16.58

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Lieber Magnus, Herr Finanzmi­nister! Ganz ehrlich: Wer hätte sich vor einem Jahr träumen lassen, dass es so etwas geben wird? – Also ich nicht. Der Energiekrisenbeitrag ist tatsächlich ein massiver Eingriff in den Markt und in die Gewinngebarung von Unterneh­men. Ein eklatantes Versagen des Marktes wird offen eingestanden.

Das ist schon etwas Neues, dass solche Maßnahmen überhaupt möglich geworden sind. Tatsächlich ist ein Eingreifen notwendig geworden, wofür die EU mit der Verordnung über Notfallmaßnahmen den Rahmen vorgibt, und dies wird nun mit dem zweiteiligen Energiekrisenbeitragsgesetz umgesetzt, und zwar ambitioniert umgesetzt.

Tatsache ist, dass die Krisengewinne oder Zufallsgewinne vieler Energieun­ternehmen in den letzten Monaten fast ins Unermessliche gestiegen sind, während viele Menschen Probleme bekommen haben – das wissen wir alle –, die Energierechnungen zu bezahlen, und der Staat richtigerweise viele Milliarden in die Hand nimmt, um da zu helfen. Das ist eine sozial- und wirtschaftspolitisch unerträgliche Situation, die auch erkannt worden ist. Es wurden und werden Rekordgewinne gemacht, ohne dafür etwas Beson­deres geleistet zu haben. Diese Gewinne würden an Aktionäre ausge­schüttet, die ebenso nichts zu ihrem Zusatzgeld beigetragen haben. Es ist daher nur recht und billig, wenn jetzt die Profiteure der Krise einen Beitrag zur Finanzierung der Maßnahmen leisten, um die Auswirkungen der Krise abzufedern.

Ergänzend sei gesagt – so viel Fairness muss natürlich sein –, es ist in der Regel keine destruktive Absicht der Energieunternehmen, sondern es ist der Marktlogik geschuldet, dass jetzt solche Gewinne entstanden sind.

Es geht in diesem Gesetz definitiv um mehr als Symbolpolitik: Mit dem – das ist noch gar nicht so erzählt worden – Bundesgesetz über den Energie­krisenbeitrag-Strom werden bei den Energiepreisen für Strom von all dem, was über 14 Cent hinausgeht – denken Sie daran, wo die Energiepreise im Moment sind, die betragen das Mehrfache! –, sage und schreibe 90 Prozent abgeschöpft. Das ist schon etwas, und das ist gut so.

Es gibt Ausnahmen – die sind sehr wichtig – für Technologien, bei denen nachweislich die Gestehungskosten höher sind als diese 14 Cent. Das betrifft vor allem Biomasse, das betrifft Biogas, und dass man das macht, ist natürlich auch richtig.

Die Regelung ist von ihrer Wirkung her mehr als ein Finanzierungsbeitrag für sozialpolitische Maßnahmen, sie bremst – und das ist ja schon viel und das ist wichtig – auch den Drang, Strompreise quasi künstlich möglichst weit nach oben zu schrauben, denn es bleibt davon nichts übrig, weil 90 Pro­zent abgeschöpft werden.

Der zweite Teil ist die Regelung des Energiekrisenbeitrags für quasi fossile Unternehmen – sehr verkürzt dargestellt –, Produzenten und Händler. Da steht – no na, das kann man ja auch aussprechen – die OMV als größtes Unternehmen sehr stark im Fokus. Bei diesen Unternehmen werden 40 Prozent der durch die Krise entstandenen Mehrgewinne abgeschöpft.

Das mag jetzt auf die Schnelle – es ist im Vorfeld auch von der SPÖ kritisiert worden – in mancher Ohren zu wenig sein. Es ging mir auch so, ich sage es ganz offen, aber ich habe dann auch gelernt, man muss genauer hinschauen, denn die nach diesem Gesetz abzuführenden Gewinne sind in der KÖSt nicht abzugsfähig, also 25 Prozent sind vollumfänglich zu bezahlen. Das heißt, dass diese Gewinne in Summe mit 65 Prozent besteuert werden – das ist schon einmal etwas –, und zwar rückwirkend ab Juli dieses Jahres. Das schöpft übrigens auch den EU-Rahmen aus, und wir sind damit deutlich über den Min­destvorgaben.

Es ist aber auch ein ganz wichtiger Mechanismus eingebaut worden – es wurde schon erwähnt –: Unternehmen, die in dem Zeitraum entsprechend in erneuerbare Energieträger investieren, werden belohnt. Das ist wichtig, denn genau das wollen wir ja, nämlich die Botschaft: He, Leute, steigt aus aus den fossilen Technologien, investiert in Erneuerbare, das lohnt sich und spart Steuern!

Es ist, wie ich meine, sogar damit zu rechnen, dass genau diese Regelung einen weiteren Schub im Ausbau nachhaltiger Technologien bringen wird. Die Befürchtungen, dass die Investitionen in Erneuerbare gebremst werden könn­ten – diese Kritik kam ja von einer Reihe von Unternehmen –, halte ich jedenfalls für zerstreut.

Die Einnahmen aus diesem Gesetz werden – je nach Preisentwicklung, wir wissen das ja nicht – eine Dimension von 4 Milliarden Euro erreichen, und das ist schon ein Brocken. Das ist etwa die Summe, die vom Staat für die Strompreisbremse, die wirklich sehr, sehr wichtig ist, aufgewendet wird.

Österreich geht da jedenfalls deutlich über die EU-Schwelle hinaus, und ich sage das deswegen so bewusst, weil zu diesem Gesetzentwurf viel Kritik ge­kommen ist. Ich verstehe da jetzt auch die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ ehrlich gesagt nicht, dass sie da nicht mitgehen. Genau so ein Zu­gang müsste doch eigentlich euch gefallen! Bis vor Kurzem hätten wir alle uns ja nicht einmal im Traum vorstellen können, dass so ein Eingriff in den Markt möglich wird und die Unternehmen so einen Beitrag für den Ausbau Erneuerbarer und für sozialpolitische Aspekte leisten müssen.

Das zweite Gesetz ist das Stromverbrauchsreduktionsgesetz mit dem Ziel, den Stromverbrauch in Spitzenzeiten um 5 Prozent zu senken. Die Details ha­ben wir gehört, die lasse ich jetzt weg. Nur noch: Warum ist das sinnvoll? Wa­rum kann das Strompreise reduzieren? – Das hat unmittelbar mit der in­zwischen in aller Munde befindlichen Meritorderlist zu tun, in der eben die letzte benötigte und somit teuerste Kapazität – weil die Kapazitäten gereiht wer­den – den Preis definiert. Die Preise rauschen gerade in Spitzenzeiten in absurde Höhen, und das Teuerste sind, wir wissen es, die Gaskraftwerke. Wenn jetzt in Spitzenzeiten weniger Energie abgerufen wird, kann das eben die Preise spürbar drücken, indem es quasi runterkippen kann.

Gleichzeitig kann diese Maßnahme die Versorgungssicherheit erhöhen – auch das ist wichtig –, weil Leistungsreserven entstehen, weil Betriebe Leistung reduzieren, die dann woanders zur Verfügung steht, wo es vielleicht Engpässe gibt.

Leicht einsehen kann man hoffentlich, dass das nur auf europäischer Ebene sinnvoll ist, denn diese Ebene definiert eben genau die Preise, und ich bin schon wirklich sehr gespannt, wie das funktionieren wird.

Auch da, in Analogie zu vorhin: Schade, dass ihr da nicht mitgeht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, weil das wirklich ein spannendes Ins­trument ist, das man einmal ausprobieren muss. Das ist halt noch nicht alles im Detail perfekt, aber die Grundsätze sind ja doch sehr klar, weil das im Grunde ein simples Marktprinzip ist.

Ich ersuche jedenfalls um breite Zustimmung für geschichtsträchtige Maß-nahmen – da bin ich mir sicher, so etwas hatten wir noch nie – und wünsche frohe Weihnachten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundes­rät:innen der ÖVP.)

17.06

Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stein­maurer. – Bitte, Herr Bundesrat.