Das bedeutet dann auch öfter oder längere Arbeitslosigkeit und führt schlussendlich dazu, dass diese Bevölkerungsgruppe stärker von Armut betroffen ist.

Der Umgang mit behinderten Menschen lässt in Österreich generell zu wün­schen übrig, auch werden ihre Grundrechte nicht respektiert. Statt dass man sich besser des Ausbaus von Rechtsansprüchen behinderter Menschen an­nimmt, setzt man auf Charityveranstaltungen und somit auf das Wohlwollen von anderen. Behinderte Menschen werden zu Almosenempfängern und ‑empfän­gerinnen degradiert, das ist menschenunwürdig, das wollen wir nicht mehr akzeptieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Erfüllung dieser für Menschen mit Beeinträchtigung wichtigen Leistungen und Aufgaben muss der Sozialstaat finanzieren, es gibt in diesem Bereich also noch viel zu tun.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein schönes Weihnachtsfest, einen guten Rutsch und alles Gute für 2023. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)

14.39

Vizepräsident Günther Novak: Nun hat sich unsere Frau Ministerin MMag. Dr. Susanne Raab zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.